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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 79

 

rung von bestimmten Leistungen in Zentren ist vor allem ein Schritt zu mehr Qualität. Wer hauptsächlich Schilddrüsenoperationen durchführt, kann das auch am besten und hat die meiste Erfahrung auf diesem Gebiet. Ob diese Operationen dann im 15. Bezirk oder im 3. Bezirk durchgeführt werden, ist letztendlich für die Patientinnen und Patienten egal.

 

Damit habe ich schon ein Krankenhaus angesprochen, das auch von meinem Vorredner angesprochen worden ist, nämlich das Kaiserin Elisabeth-Spital, das als Akutstandort aufgelassen wird. Für uns als für den 15. Bezirk politisch Verantwortliche war es ein großer Schock und keine Freude, als wir mit den diesbezüglichen Plänen konfrontiert wurden. Aber wir mussten einsehen, dass das Aufrechterhalten eines sehr kleinen und leider dadurch auch sehr teuren Standortes, nämlich des zweitteuersten Standortes der gesamten Spitäler in Wien und eines Standortes mit großem Sanierungsbedarf, nicht zu verantworten ist.

 

Wir freuen uns aber über den Baubeginn eines Pflegewohnhauses der Stadt Wien, der in einigen Monaten stattfinden wird und mit dem das Geriatriekonzept wieder um einen Schritt weiter umgesetzt wird. Und ich freue mich ganz besonders, dass das ein Pflegewohnhaus der Stadt Wien sein wird, weil das eine medizinische Rund-um-die-Uhr-Versorgung bedeutet. Das bedeutet konkret für den einzelnen Patienten und die einzelne Patientin, dass man nicht, wenn man in der Nacht einen Hustenanfall hat, Fieber bekommt und eine Lungenentzündung befürchtet wird, gleich ins nächste Akutspital transportiert wird, sondern dass diese Erkrankung zunächst vor Ort in diesem Pflegewohnhaus behandelt werden kann. Wenn man sich ein bisschen in ältere Personen hineinversetzt, dann weiß man, dass eine Ortsveränderung oft ein massiver Einschnitt ist, der unter Umständen auch fatal enden kann.

 

Dieses Projekt ist, so wie es im Geriatriekonzept vorgesehen ist, ein schönes Projekt. Es ist dies ein Angebot für die Bevölkerung des 15. Bezirks, denn wir haben ja im Geriatriekonzept vorgesehen, dass die Pflege dort sein soll, wo man auch gewohnt hat. Diesfalls wird das ein Pflegewohnhaus mitten in einem stark bewohnten Gebiet sein. Und das bedeutet auch eine städtebauliche Weiterentwicklung. Die Goldschlagstraße wird wieder geöffnet, und dort wird eine wunderschöne Anlage auch für die umwohnende Bevölkerung geschaffen werden.

 

Darüber hinaus wird es am Standort Kaiserin-Elisabeth-Spital eine ambulante medizinische Anlaufstelle für die Wohnbevölkerung geben, und zwar eine niedergelassene Form. Wir werden dort sozusagen einmal ein Pilotprojekt machen und zeigen, dass es auch möglich ist, im niedergelassenen Bereich Leistungen nicht nur zwischen 16 und 18 oder 20 Uhr und von 9 bis 11 Uhr anzubieten, sondern mit ausgeweiteten Öffnungszeiten, damit auch Berufstätige einmal eine niedergelassene Form besuchen können.

 

Um einen raschen Baubeginn zu ermöglichen, war eine rasche Abwicklung des Schließungsprozesses nötig. Dass die Absiedelung von Krankenhausabteilungen für die dort arbeitenden Menschen keine Freude spendende Tätigkeit ist, kann sich jeder vorstellen. Es ist ein Abschied von einer funktionierenden Gemeinschaft, von alten Pavillons. Für viele ist das eine Änderung nach langen Jahren der Berufstätigkeit. Ich möchte stellvertretend für alle jetzt zwei Personen erwähnen, nämlich den ärztlichen Direktor, Prof Nissel, der als letzte Tätigkeit vor seinem Pensionsantritt die Schließung seines Spitals zur Aufgabe hatte und diese Aufgabe in Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden der Personalvertretung, Frau Karoline Jedelsky, mit großer menschlicher Umsicht durchgeführt hat. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Die Wiener Spitalsreform 2030 bietet auch die Chance für inhaltliche Veränderungen, die unter Umständen auch mit Tabubrüchen einhergehen können. Ich möchte dazu einige wenige Beispiele nennen, und zwar erstens die Schlaganfallversorgung. In Wien wird jeder mit Schlaganfallverdacht – und dieser Verdacht ist meist richtig, weil wir ein sehr gutes Rettungssystem haben – zunächst auf eine Schlaganfallintensivstation gebracht, also eine „Stroke unit“. Damit besteht für jeden die Chance auf eine Lysetherapie, nämlich auf eine Auflösung des Blutgerinnsels, das den Schlaganfall verursacht hat, egal, in welchem Alter dieser Mensch ist. Jeder hat diese Möglichkeit.

 

Auf jeden Fall wird sofort mit Mobilisierung begonnen, der sogenannten Frühmobilisierung. Man weiß nämlich heute, dass große Dinge erreicht werden können, wenn gleich damit begonnen wird und nicht erst am nächsten Tag. Oft kommt es aber auch zu bleibenden Defekten. Diese Patientinnen und Patienten liegen dann auf einer neurologischen Station mit neurologisch-medizinischer Betreuung, obwohl die Ursache für einen Schlaganfall meist eine internistische Grunderkrankung ist und man weiß, dass Menschen, die einen Schlaganfall erleiden, meist mehrere interne Erkrankungen haben. Im Hinblick darauf frage ich mich: Was spricht eigentlich gegen eine interdisziplinäre Station mit Schwerpunkt Innere Medizin und einem neurologisch mobilisierenden Fachpersonal?

 

Zweitens – bösartige Hals-Nasen-Ohren-Tumore: In diesem Bereich hat es in den letzten Jahren oder – wie man fast sagen kann – im letzten Jahr eine enorme Weiterentwicklung gegeben, und es ist mittlerweile durch Studien belegt und man kann das sozusagen als evidenzbasierende Medizin bezeichnen, dass eine intensivere Chemotherapie einen großen Überlebensvorteil bringt.

 

In diesem Bereich ist daher, da diese Tumorart sehr schwierig zu behandeln ist, eine besonders intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig, und zwar nicht zwischen zwei, sondern zwischen drei Abteilungen: Die Operation muss auf einer Hals-Nasen-Ohren-Abteilung durchgeführt werden, zusätzlich benötigt man fachspezifisches pflegerisches Personal, das weiß, wie man mit der Operationswunde umgeht; das können andere nicht. Die anschließende Chemotherapie muss auf einer onkologischen Abteilung verabreicht werden. Es kann kein Konsiliaronkologe in die HNO-Abteilung gehen, weil es Komplikationen geben kann, die Schwestern und Pfleger erkennen müssen, und das können nur

 

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