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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 01.03.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 83

 

fragt wird und was herauskommt, haben wir heute gehört, und auch da bemerkt, und das ist sehr bemerkenswert, dass innerhalb der Koalitionsregierung unterschiedliche Meinungen sind. Bei der 1. Frage wird unterschiedlich gehandhabt, wer etwas will, ob a) oder b) gefragt ist. Ich glaube, eine Regierung sollte an einem Strang ziehen und ganz einfach sagen, was man will, was man tut oder was man den Leuten zumutet, geschweige denn bei vielen Fragen, und das glaube ich, wenn man ein bisschen in die Bevölkerung hineinhört, meine Damen und Herren, dann sieht man ganz einfach, dass sich hier die Bevölkerung, vor allem bei der 3. und 4. Frage, nicht ganz einig ist, was damit gemeint ist. Sie widersprechen sich auch. Auf der einen Seite soll privatisiert werden. Auf der anderen Seite soll eigentlich nicht privatisiert werden. Bei der Nichtprivatisierung sind, um das noch zu erwähnen, sieben verschiedene Gruppen zusammengefasst, die, glaube ich, nicht zusammenpassen. Aber lassen wir das im Großen und Ganzen weg. Das zeigt nur eines, meine Damen und Herren, hier gibt es eine uneinige Regierung.

 

Sie, Herr Bürgermeister, hätten eigentlich schon kraft Ihres Amtes die Funktion, hier einzugreifen beziehungsweise auch Weisungen zu erteilen, dass man zu einem Ergebnis kommt, dass sich alle an einen Tisch setzen und Entscheidungen treffen, die für die Bürger sind. Diese Weisungen haben Sie eigentlich vermissen lassen, Herr Bürgermeister! Ich sage Ihnen, die persönliche Wertschätzung eines Mandatars dispensiert uns aber leider nicht, die Frage auch politisch zu bewerten, was mit dieser Regierung passiert, wie sich diese Regierung befindet, was sie weiterbringt. Hier gibt es Punkte, die überhaupt nicht weitergehen. In diesem Sinne, glaube ich, wäre es schon notwendig, dass Sie eingreifen und das machen. Bei dem heutigen Antrag, der jetzt gestellt worden ist, bedauern wir sehr, dass er in der Begründung viele Dinge hat, die wir überhaupt nicht argumentieren, sozusagen auch nicht unterstützen können und die wir zurückweisen, aber den Antrag an und für sich werden wir unterstützen. - Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Kickert. Ich erteile es ihr.

 

15.54.54

GRin Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Dass nicht nur der Herr Bürgermeister, sondern auch andere nicht besonders enthusiasmiert dieser Diskussion folgen, ist kein Wunder, wenn man sozusagen seit dem Beginn der dringlichen Behandlung der Anträge - wie soll ich sagen? - nicht nur dem rhetorischen, sondern auch dem argumentativen Niveau folgen will. Offensichtlich ist Papiere zu zerreißen seit Knittelfeld bei der FPÖ nicht aus der Mode gekommen. Es wird uns heute wahrscheinlich noch ein paar Mal passieren.

 

Worauf ich gerne und wie immer versuche, in den Debatten in diesem Haus einzugehen, ist, worum es geht und was das Thema ist, über das wir reden, über die vielen Vorwürfe hinaus und die Bezeichnungen, die von Farce bis zur Verhöhnung reichen. Beim Wort Verhöhnung würde ich aufpassen. In meiner Zeit als Oppositionspolitikerin 2010 war ich ebenso wenig begeistert, wie viele meiner Kollegen und Kolleginnen, über die damals durchgeführte Befragung, musste aber zumindest bei dem Ergebnis des Rücklaufes zur Kenntnis nehmen, dass die Menschen, die befragt worden sind, die Gelegenheit zu antworten, die Gelegenheit, ihre Meinung in Form von abgegebenen Stimmzetteln kundzutun, tatsächlich ernst nehmen. Ein Rücklauf von fast 40 Prozent hat mich zumindest in meinem oppositionellen Hochmut, nenne ich das jetzt einfach einmal, ein wenig eingeschränkt. Ich musste zur Kenntnis nehmen, die Wiener und Wienerinnen wollen gefragt werden.

 

Natürlich kann man darüber streiten, wie gefragt wird und vielleicht, welche Fragen gestellt werden. Aber die in ihrem Dringlichen Antrag angeführten Fragen sind übrigens nicht weniger schwammig - das war ein Wort aus Ihrer Begründung -, vielleicht auch nicht weniger no-na, als die Fragen, die wir gestellt haben. Also, sage ich jetzt einmal, freundlich, wie ich bin, im schlimmsten Fall sitzen wir im selben Boot, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass es nicht so ist.

 

Worum geht es bei Bürgerbefragungen im Allgemeinen? Es sind Befragungen. Sie werden immer wieder im Zusammenhang mit dem Schlagwort direkte Demokratie gebracht. Aber Befragungen sind ein Instrument, sind eine Methode, um Informationen über Anliegen, Einschätzungen, Erwartungen von BewohnerInnen einer Stadt, in diesem Fall Wien, zu erhalten, sind ein Mittel zur Initiierung und zur Fortführung eines Dialogs. Sie sind nicht, weil es sind Befragungen, nicht Abstimmungen, ein Mittel oder eine Methode, um einen Dialog zu beenden. Das, was wir hier machen, ist, sozusagen die Ergebnisse einer Befragung, also der Einschätzung zu Themen, heranzunehmen. Um die Ernsthaftigkeit dieses Anliegens zu unterstreichen, sagen wir, wir werden die Ergebnisse bindend akzeptieren.

 

Nichtsdestotrotz halte ich Befragungen für das tatsächlich schwächste Instrument direkt-demokratischer Methoden. Ich werde hier noch einmal kundtun, dass ich gemeinsam mit den VertreterInnen der Koalition weiter daran arbeiten werde, bessere oder auch neue direkt-demokratische Instrumente zu erarbeiten. Da sind Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, auch eingeladen mitzudenken. Aber jedenfalls ist der Antrag zu den verbesserten Methoden der Befragung, wie gesagt, nicht das, was ich verfolge. Meine Zielsetzung wäre es, ein Modell zu entwickeln, ähnlich wie jenes, das möglicherweise im April in Salzburg beschlossen werden könnte. Das sogenannte Salzburger Modell wäre etwas, was möglicherweise auch in Wien umzusetzen ist.

 

So ein Modell würde ich nicht nur in Zusammenarbeit oder politsicher Diskussion mit den VertreterInnen der Parteien entwickeln, sondern spannend fände ich, das auch in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in Diskussionsrunden mit ihnen zu entwickeln, um zu schauen, was für Anliegen, was für Ideen und vor allem was für Zugänge sie haben. Denn, wie wir alle wissen, das Sein beeinflusst das Bewusstsein. Das

 

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