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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 30.01.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 97

 

Länder und Gemeinden zu setzen. Sie wissen, dass es sowohl national als auch international viele Diskussionen über die Frage der Buchhaltungsform gibt, was für private Unternehmungen und was für die öffentliche Hand geeignet ist. Ich war selbst vor Kurzem in einem anderen Zusammenhang in Hamburg. Dort wird zum Beispiel diskutiert, die eingeführte Doppik wieder zurückzuführen, weil sie sich eben in der Praxis als unbrauchbar für die öffentliche Hand erwiesen hat, nicht aber für öffentliche Unternehmungen, weil die Unternehmen der Stadt Wien, die privatwirtschaftlich organisiert sind, sind selbstverständlich mit doppelter Buchhaltung und allem Drum und Dran ausgestattet. Dies vielleicht einmal am Rande erwähnt. Wir sprechen hier wirklich von der öffentlichen Hand im engeren Sinn, also der Stadt Wien selbst.

 

Es ist mir wichtig, zu sagen, dass ich es für eine falsche Diskussion halte, die im Moment geführt wird, in dem man so tut, dass das Thema Doppik versus Kameralistik eine Frage ist, mehr oder weniger Spekulation, mehr oder weniger Transparenz. Ich denke, dass, egal, welche Art von Buchhaltungssystem man hat, welche Art von Buchführungssystem man hat, eine Ausgabe eine Ausgabe bleibt, eine Einnahme eine Einnahme bleibt. Wie man mit dem Geld umgeht, ist ebenfalls eine Frage der Entscheidung und nicht der Frage, wie man es verbucht.

 

Sehr wohl, und das ist mir schon wichtig, in dieser Runde, wenn es auch, wie gesagt, eine Diskussion für Insider ist, festzuhalten, selbstverständlich erfolgt auch in der Kameralistik eine vollständige Erfassung der Ausgaben und Einnahmen, aber unter einem anderen Blickwinkel, weil eben öffentliche Unternehmungen, im Gegensatz zu privaten, nicht auf Gewinn gerichtet sind. Das ist gut und in Ordnung, dass private Unternehmen a priori auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet sind. Bei Gebietskörperschaften ist die Erzielung von Gewinnen nicht im Vordergrund, sondern oft im Gegenteil. Öffentliche, im Interesse der Allgemeinheit liegende Ziele der Gesellschaft sind im Vordergrund. Damit hat auch das Rechnungswesen einen anderen Zweck beziehungsweise Hintergrund.

 

Neben vielen Einzelheiten, sehr geehrte Damen und Herren, die für eine Anfragebeantwortung zu weit führen würden, die wir in nächster Zeit aber sicher noch ausführlich diskutieren werden, ist der wesentliche Unterschied zwischen Doppik und Kameralistik, dass die Tatsache, dass in der Kameralistik das Sachvermögen, also Liegenschaften und Bauwerke, nicht bewertet wird, nicht in einer Bilanz ausgegeben wird und es damit natürlich logischerweise auch keine Abschreibungen für das Anlagevermögen gibt. Sehr wohl aber, und das geht in der momentanen Diskussion sehr stark unter, werden natürlich auch in der Kameralistik das Finanzvermögen und dessen Veränderungen im Rechnungsabschluss dargestellt und bewertet. Daher ist seit jeher sämtliches Geldvermögen, genauso wie die Schulden der Stadt, stichtagsbezogen, jeweils mit 31.12. bewertet, ausgewiesen, darunter auch die so viel diskutierten Verbindlichkeiten in Schweizer Franken. Das heißt, hier ist nichts versteckt, hier ist nichts nicht zu sehen, sondern alles ganz klar in unserem Rechnungsabschluss.

 

Richtig ist in der öffentlichen Darstellung, dass derzeit auf Basis der Vorschriften für das öffentliche Haushaltswesen keine Verpflichtung bestand, Derivate im Rechnungsabschluss auszuweisen. Wir haben deswegen keine ausgewiesen, weil wir keine haben. Aber trotzdem ist es notwendig, das zu tun. Da hat es schon im Jahr 2009 eine Einigung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gegeben, eine entsprechende Bestimmung in die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung aufzunehmen. Diese gibt es nämlich auch. Auch das stimmt nicht, dass es hier keine einheitlichen Richtlinien gibt.

 

Da möchte ich von dieser Stelle aus schon sehr deutlich sagen, dass mit der Umsetzung dieser Bestimmung, dass auch Derivate in der Rechnungslegungspflicht ausgewiesen sein müssen, das Bundesministerium für Finanzen säumig ist. Ich habe sogar schon in diese Richtung interveniert und auch den Rechnungshofpräsidenten dabei um Unterstützung gebeten. Leider habe ich bisher von beiden Seiten keine Antwort bekommen. Aber das wird sich hoffentlich ändern.

 

In der öffentlichen Diskussion wird der Eindruck erweckt, es gäbe für die Länder und die Gemeinden keine einheitlichen Vorgaben für das Haushaltswesen. Das ist falsch. Die gerade zitierte Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung, diese gültige Rechtsgrundlage, eine Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen, im Übrigen gemeinsam mit dem Rechnungshof, der immer und überall eingebunden ist, regelt den einheitlichen Aufbau der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse in den Ländern und Gemeinden. Es gibt einen Kontenplan für das Rechnungswesen, der im Übrigen in seiner Struktur ziemlich genau dem Rechnungslegungsgesetz entspricht, das in der Privatwirtschaft gilt.

 

In der Öffentlichkeit wird manchmal, und das möchte ich schon sehr deutlich zurückweisen, der Eindruck erweckt, dass sich die Länder und Gemeinden gegen eine Modernisierung des Haushaltswesens wenden würden. Das ist völlig falsch! Ich habe vorhin erzählt, dass ich mich in der Frage der Ausweisung von Derivaten sogar dafür eingesetzt habe, dass das, was schon längst vereinbart ist, endlich umgesetzt wird. Also, ich habe sogar versucht, Druck zu machen. Es gibt aber darüber hinaus viele andere Reformschritte, die besonders in den Jahren 2011 und 2012 in Gesprächen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden immer mit dem Rechnungshof diskutiert wurden und der Umsetzung harren.

 

Wir haben auch darauf aufmerksam gemacht, dazu stehe ich, und das sage ich weiterhin, dass eine unmittelbare Übernahme der Bundeshaushaltsreform für die völlig unterschiedlichen Voraussetzungen, für die völlig unterschiedlichen Aufgaben, für die auch völlig unterschiedliche kleinteilige Struktur, die manche Gemeinden haben, so nicht sinnvoll erscheint, sondern dass hier eine absolut genaue Diskussion erfolgen muss, denn auch das ist in der öffentlichen Diskussion etwas verzerrt dargestellt. Die Bundeshaushaltsreform ist nicht so, dass einfach die Doppik des Unternehmensgesetzbuches umgesetzt wurde oder die der International Public Sector

 

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