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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 102

 

Die heutige Debatte, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein zentraler Punkt in der Politik eines Jahres, und ich denke, dass das nicht nur für mich als zuständige Finanzstadträtin gilt, sondern für uns alle. In den nächsten Tagen werden wir in der Debatte ausführlich darüber sprechen, wie Wien im letzten Jahr die Mittel eingesetzt hat, um die Stadt und die Menschen zu versorgen, sie in die Zukunft zu bringen und damit gut durch die anhaltende Wirtschaftskrise zu steuern. Der Rechnungsabschluss zeigt aber auch, wie wir sorgsam gewirtschaftet haben, um den Pfad der Konsolidierung, den wir beschritten haben, auch konsequent weitergehen zu können. – Ich freue mich auf eine intensive Auseinandersetzung und hoffe einmal mehr auf den Austausch sachlicher Argumente.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechnungsabschluss zeigt in Wien Jahr für Jahr auf, wie die Stadt gewirtschaftet hat. Er zeigt nicht nur, nach welchen Schwerpunkten wir unser Budget gemacht haben, welche Akzente wir gesetzt haben und wie wir den Menschen in sehr schwierigen Zeiten geholfen haben, sondern der Rechnungsabschluss zeigt auch, wie wir die Mittel sorgsam verwendet haben, wie wir gewirtschaftet und in dem von uns gesteckten Rahmen dafür gesorgt haben, dass Wien gemäß sämtlicher Wirtschaftszahlen gut dasteht.

 

Das Bruttoregionalprodukt Wiens beträgt derzeit rund 77 Milliarden EUR. Die Einnahmen und Ausgaben der Stadt haben zum ersten Mal die 12-Milliarden-EUR-Grenze überschritten.

 

Der Schuldenstand Wiens beträgt 5,3 Prozent des Bruttoregionalproduktes. 60 Prozent, sehr geehrte Damen und Herren, also mehr als das 10-Fache, wären laut EU die kritische Grenze, ab welcher Gebietskörperschaften Maßnahmen setzen müssen. Wien steht mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von rund 2 500 EUR gut da und liegt damit deutlich unter dem österreichischen Durchschnitt der Länder und Gemeinden von 2 900 EUR.

 

Dies möchte ich der Debatte vorausschicken: Wien steht gut da. Wien ist wirtschaftlich gesund. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Aber natürlich ist Wien keine Insel der Seligen. Auch unsere Stadt, unsere Unternehmer und Unternehmerinnen, die Bewohner und Bewohnerinnen sind von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise betroffen. Die Rahmenbedingungen können wir allein nicht ändern, da brauchen wir uns keine Illusionen zu machen, auch wenn aus einem bestimmten Eck immer wieder allzu einfach scheinende Lösungen zu hören sind, Stichwort: Austritt aus der EU. – Das ist einfach, primitiv und falsch!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! 2012 war natürlich kein leichtes Jahr. Das hat sich schon im letzten Quartal 2011 angedeutet. Ich erinnere an die Diskussionen. Manche haben gesagt, die große Krise ist längst vorbei. Andere, und zu denen habe ich gehört, haben vor den Wolken am Horizont gewarnt. Und die kritischen Voraussagen haben leider recht behalten. Die Entwicklung auf Grund der internationalen Rahmenbedingungen ist erheblich problematischer gewesen. Das zeigt sich auch daran, dass die prognostizierten Wirtschaftsdaten immer wieder nach unten korrigiert werden mussten. Die endgültigen Zahlen gehen von 0,3 Prozent Wirtschaftswachstum aus. Das zeigt, mit welch schwierigen Rahmenbedingungen und was für einer volatilen Situation wir nach wie vor zu kämpfen haben. Alle EU-Nachbarstaaten Österreichs, außer Deutschland und der Slowakei, sowie der gesamte Euroraum wiesen 2012 negative Wirtschaftswachstumsraten aus, also Minuszahlen. Das hat natürlich Auswirkungen gerade auf eine so internationale Stadt, wie Wien es ist.

 

Auch für 2013 sind die Wirtschaftsprognosen alles andere als rosig. Ein prognostiziertes Wachstum von 0,8 Prozent macht natürlich weitere Investitionen gegen die Auswirkungen der Krise notwendig, zumal sogar diese Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind und wir vor allem wissen, dass Arbeitsmarktdaten sich erst ab einem Wirtschaftswachstum von 2 Prozent verbessern, und davon sind wir leider weit entfernt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn sich jetzt auch noch die öffentliche Hand zurückziehen würde, hätte das dramatische Folgen für die Wirtschaft und damit für die Arbeitsplätze. Das werden wir sicherlich nicht tun! Wien wird auch weiterhin aktiv gegen die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ankämpfen. Wir werden kein radikales Sparpaket zu Lasten der Wirtschaft und der Menschen schnüren. Was wir brauchen, sind Investitionen in Zukunftsprojekte und Schwerpunkte, und wir brauchen Reformen, um noch effizienter und damit sparsamer zu werden.

 

Deshalb gelten für die Wiener Finanzpolitik – und das lässt sich ganz klar im Rechnungsabschluss 2012 nachlesen – drei Grundsätze. Erstens: Der stete Kampf gegen die Auswirkungen der Finanzkrise wird und muss auch weiterhin erfolgen. Zweitens: Wir müssen auf Konsolidierungskurs bleiben, um den Haushalt weiterhin in Ordnung zu halten. Wir brauchen also weitere Reformen, um noch effizienter zu werden. Und drittens – die oberste Prämisse: Wir müssen mit unseren Maßnahmen für mehr Gerechtigkeit sorgen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen nach wie vor mit unserer Nachfrage den Wirtschaftsmotor am Laufen halten und unsere Investitionen in die wachsende Stadt tätigen, damit wir für die Zwei-Millionen-EinwohnerInnengrenze, die wir 2030 überschreiten werden, entsprechend gerüstet sind. Mit dieser Meinung – das dürfte sich mittlerweile wohl auch bis in die hintersten Ecken der Opposition herumgesprochen haben – stehen wir nicht alleine da.

 

Im Gegenteil: Wirtschaftsnobelpreisträger Prof Paul Krugman hat sich aktuell zum Thema Schuldenpolitik und aktuelle Investitionen geäußert und schreibt in der „New York Times“ vom 28. April 2013 – ich zitiere: „Um es ganz deutlich zu sagen: Dies ist kein Plädoyer für höhere Staatsausgaben und größere Haushaltsdefizite unter allen Umständen. Und die Behauptung, Leute wie ich wünschten sich immer größere Defizite, ist einfach falsch. Der Wirtschaft geht es nämlich nicht immer so wie jetzt. Tatsächlich sind Situationen wie die derzeitige ziemlich selten. Unbedingt sollten wir versuchen, die

 

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