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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 102

 

Wirtschaftspolitik von Rot-Grün so fortgesetzt wird, wie wir das jetzt im Rechnungsabschluss feststellen mussten. Dass es nämlich mit Ihrer Wirtschaftspolitik nicht zum Besten steht, dafür braucht es gar nicht die Reden der Opposition, sondern das ergibt sich bereits aus einer Analyse Ihrer eigenen Aussagen. Sie sagen, der Pfad der Konsolidierung wird weiter beschritten, und wir haben einen Schuldenberg wie noch nie zuvor. Sie sagen, die Mittel werden sorgsam verwendet, und der Rechnungsabschluss weist Ausgaben auf, die um eine halbe Milliarde Euro höher liegen, als budgetiert. Sie sagen, Wien steht gut da. In Wahrheit sind wir das Bundesland mit der meisten Arbeitslosigkeit und beim Wachstum ganz hinten. Ihr Credo ist es, zu sagen, alle diese Ausgaben sind genau zielgerichtet eingesetzt im Sinne der Stadt, im Sinne der Wirtschaft, denn Sie investieren angeblich antizyklisch in die Wirtschaft, damit wir uns aus der Krise sozusagen rausinvestieren. Jetzt sage ich Ihnen einmal zum Ersten: Nicht jede Ausgabe ist eine Investition, weil zu einer Investition gehört auch eine Investitionsrechnung und eine Investition sollte sich rechnen. Eine Rendite für das eingesetzte Kapital wäre da positiv, wobei das nicht immer eine zahlenmäßige Rendite sein kann. Selbstverständlich kann es auch andere politische Renditen geben. Aber Sie investieren nicht antizyklisch, denn Sie bauen den Schuldenberg in Zeiten guter Konjunktur auch nicht ab. Und da nehme ich jetzt als ein Beispiel guter Konjunktur nicht das Jahr 2011, sondern beziehe ich mich auf die Jahre vor 2009. Und wenn wir uns da die Jahre 2004 bis 2007 ansehen, dann wurde der Schuldenberg in diesen Zeiten sehr guter Konjunktur auch nicht abgebaut. Wir hatten im Jahr 2004 mit den Schulden bei Wiener Wohnen 2,9 Milliarden, im Jahr 2005 3 Milliarden, im Jahr 2006 3,2 Milliarden und im Jahr 2007 3,4 Milliarden EUR Schulden, nicht nur der Wien-Bereich, sondern auch mit Wiener Wohnen. Und ich sage Ihnen, wir hatten in diesen Jahren Konjunktur von 2,5 Prozent im Jahr 2005, von 3,6 Prozent im Jahr 2006 und von 3,7 Prozent im Jahr 2007. Es stimmt also leider Gottes nicht, dass Sie antizyklisch investieren würden. Die Wahrheit ist, dass Ihr Schuldenberg selbst in Zeiten guter Konjunktur nicht abgebaut wird, Ihr Schuldenberg ständig zunimmt und das leider Gottes zu keinem guten Ende für Wien führen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber schauen wir uns die einzelnen Felder der Wirtschaftspolitik an. Ich beginne mit der Wirtschaftsordnungspolitik und der Strukturpolitik und stelle fest, dass immer mehr Betriebe ins benachbarte Umland auswandern.

 

Die Sachgütererzeugung ist im vergangenen Jahr um 2,4 Prozent zurückgegangen. Auch mit den Klein- und Mittelbetrieben und mit den Dienstleistungen schaut es nicht so wahnsinnig gut aus, wenn ich mir so manche Geschäftsstraßen mit den leerstehenden Geschäftslokalen und den verwaisten Auslagen in Wien ansehe. Da stimmen eben weder die gesetzlichen noch die strukturellen Rahmenbedingungen. Da könnte man für die stöhnende Wirtschaft, die unter der Bürokratie leidet und für die die Raumordnung und die Infrastruktur nicht das bieten, was sie braucht, viel mehr leisten.

 

Die Konjunkturpolitik, das wäre schon ein Instrumentarium der Wirtschaftspolitik, das die Möglichkeit brächte einzugreifen. Nur, ich habe es bereits zu Beginn gesagt, Sie investieren nicht wirklich antizyklisch und man sollte auch in jedem Fall die Kirche im Dorf belassen. Es ist nicht so einfach, mit Ausgaben die Wirtschaft anzukurbeln. Die Gefahr ist natürlich sehr groß, dass Ausgaben getätigt werden, die nicht wirklich erforderlich sind. Aber es ist keine Frage, an sich notwendige Ausgaben der öffentlichen Hand, die man sowieso machen würde, in Zeiten schwieriger Konjunktur vorzuziehen, ist natürlich ein probates Steuerungsmittel, das sinnvoll angewandt werden soll. Wirtschaftspolitik, Steuerpolitik wird von Ihnen leider Gottes sehr einseitig eingesetzt, nämlich leider nur im Sinne von Erhöhen von Steuern und weniger im Sinne von Entlasten. Eine Wirtschaftsförderung wäre sicher eher in einer Entlastung bei den Steuern als in einer Steuererhöhung gegeben. Sie probieren es anders. Sie denken sich, wir müssen nur genug einnehmen, wir müssen nur schauen, dass die Steuern hoch genug sind, dann werden wir unsere Ausgaben schon irgendwie abdecken können. Ich sage Ihnen, Sie werden es nie schaffen, ein Budget einnahmenseitig zu sanieren. Das funktioniert im Allgemeinen nicht und in Wien funktioniert das im Besonderen nicht. (Beifall bei der ÖVP.) Da sind einfach zu viele Löcher in diesem Fass. Solange Sie die Löcher nicht stopfen und solange Sie die notwendigen Reformen nicht angehen, können Sie da oben reinleeren was Sie wollen, Sie werden es nie und nimmer schaffen. Sie werden immer zu wenig Geld haben. Sie werden immer zu wenig einnehmen. Es wird Ihnen immer etwas einfallen, womit Sie noch mehr Geld ausgeben können, als Sie einnehmen.

 

Aber Ihre antizyklische Investitionspolitik finde ich ja nicht einmal dort, wo ich sie auf alle Fälle finden müsste, nämlich bei der Wirtschaftsförderung. Da frage ich mich schon, wie Sie Ihr Argument aufrechterhalten wollen, denn die Wirtschaftsförderung im eigenen Sinn, der sogenannte Ansatz 7822, sagt uns, dass wir im vergangenen Jahr besonders geringe Wirtschaftsförderung hatten und im Jahresabschluss sogar gegenüber den budgetierten 76 Millionen zurückgeblieben sind. Wir sind nur auf 72 gekommen, obwohl 76 Millionen zur Verfügung gestanden wären. Es ist die Wirtschaftsförderung auch in den letzten Jahren jährlich kontinuierlich zurückgegangen. Das wäre jetzt nicht so ganz verwunderlich, weil natürlich im Jahr 2009 die Wirtschaftsförderung mit 145 Millionen pro Jahr am höchsten war. Allerdings liegen wir jetzt mit den 72 Millionen sogar unter der Wirtschaftsförderung vor dem Krisenjahr 2009. Also auch in den Jahren davor hatten wir eine höhere Wirtschaftsförderung.

 

Zur Wirtschaftspolitik gehört natürlich aber auch, wie die öffentliche Hand ihre eigenen Betriebe, ihre verstaatlichten Betriebe, ihre kommunalen Betriebe führt. Und wenn ich mir da so die Bilanz der Stadtwerke und der Wien Holding anschaue, dann gibt es natürlich keinen Anlass, sehr zufrieden zu sein. Die Stadtwerke hatten ein negatives Betriebsergebnis von 879 Millionen EUR und

 

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