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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 01.03.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 83

 

mit einer Situation zu tun, wo man mit bestehendem knappen Raum umgehen muss. Ich glaube, das Übereinkommen, das jetzt erzielt wurde, dass es eine Ampel für Radfahrer geben soll, um einmal auszuprobieren und zu prüfen, wie das möglich ist, ist ein guter Weg. Wir werden sehen, wie sich der bewährt.

 

Ein zweites Projekt hat der Kollege Stiftner angesprochen, und ich will es in aller Sachlichkeit darstellen. Das ist ein Projekt, das im Übrigen nicht von mir ausgearbeitet wurde, sondern das ist ein Vorschlag, der aus dem Magistrat kommt, und zwar ein Vorschlag, wie er in Wien schon einige Mal umgesetzt ist. Das ist ja nicht so, dass da jetzt sozusagen dieses Projekt als großes Innovationsprojekt vom Himmel gefallen ist, sondern das ist ein Projekt, das wir in einem anderen Bereich der Zweierlinie haben. Wenn man sich das vorstellen möchte: Eine Radspur liegt am Rand, und dann gibt es rechtsabbiegenden Verkehr. Das ist seit vielen, vielen Jahren dort Praxis und hat nie zu einem schweren Unfall geführt, nämlich beim Landesgericht verschwenkt der Radweg in die Mitte, um sicherzustellen dass die rechtsabbiegenden Autos sicher rechts abbiegen können und der geradeaus fahrende Autoverkehr geradeaus fährt. Dieses Modell, das es noch in etlichen Bereichen gibt – das gibt es auch in der Althanstraße; ich zähle jetzt gar nicht alle anderen auf –, dort hinzubringen, das war jetzt der Vorschlag.

 

Jetzt gab es dort heftige Kritik, auch aus Radfahrkreisen. Und was haben wir gemacht? Wir haben zunächst einmal gesagt, dort ist eine Radfahranlage notwendig, dort fahren über tausend Radler jeden Tag. Wer das kennt, weiß, dass das bei den immerhin vier Spuren Autoverkehr, die geradeaus weiterfahren – na, sagen wir so –, nicht optimal ist, aber es soll auch eine subjektive Akzeptanz finden, und es werden einige andere Varianten geprüft.

 

Das zeigt in dem Fall, dass wir BürgerInnenbeteiligung sehr ernst nehmen. Es wird ein Projekt vorgestellt, wenn aber berechtigte Befürchtungen, Ängste, Kritikpunkte gegeben sind, dann denkt man noch einmal darüber nach. So funktioniert eine dialogorientierte Politik. Ich denke, ohne das jetzt auf den Tag festzulegen, dass in zwei, drei, vier Wochen, also in dem Zeitrahmen, eine andere, weitere Lösung vorgeschlagen wird, und zwar, um das klarzumachen, auch in enger Kooperation mit der Frau Bezirksvorsteherin des 6. Bezirks und auch mit den Radfahrorganisationen. Da wird es eine Lösung geben, aber wie bei jeder Lösung wird es irgendwen geben, der eine andere Lösung gescheiter findet. Damit müssen wir leben.

 

Also in diesem Bereich wird es ein weiteres Projekt geben, von dem wir hoffen, es zügig umsetzen zu können. Aber auch dort ist viel Autoverkehr, dort geht es bergab. Dort ist eine sehr stark belastete Kreuzung mit Fußgängern, mit Autoverkehr bei der Sezession und dem Wiental.

 

Wir wollen aber unseren Kurs fortsetzen. Und das ist der einzige Punkt, wo ich dem Kollegen Stiftner recht gebe, wenn er sagt, nicht alle Radlerinnen und Radler in Wien sind Grüne. Das ist vollkommen richtig, das haben wir auch nie behauptet. Radfahrer wählen alle möglichen Parteien, gehen nicht wählen. Wir glauben nur – nicht nur wir in Wien, sondern alle Städte auf der Welt, die etwas auf sich halten –, es gibt drei Bereiche, wo politische Unterstützungsmaßnahmen zu erfolgen haben, und ich werde Sie jetzt rasend überraschen, wie diese drei Bereiche heißen: Das ist der öffentliche Verkehr, das ist der Fußgängerverkehr und das ist der Radverkehr.

 

Diese drei Bereiche werden maßgeblich unterstützt, deren Anteil soll ausgebaut werden, und dort, wo es zu Konfliktfällen kommt – und, ja, Verkehrspolitik ist eine Konfliktmaterie –, muss man Kompromisse schließen. Und ein Kompromiss ist immer so, dass ein Teil einen Kompromiss gut findet, ein anderer Teil den nicht gut findet. Deswegen unterstützen wir den Radverkehr.

 

Sie haben auf noch etwas hingewiesen, was ich in der Tat für bedenkenswert finde. Sie haben es die Kannibalisierung zwischen öffentlichem Verkehr und Radverkehr genannt. Es ist in der Tat so, dass der Erfolg der rot-grünen Regierungspolitik und ein Erfolg der Wiener Linien, nämlich die deutliche, die sehr starke Zunahme der Nutzung des öffentlichen Verkehrs dazu führt, dass zu bestimmten Zeiten auf bestimmten Linien eine sehr starke Nutzung, manche sagen, eine zu starke Nutzung, gegeben ist. Und insofern ist auch eine Förderung des Radverkehrs, die dazu führt, dass Spitzen bei manchen Straßenbahnlinien, bei manchen U-Bahn-Linien sozusagen entlastet werden – im Durchschnitt gibt es ja keine Überlastung, nur davon habe ich nichts, wenn ich quasi in der Stoßzeit dann doch eine starke Nutzung vorsehe –, etwas, was den öffentlichen Verkehr unterstützt.

 

Lassen Sie mich noch ein Argument bringen, was aus ökonomischen Gründen dafür spricht, sich besonders des Radverkehrs anzunehmen: Dass das nämlich im Verhältnis zu anderen Investitionen relativ günstig ist. Was immer jetzt die Lösung am Getreidemarkt bedeutet, ist ein Promillebereich dessen, was für Autoverkehr, was für öffentlichen Verkehr, was für Straßenbahnen, für U-Bahnen notwendig ist. Man kann in relativ kurzer Zeit relativ viel erreichen vor dem Hintergrund einer notwendigen Umgestaltung.

 

Darf ich noch einmal oder vielmehr betonend sagen: Das, was in den letzten 15 Jahren in Wien passiert ist – das sage ich jetzt wirklich anerkennend in Richtung Sozialdemokratie; wir haben ja erst seit zwei Jahren die Möglichkeit, hier mitgestaltend einzugreifen –, ist enorm. Wenn man sich anschaut, wie der Modal-Split vor 20 Jahren in Wien war und wo er heute ist, gibt es keine Stadt auf der Welt, die eine derartige Umorganisation und Verbesserung der Verkehrssituation durchgeführt hat wie Wien. Wir hatten einen Autoverkehrsanteil von 40 Prozent und sind jetzt deutlich unter 25, gehen auf 20 Prozent hin. Wir waren schon relativ hoch, aber deutlich weiter unten und gehen jetzt auf die 40 Prozent des öffentlichen Verkehrs zu. Da ist Wien Weltmeister, und dort, wo Wien gut ist, da soll man auch stolz darauf sein.

 

Darum stimmt es einfach nicht – lassen Sie mich das in aller Sachlichkeit erwidern –, dass es uns darum geht, einseitig nur den Radverkehr zu fördern. Das Rückgrat einer nachhaltigen Verkehrspolitik ist in Wien der öffentli

 

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