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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 22.05.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 94

 

40 Prozent unterschreiben. Die anderen 60 Prozent nicht, aber 30 bis 40 Prozent waren halbwegs okay. Ich will jetzt nicht alles richtigstellen, was Sie gesagt haben. Dazu, dass Sie uns konzeptlose Politik vorwerfen, habe ich zuerst schon gesagt: Bei uns stecken Konzepte dahinter. Diese werden alle 10 Jahre fortgeschrieben. Jetzt beschließen wir den Masterplan Verkehr 2013, der letzte war 2003, und im Jahr 1993 hat das eben noch Leitlinien zum Wiener Verkehrskonzept geheißen.

 

1994 haben wir ein Hauptradwegenetz erstellt. 1997 im zweiten Dezentralisierungsschritt wurde den Bezirken die Planung und Realisierung von Radfahranlagen übertragen. Jener Teil, der das Hauptradwegenetz betrifft, wurde dann wieder ins Zentralbudget zurückverlagert, weil sich gezeigt hat, dass das einfach vernünftiger ist.

 

1970 hatten wir 11 km Radnetz. Ende 2007 hatten wir 1 090 km, und derzeit, mit Jahresende 2012, haben wir 1 223 km. Davon sind 56 Prozent Radrouten, 21 Prozent sind bauliche Anlagen und 23 Prozent sind markierte Anlagen, und in markierten Anlagen ist unter anderem auch das Radfahren gegen die Einbahn möglich. Dazu gehören aber auch die Mehrzweckstreifen. Die Mehrzweckstreifen wurden, nachdem sie 1995/96 – glaube ich – eingeführt worden sind, in der Folge verstärkt eingesetzt. Das hat am Anfang auch zu vielen Verwirrungen, aber nur bei den Autofahrern, nicht bei den Radfahrern geführt, denn Mehrzweckstreifen sind eine ganz vernünftige Einrichtung, sie dienen auch der Flüssigkeit des Autoverkehrs.

 

Man muss sich das vorstellen: Die normale Fahrbahnbreite beträgt etwa 3,50 m. Jemand fährt mit dem Rad, und daneben möchte ein Autofahrer überholen. Man weiß ja ganz genau, wie viel Seitenabstand bei Tempo 50 eingehalten werden muss. All das haben wir in der Fahrschule gelernt. Das heißt: Rein theoretisch dürfte, wenn man sich genau an das hält, was in der Straßenverkehrsordnung beziehungsweise in den Durchführungsrichtlinien betreffend seitliche Abstände vorgeschrieben ist, auf einer normalen Fahrbahn ein Auto einen Radfahrer gar nicht überholen. Bei den Mehrzweckstreifen ist es so: Die Fahrbahn misst insgesamt 4 m, 2,50 m sind für die Autos und 1,50 m ist für die Radfahrer abmarkiert. Und breitere Fahrzeuge wie LKW oder Autobusse können diesen sogenannten Mehrzweckstreifen nun mitbenützen. Natürlich müssen sie auf die Radfahrer achten, aber – unter Anführungszeichen – normale PKW, von denen es ja viel mehr gibt, können ganz bequem an den Radfahrerinnen und Radfahrern vorbeifahren.

 

All das, was wir tun, hat also Sinn. Da gibt es überall entsprechende Konzepte. Man muss sich das anschauen: Es gibt so gut wie keine Unfälle. Es wird immer davon gesprochen, wie gefährlich all das ist, welche Unfälle es da geben könnte und, und, und. – Es gibt aber keine diesbezüglichen Unfallzahlen in der Stadt! Es wird aber noch immer davon geredet, und ich verurteile dieses Schüren und gegeneinander Aufhetzen, wie es die Freiheitliche Partei betreibt!

 

Es wird auch eine Verniedlichung des Autoverkehrs betrieben. Der Autoverkehr ist noch immer sehr gefährlich. In den 70er Jahren hatten wir in Österreich allerdings 3 000 Verkehrstote im Jahr, jetzt haben wir in etwa 500. Das liegt aber nicht daran, dass die Menschen jetzt viel vorsichtiger fahren oder sich so geändert haben, sondern das ist einfach auf den technischen Fortschritt und legistische Maßnahmen zurückzuführen, beispielsweise auf die Einführung von Tempo 130 auf den Autobahnen, den Einsatz von Airbags – in der Zwischenzeit ist schon jedes Auto mit Airbag ausgestattet – oder die Einführung der Gurtenpflicht. Außerdem hat selbstverständlich zunächst die Einführung und dann die Herabsetzung der Promillegrenze beim Fahren zu einem Rückgang der Unfälle geführt.

 

Weltweit gibt es aber immer noch 1,2 Millionen Tote im Straßenverkehr jedes Jahr! Das sind, durchschnittlich gerechnet, pro Tag etwas über 3 000! Jeden Tag sterben also weltweit so viele Menschen wie damals in den 70er Jahren in einem Jahr hier in Österreich im Straßenverkehr.

 

Daher hat, wie ich glaube, das Thema Miteinander aller Verkehrsteilnehmer im Verkehr und gegenseitige Rücksichtnahme im Verkehr oberste Priorität. Fußgänger, Öffi-Benützer, Radfahrer und Autofahrer müssen aufeinander Rücksicht nehmen, das ist ganz wichtig. Daher dürfen – und das tut nur eine einzige Partei hier in diesem Haus – die Menschen nicht gegeneinander aufgehetzt werden, sondern es muss ein Miteinander und gegenseitige Rücksichtnahme geben.

 

Man muss auch berücksichtigen, dass sich die Technik weiterentwickelt hat. Ich weiß nicht, woher Herr Gudenus die Information hat, dass es bei 30 km in der Stunde den größten Schadstoffausstoß gibt. Das hatte man vielleicht im Ostberlin der 80er Jahre mit den Trabis. Ja, bei den Trabis waren die Abgase wahrscheinlich so stark! In der Zwischenzeit ist das aber ganz und gar nicht mehr der Fall! Und für das Miteinander in den Wohngegenden ist Tempo 30 – wo es möglich ist, es ist leider nicht überall möglich – und eine Bündelung des Hauptverkehrs für Fußgänger und Radfahrer besser. Das sichert dieses Miteinander.

 

Jedenfalls verurteile ich sehr scharf dieses gegeneinander Aufhetzen. Ich begrüße jedoch sehr, dass wir generell in Wien sehr gut mit unserem Masterplan Verkehr unterwegs sind und dass wir hier und heute – in wenigen Tagen beginnt die Velo-city – einen gemeinsamen Grundsatzbeschluss über das Radfahren in Wien fassen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Flicker. Ich erteile es ihm.

 

12.50.04

GR Martin Flicker (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Das von der rot-grünen Stadtregierung gepflegte Spiel des Ausspielens der Fahrradfahrer gegen die Autofahrer muss ein Ende haben! Der derzeitige Weg führt in eine verkehrspolitische Sackgasse. Die Verkehrspolitik der grünen Verkehrsstadträtin läuft nämlich darauf hinaus, die Radfahrer auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer sozusagen positiv zu diskriminieren.

 

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