Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 85
tiert, Wien ist das Tor zum Osten, und sehr viele haben Wien als Headquarter genutzt, um die Märkte Zentral- und Osteuropas zu erobern, wenn ich dieses ein wenig martialisch klingende Wort verwenden darf. Da hat sich natürlich mittlerweile sehr viel geändert. Es hat einen massiven Aufholprozess in den mittel- und osteuropäischen Staaten gegeben und viele international agierende Konzerne sagen auch sehr deutlich, dass eine Headquarter-Funktion in dieser Form für Zentral- und Osteuropa auf Grund dieser Entwicklung gar nicht mehr notwendig ist. Dazu kommt auch noch, und das kennen Sie alle, dass natürlich Unternehmungen genauso wie andere in der Kommunikation dank der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in der Kommunikation sehr viel flexibler geworden sind.
Das heißt, dass wir einen internationalen Trend zur Umstrukturierung internationaler Konzerne haben, dem sich natürlich eine isolierte Stadtökonomie auch nicht entziehen und widersetzen kann und dass wir es hier mit einem Phänomen zu tun haben, wo man als Kommunalpolitiker wenig Akzente dagegen setzen kann.
Was man aber sehr wohl tun kann und das tun wir, ist, solche Veränderungen nicht zu erdulden, sondern als eine wirtschaftspolitische Herausforderung zu sehen und da auch entsprechende neue Möglichkeiten zu suchen. Diese neuen Möglichkeiten haben wir schon in den vergangenen Jahren gesucht, indem wir die Rolle Wiens auch verändert haben. Ich bin ja viel unterwegs und versuche, Wien auch international entsprechend zu bewerben und Wien ist, wenn ich gefragt werde, was denn jetzt die spezielle Rolle Wiens als Wirtschaftsmetropole ist, nicht mehr das Tor zum Osten, sondern Wien hat mittlerweile eine Drehscheibenfunktion mitten in Europa und insofern ist das auch der Zusammenhang zur geopolitischen Situation. Wien ist also mittlerweile eine Drehscheibe im Herzen Europas geworden. Und diese Drehscheibe zu nutzen und damit auch für große Konzerne interessant zu bleiben und noch interessanter zu werden, das ist der Schwerpunkt, das ist das konstitutive Element unserer Ansiedlungspolitik, mit dem wir in der Vergangenheit, denke ich, auch recht erfolgreich waren. Das heißt aber, dass wir natürlich auch andere Zielmärkte und andere Zielgruppen mit den Ländern und mit den Unternehmungen aus diesen Ländern haben, die wir versuchen anzusprechen. Mittlerweile kommt ein beträchtlicher Teil der Unternehmungen, die sich in Wien ansiedeln, auch aus den neuen EU-Ländern, auch aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Russland und den neuen Staaten. Das heißt, auch hier nutzen diese Unternehmungen eben diese Drehscheibenfunktion und es ist nicht mehr nur der Trend in die eine Richtung, sondern auch in die andere Richtung, wie es eben einer Drehscheibe zwischen Ost und West entspricht.
Die zweite Zielgruppe, die sich daraus neu ergeben hat, und natürlich sind Deutschland und die USA nach wie vor ein zentraler Herkunftsmarkt für große Unternehmungen, aber es gibt eben auch Neue, die Genannten aus den neuen EU-Ländern, und dazu kommen natürlich auch, immer wichtiger für uns, die Drittstaaten. Gerade Unternehmungen aus Brasilien zum Beispiel sind sehr interessiert an dem Wirtschaftsstandort, aber natürlich auch Indien und China, von denen wir ja alle wissen, dass ihre Wirtschaftsdaten im Moment sehr viel besser sind als die, die wir in Europa zu beobachten haben, nutzen diese Drehscheibenfunktion verstärkt. Das beweisen auch die Zahlen.
Ich darf Ihnen sagen, dass im Jahr 2012, und auf das sind wir schon recht stolz, mehr als die Hälfte aller Unternehmungen, die sich in Österreich angesiedelt haben, nach Wien gekommen sind. Das zeigt also, dass die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Wien ungebrochen ist, ganz im Gegenteil, dass eben diese neue Funktion sehr gut angenommen wird. Wir haben 2011 ja ein Rekordjahr geschrieben und auch im vergangenen Jahr sind es wieder 120 internationale Unternehmungen gewesen, die sich hier alleine über die Ansiedlungsagentur in Wien angesiedelt haben. Es gibt natürlich darüber hinaus auch Unternehmungen, die in dem Sinn gar keine Unterstützung brauchen, auch gut, aber wir konzentrieren uns auf die, die Unterstützung brauchen. Diese 120 internationalen Unternehmungen werden 75 Millionen investieren und fast 1 500 neue Arbeitsplätze in Wien schaffen. Also ich denke, das ist schon eine Zahl, die zeigt, dass wir hier sehr gut unterwegs sind.
Es ist ein Zufall, aber gerade heute in der Früh habe ich in der „FAZ“ einen Artikel gelesen, wo Wien, aber auch Gesamt-Österreich im Zusammenhang mit Life Science positiv erwähnt wird, aber ganz besonders Wien, wo zum Beispiel die Firma Biolitec, ein Spezialist für Laseranwendungen mit Hauptwohnsitz in Jena, erklärt: „Diese angewandte Entwicklung für Medizintechnik wollen wir verstärkt in Wien durchführen.“ und die jetzt eben eine Tochtergesellschaft gegründet haben. Sie befinden sich in guter Gesellschaft. Wir haben zum Beispiel Mitsubishi Heavy Industries mit Hilfe der Wirtschaftsagentur voriges Jahr angesiedelt, oder Beleg für das, was ich vorhin zum Thema BRICS-Länder sagte, die brasilianische Brascan, den größten Thermoplasthersteller Lateinamerikas und ein echtes Schwergewicht im internationalen Petrochemiegeschäft.
Nicht zuletzt ist es mir auch wichtig, dafür zu sorgen, dass große Unternehmungen, die wir schon da haben, sich auch weiterentwickeln können. Insofern bin ich besonders stolz, weil ich mich da persönlich wirklich, man kann fast sagen, jahrelang dafür engagiert habe, dass das klappt, dass sich die Firma Hörbiger jetzt entschlossen hat, ihren neuen ausgeweiteten Standort mit zusätzlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Aspern zu errichten, ein neuer Standort, der, denke ich, auch ein ganz wichtiger Entwicklungsschub für Aspern ist, aber auch dem Unternehmen Möglichkeiten gibt, die am alten Standort, und die Simmeringer Freunde mögen wir verzeihen, aber es ist halt in einem dicht besiedelten Gebiet nicht so leicht, was Neues zu errichten wie an einem neuen Standort in Aspern - die also dort Möglichkeiten vorfinden, die es sonst nicht gegeben hätte. Darauf setzen wir weiterhin.
Wir setzen weiterhin auf die Schaffung guter Infrastrukturen für diese zentrale Rolle Wiens als Drehscheibe, und wir sind auch dabei, unser Förderinstrument
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