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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 133

 

jeweiligen Kontrollinstrumentarien.

 

Und wie Sie ja wissen, hatten wir darüber auch eine Diskussion. Es hat eine Diskussion über die Frage der Situation bei der Wien Holding gegeben, mit dem Thema Finanzgeschäfte der Wiener Stadthalle, wo es ein Derivatgeschäft gegeben hat, das aber der Zinsabsicherung gedient hat. Ich kann mich jetzt ehrlich gesagt nicht erinnern, ob Sie persönlich dabei waren. Aber diejenigen, die im Kontrollausschuss sind, können sich erinnern, dass wir in Zusammenhang mit diesem Derivatgeschäft der Wiener Stadthalle, die ein Absicherungsgeschäft mit der Finanzierung der Halle F war, damals darüber diskutiert haben, ob es jetzt einen direkten Zusammenhang gibt zu dem Grundgeschäft, was die Position der Stadthalle ist. Ich darf in diesem Zusammenhang den Rechnungshof selbst zitieren, der sagt, Derivatgeschäfte sind grundsätzlich nur zur Absicherung von Währungs- und Zinsänderungsrisiken abzuschließen. Das heißt, in Zusammenhang mit dem Grundgeschäft – und das entspricht ja auch der Linie, die wir hier haben – sind Absicherungsgeschäfte natürlich möglich. In diesem Sinne gibt es bei der Stadthalle dieses eine Derivatgeschäft, das auch diskutiert wurde.

 

Alle anderen Bereiche werden entsprechend den Regeln geführt, wie sie dort auch von den zuständigen Organen festgelegt werden und sind sozusagen keine Angelegenheit des Wiener Gemeinderats.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke schön. – Die nächste Zusatzfrage stellt GR Mag Neuhuber. – Bitte.

 

9.28.38

GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Schönen guten Morgen an die Frau Vizebürgermeisterin!

 

Sie haben es ja vorhin schon selbst angesprochen, das Thema Kameralistik: Eines der Probleme, die wahrscheinlich in Salzburg aufgetaucht sind, ist, dass das System der Kameralistik offensichtlich die Risken aus diesen derivativen Geschäften nicht ausreichend abgebildet hat, wie es in einem doppischen System, in einer Bilanz wahrscheinlich gewesen wäre, in dem man Risiken, aber auch Vorsorgen oder Belastungen für die Zukunft ganz anders ausweisen muss.

 

Ich kenne natürlich Ihre Positionen zu dem Thema. Aber nachdem das jetzt wirklich ein interessanter Anlassfall ist, frage ich schon noch einmal nach, ob man über diese Thematik nicht noch einmal intensiv diskutieren sollte, ob das doppische System nicht doch den einen oder anderen Vorteil bieten würde. Sie wissen, in Deutschland haben etwa Hamburg und Bremen das System bereits eingeführt. Also, wie ist Ihre aktuelle Haltung dazu?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.

 

VBgmin Mag Renate Brauner: Ich bin Ihrer Meinung, dass das, was in Salzburg passiert ist … Aber das ist leider auch in anderen Bereichen passiert. Und da verwehre ich mich jetzt schon ein bisschen dagegen, wenn das so dargestellt werden würde, als ob hier nur die Länder oder Städte Probleme hätten. Ich darf in Erinnerung rufen, dass wir leider auch in der Bundesfinanzierungsagentur ein ähnliches Problem hatten. Wir alle miteinander. Denn wie Sie richtig sagen – und da bin ich ja völlig bei Ihnen, da sind wir uns, glaube ich, alle 100-prozentig einig –, der sorgsame Umgang mit Steuergeld hat nichts mit Parteipolitik zu tun. Das ist ein Grundprinzip. Und da ziehen wir auch an einem Strang. Und insofern sage ich auch, wir, auch wenn es die österreichische Bundesfinanzierungsagentur war, die das Problem vor einigen Jahren hatte.

 

Und natürlich stimme ich Ihnen zu, dass das ein Anlass sein muss, wo man alles hinterfragt und alles auch noch einmal überprüft. Natürlich habe ich in dem Zusammenhang auch mit meinen Experten diese Frage der Kameralistik und der Doppik noch einmal diskutiert. Deswegen wird Ihnen aufgefallen sein, dass ich offensiv auch in meiner Anfragebeantwortung angesprochen habe, dass – und das hat sich jetzt auch in den Gesprächen mit den Experten bestätigt – es nicht stimmt, dass die Kameralistik die Risiken nicht abbildet. Sie bildet sie sehr wohl ab. Ich muss in meinen Anlagen, im Rechnungsabschluss sehr wohl die stichtagsbezogene Bewertung aufführen und damit auch klarlegen, was es hier an Veränderung, im Positiven wie im Negativen, gegeben hat. Und ich kann Sie darüber informieren, dass die VRV, die ja der Kameralistik zugrunde liegt, schon seit längerer Zeit auch einer Weiterentwicklung unterliegt, und dass die letzte Weiterentwicklung zum Beispiel explizit vorsieht, dass Derivate – und zwar einzelne, nicht als Gesamtportfolio – aufgeführt werden müssen. Das heißt, wenn das – und da kann ich nur spekulieren – anderswo nicht passiert ist, dann entspricht es nicht den Regeln der VRV, die die gesetzliche Grundlage für die Kameralistik bildet.

 

Zusammengefasst, ich bin nach wie vor der Ansicht, dass die Kameralistik sehr wohl das beste Instrument für uns ist. Denn wenn wir Bewertungen, wie wir sie zum Beispiel für das Rathaus durchführen – bleiben wir bei dem Haus, in dem wir sind –, in der Doppik machen müssen, wie wollen wir das machen? Wie wollen wir das denn bewerten? Das ist ein Instrument, das nicht geeignet ist für die öffentliche Hand, deren Ziel nicht Gewinnmaximierung ist.

 

Und weil Sie das Beispiel Hamburg genannt haben: Ja, es stimmt, deutsche Städte haben umgestellt. Aber konkret Hamburg – als ich das letzte Mal in Hamburg war, habe ich die Gelegenheit für diesbezügliche Gespräche genutzt – überlegt schon wieder, davon wegzugehen. Und einige deutsche Städte diskutieren, weil sie merken, dass dieses Instrument für die öffentliche Hand nicht geeignet ist – weil zum Teil Unternehmungen, wie Theater zum Beispiel, gar keine Eröffnungsbilanz zustande bringen, auf Grund der Situation, in die sie die Doppik bringt. Aber nicht, weil sie in einem so schlechten Zustand sind, sondern weil das Instrument nicht geeignet ist.

 

Ich führe diese Diskussion sehr gerne weiter. Es ist eine wirklich sachliche Diskussion. Aber ich bin nach wie vor der tiefen Überzeugung, dass die Kameralistik das Richtige für uns ist. Sehr wohl muss sogar auf Grund der VRV Risiko dargestellt werden. Allerdings, und da bin ich

 

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