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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 85

 

ganz klar normiert wird, dass erstens dieser Bestandsvertrag unbefristet ist, zweitens eine gewerbliche Nutzung und die Errichtung einer Wasserabfüllanlage gestattet werden und – die Todsünde in diesem Vertrag, § 9 – eine Übertragung aller Rechte an Dritte ausdrücklich gestattet wird. Und wenn das keine Privatisierung ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann weiß ich nicht. Sie haben ja selbst keine Ahnung, was Sie hier aufführen. Sie haben das Wiener Wasser privatisiert. Und das ist die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber es geht ja weiter in der Chronik des Verrats. Es hat dann die Gemeinde Wildalpen das von Häupl auf unbefristete Zeit eingeräumte Wassernutzungsrecht erhalten, nämlich 630 m³ Wasser täglich – das sind, bitte, wenn man das aufs Jahr hochrechnet, bei den Wassergebühren, die wir zur Zeit haben, 391 000 EUR pro Jahr, die man damit lukrieren könnte –, und dieses Nutzungsrecht wurde als 10 Prozent Beteiligung in die neu gegründete Wildalpen – Wasserverwertungs GmbH eingebracht. Sie sehen hier ein Nobelprodukt (Der Redner hält eine kleine Wasserflasche in die Höhe.), das um 1,40 EUR in den Supermärkten verkauft wird, aber nicht nur in Wien, sondern weltweit. Was ist der Unterschied? (In der anderen Hand hält der Redner ein Glas Wasser. – Zwischenruf der GR Heinz Hufnagl.) Was ist der Unterschied, Herr Kollege? (GR Heinz Hufnagl: Sie müssen das Wiener Wasser und das Wasser der kleinen Gemeinde Wildalpen unterscheiden!) Ja, genau! Sie unterscheiden nicht. Das ist, bitte, ein Bestandsvertrag, den die Gemeinde Wien hier genehmigt hat. Und das Tragische ist eines: Es gab nicht einmal einen Beschluss des Gemeinderates, das wurde am Gemeinderat vorbeigeschummelt.

 

Aber jetzt kurz zur Aufklärung: Was ist der Unterschied zwischen diesem Wasser und diesem? (Der Redner weist auf die Flasche und das Glas in seinen Händen hin. – GR Heinz Hufnagl: Das eine ist mehr, das andere ist weniger!) Der Inhalt ist genau das Gleiche: das köstliche Wiener Leitungswasser; hier ein halber Liter um 1,40 EUR beim Meinl am Graben oder sonst wo und hier ein achtel Liter um nicht einmal einen Zehntel Cent. Das ist der Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die Gemeinde Wien hat überhaupt nichts davon, die bekommt maximal 3 500 EUR pro Jahr dafür. 10 Prozent Beteiligung. (GR Heinz Hufnagl: Wien hat auch nichts davon, dass die Ottakringer Brauerei Wiener Wasser verwendet!) Und wissen Sie was, Herr Kollege? Hören Sie mal gut zu, damit Sie dann in Ihrer Rede darauf replizieren können. Den Rest der Anteile der GmbH halten Private. Ein australischer Pokerspieler, ein Zocker, ein Gambler ist zu 95 Prozent daran beteiligt, und die Beteiligung des Wiener Wassers aus Wildalpen ist auf 1 Prozent Anteil gesunken. Der Herr Paul Steicke aus Australien hält hier im Endeffekt die Wasserrechte Wiens. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die sind bitte aus der GmbH nicht mehr zurückzuholen, da können Sie noch so viel lachen. (GR Mag Jürgen Wutzlhofer: Wildalpen und Wien, das ist ein kleiner Unterschied!) Wenn Sie sich ein bisschen im Gesellschaftsrecht auskennten, wüssten Sie, dass man diese GmbH aus Wien heraus nicht auflösen kann. Mit einem Wort: Das Wasser wurde privatisiert, und es passt ja auch ganz genau zur Wiener Zockermentalität, dass sie sich hier mit einem Oberzocker und Pokerspieler aus Australien ins Bett legt. Das ist schäbig, meine Damen und Herren. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei der FPÖ. – GR Christian Deutsch: Das ist ja lächerlich!)

 

Also 3 500 EUR Pacht pro Jahr, und der südaustralische Millionär strebt heuer einen Umsatz von 1,2 Millionen EUR an. Die Frage ist: Was hat der Wiener Steuerzahler davon? Was hat der Bürger davon? Nix! Die Frage ist: Wer profitiert davon? Das sind alles peinliche Fragen, die wir stellen werden. (GR Erich Valentin: Ja, das ist wirklich peinlich!) Das Kontrollamt soll auch prüfen, wer davon wirklich profitiert. Es ist vielleicht nicht nur der australische Zocker und Pokerspieler, es ist vielleicht auch die Zocker-SPÖ hier im roten Wien.

 

All diese peinlichen Fragen werden Sie sich gefallen lassen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil ja nicht zuletzt ein Rechtsgutachten ganz klar festgestellt hat – und das kann man von anderen, von dritten Gutachtern auch prüfen lassen –, es handelt sich hier um eine echte lupenreine Privatisierung, weil hier wirtschaftliches Eigentum übertragen wurde und es die Gemeinde Wien auch gar nicht mehr zurückbekommen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

Schämen Sie sich dafür und hören Sie endlich auf, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen! Es geht hier um politische Hygiene, und da haben Sie sehr, sehr viel zu tun, hier endlich einmal sauberzumachen und die Wahrheit zu sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zur Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich Herr StR Mag Juraczka gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.45.50

StR Mag Manfred Juraczka|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Als ich das Thema der Aktuellen Stunde vernommen habe – „Stopp dem SPÖ-Privatisierungswahn!“ –, war ich kurzfristig ein wenig irritiert. Diese SPÖ ist mir nicht wirklich bekannt als Manchester-Liberalist, auch nicht wirklich bekannt als jemand, der eine Affinität zur sozialen Marktwirtschaft hat und versteht, dass Angebot und Nachfrage, die Regulatoren des Marktes, die Bereiche sind, die in weiterer Folge Arbeitsplätze, Wachstum und schlussendlich auch Wohlstand sichern. Aber wenn man sich das Ganze dann näher betrachtet, versteht man die Formulierung durchaus, und das hat ja heute auch die Fragestunde sehr schön an die Oberfläche gebracht. Was in Wahrheit immer wieder passiert und auch in der jüngsten Vergangenheit leider Gottes Usus wurde, ist eine Verschleierung der Kompetenzen, eine Verschleierung vor allem der Kontrolle. Wir haben heute mehrfach gehört, das Kontrollamt kann noch prüfen. Ja, das Kontrollamt kann noch prüfen, aber der Gemeinderat nicht.

 

Es stellt sich auch die Frage, warum es denn so viele Vereine im Umfeld der Stadt gibt. Ja, Sie haben recht,

 

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