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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 22.05.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 94

 

dazu, das ist auch gut; es ist ja schön, dass Sie unser Modell übernommen haben –, aber ich halte es trotzdem für dringend notwendig, dass wir die Eigentumsförderung wieder ankurbeln, dass wir dort Kostenmodelle, abgesehen vom Eigenmittelersatzdarlehen, zur Verfügung stellen. Gerade heute mit dem niedrigen Zinsniveau ist das durchaus möglich. Bei allen Umfragen, die in Österreich, die in Wien gemacht wurden und gemacht werden, ist der größte und höchste Wunsch immer, sich Eigentum zu schaffen, sich in seinen eigenen vier Wänden zu bewegen und nicht unbedingt einer Hausverwaltung, die so recht und schlecht funktioniert, zu unterstehen. Ich sage jetzt einmal, Wiener Wohnen ist ein ganz gutes Beispiel dafür. Vielleicht trauen Sie sich doch noch einmal, die Hausverwaltung nicht nur in einzelnen Bereichen, in einzelnen Häusern an gemeinnützige Hausverwaltungen auszulagern, sondern einen größeren Teil. Sie werden sehen, es funktioniert schneller, es funktioniert besser, es funktioniert vor allem günstiger und es funktioniert vor allem auch korruptionsfreier.

 

Wenn wir davon reden, dass wir Geld für den Wohnbau brauchen – und es ist ja unbestritten, dass das Geld nicht auf der Straße oder sonstwo herumliegt –, dann erlauben wir uns doch, dann sind wir doch bereit, die Vorsorgekassen, die Pensionskassen aufzumachen, damit sie in den Wohnbau investieren können, denn deren Anlegerinnen und Anleger dort können sich dann das Geld, das investiert wurde, vor Ort anschauen, indem es dort Wohnungen gibt, indem es Häuser gibt, indem es sozusagen etwas in der Hand zu halten gibt.

 

In diesem Sinne fordere ich Sie auf: Handeln Sie, reden Sie nicht nur hier im Gemeinderat darüber, halten Sie keine Schönwetterreden! Sie von Rot und Grün sind in der Regierung, und manchmal würde ich mir wünschen, dass Sie diese Inbrunst und diese Intensität, dieses Tempo, diese Schnelligkeit, mit der Sie Radwege schaffen, Radwege markieren wollen, grün anfärbeln wollen, in den Wohnbau investieren würden. Ich bin mir hundertprozentig sicher, wir wären in Bälde wieder in einem Land, wo nicht nur Milch und Honig fließen, sondern wo die Menschen fair und gerecht wohnen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile ihm das Wort.

 

14.26.04

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Mit gutem Grund wird das Wohnungsthema als ein Generaldebattenschwerpunkt angesetzt, weil das in der Tat einer jener Bereiche ist, wo Menschen Politik spüren. Viele treibt das Thema um, wenn sie nach Wien kommen, wenn sie Kinder haben und eine Wohnung suchen. Alle spüren wir das, und auch in Richtung Nationalratswahlen scheint das ein wichtiges Thema, ein zentrales Thema zu werden. Mit gutem Grund.

 

Ich möchte noch einmal daran erinnern, in welcher historisch einmaligen, aber auch schwierigen Situation wir uns derzeit befinden, weil das noch nicht überall gelandet ist. Das, was derzeit in Wien gebaut wird, ist mehr als das, was in der Hochzeit der Gründerzeit, auf die wir heute zu Recht stolz sind, gebaut wurde, diese heute noch sehr lebendigen, vitalen Stadtteile. Minihistorischer Abriss: Im Jahr 1800 hat Wien 200 000 Einwohner gehabt, 1910 hatte Wien 2,2 Millionen. Wenn man das jetzt überträgt auf die derzeitige Bevölkerungsentwicklung, haben wir zwar derzeit nicht exakt die Zuwanderung oder das Wachstum Wiens, das wir im 19. Jahrhundert hatten, aber wir sind angehalten, mehr zu bauen. Warum sind wir angehalten, mehr zu bauen? Im 19. Jahrhundert sind Leute nach Wien gekommen, die zu sechst, zu acht auf 10 m², auf 12 m² gelebt haben. Das haben wir nicht, das wollen wir nicht, das werden wir auch nicht bekommen. Die durchschnittliche Fläche pro Kopf liegt derzeit irgendwo bei 35 bis 40 m². Das ist in den letzten 20 Jahren sehr stark gestiegen. Das heißt, wir bauen derzeit mehr als in der größten Boom-Zeit, der Gründerzeit. Das wird ein bisschen aus dem Auge verloren.

 

Wir müssen das auch tun, wir werden das auch tun, und ich möchte damit gleich einem Argument entgegentreten, das der Herr Kollege Walter – Kollege Walter ist schon gegangen, macht nichts, passt schon – gebracht hat. Kollege Walter hat gesagt, es wird nichts gewidmet. Das ist einfach unrichtig. Heuer wurde bereits für mehr als 3 000 Wohneinheiten gewidmet, und ich spare mir jetzt die Spitze zu sagen, wo die ÖVP zugestimmt hat und wo die ÖVP abgelehnt hat. Also bei sehr vielen Dingen, wenn es ein bisschen heiß wird ... (StR Mag Manfred Juraczka schüttelt den Kopf.) Na, schütteln Sie nicht den Kopf. Sie wissen selber, dass Sie ein paar Mal abgelehnt haben. Mit guten Gründen, werden Sie sagen. Es gibt immer die guten Gründe, wenn es konkret wird.

 

Jetzt sage ich auch sehr klar und offen und sozusagen durchaus auch mit einem Hauch Selbstkritik: Zu glauben, dass man heute die notwendige Stadterweiterung ohne Einwände und teilweise auch Proteste von Anrainern realisieren kann, ist eine Illusion. Jetzt sage ich ganz deutlich als jemand, der einer Partei angehört und sozusagen auch in einem Ressort mittätig ist mit der Frau Vizebürgermeisterin, die für BürgerInnenbeteiligung steht: BürgerInnenbeteiligung heißt nicht, dass ausschließlich Anrainer entscheiden, ob und wie gebaut wird. BürgerInnenbeteiligung heißt, dass die Vorschläge und Ideen der Anrainer ernst zu nehmen sind, und ernst zu nehmen sind auch die Belastungen, die mit einem neuen Wohnbau, die mit einer neuen Stadtentwicklung einhergehen. Wenn ich jetzt einen schönen Ausblick und eine Ruhelage habe und jetzt wird in meiner unmittelbaren Umgebung gebaut, dann ist das eine Beeinträchtigung.

 

Umso mehr muss man sagen, was durch eine Entwicklung auch besser wird, und die Anrainer in die Verbesserung und in die Verkehrsorganisation einbeziehen. Aber – ich sage das sehr zurückhaltend – Anrainerinteresse ist nicht automatisch Gemeinwohl. Und Gemeinwohl heißt auch, für jenen Wohnraum zu sorgen, den die Bevölkerungsentwicklung mit sich bringt.

 

Jetzt kann man in der Tat eine sehr grundsätzliche Diskussion führen, die da lautet – und die wird auch bei

 

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