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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 81

 

nah mitbekommen, hinwegtäuschen kann? Sie glauben ernsthaft, es merkt keiner, dass Wiener Kinder im Vergleich zu allen anderen Bundesländern bei den Bildungsstandards verheerend abschneiden?!

 

Glauben Sie, dass es unbemerkt bleibt, dass in Wien 25 Prozent aller Kinder, die aus der Volksschule kommen, nicht richtig lesen können?! Gut, es gibt jetzt diese Leseverbesserungsmaßnahmen, damit haben wir eine Verbesserung um 2 Prozent geschafft. Wenn wir so schnell weiter verbessern, brauchen wir 10 Jahre, bis die Kinder ab der 4. Klasse lesen können. Das Problem ist nur: Die Schulpflicht in Österreich beträgt neun Jahre. Sie glauben, dass man weginserieren kann, dass es in Wien noch immer viel zu wenig Kindergartenplätze gibt, ganz besonders bei den Unter-Drei-Jährigen!

 

Ich weiß schon, Sie rühmen die Quoten. Sie verschweigen dabei aber, dass Sie die Unter-Ein-Jährigen rausrechnen, die sind nicht eingerechnet. Also wenn Sie schon Zahlen liefern, dann bitte echte und richtige! Sie glauben, dass man weginserieren kann, dass in Wien noch immer tausende Kinder in Containern sitzen, dass es kein funktionierendes System in der Schulsozialarbeit gibt, dass die Jugendwohlfahrt wirklich mit ganz knappen Mitteln arbeitet, obwohl es immer mehr Meldungen gibt, wo die Jugendwohlfahrt gefragt ist, wo man mittlerweile Kinder medizinisch betreut, anstatt sich ihrer seitens der Jugendwohlfahrt anzunehmen!

 

Sie glauben, dass man weginserieren kann, dass Wien die mit Abstand höchsten Arbeitslosenzahlen hat, die höchste Zahl der Mindestsicherungsbezieher! Sie glauben, dass man verleugnen kann, dass man in Wien mit dem Bund nicht ausreichend Dienstposten für die Lehrer ausverhandeln kann, und das von Rot zu Rot! Sie glauben, dass es zu all diesen Dingen eine Lösung gibt: Verbieten, Verteuern und Radweg, wie das von den Grünen kommt, und von den Roten das Thema Gesamtschule.

 

Ich möchte ihnen nicht verschweigen, dass mehr als 60 Prozent der Wienerinnen und Wiener sehr skeptisch sind, was das Thema Gesamtschule betrifft. Es ist nicht das Allheilmittel. Im Übrigen sind auch sehr viele Ihrer Wähler skeptisch. Vielleicht reden Sie einmal nicht nur mit Aktivisten, sondern auch mit Grün-Wählern. Die Skepsis ist groß und angebracht. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über all dem Ganzen thront dann der StR Oxonitsch, der uns seit Amtsantritt erklärt, wofür er nicht zuständig ist – für das Stadthallenbad-Desaster natürlich ganz besonders nicht. Jüngst haben wir ja einen ganz besonderen Wurf erlebt. Wir haben eine GesmbH gegründet, das wird jetzt alle Probleme lösen. Ich würde Ihnen auch empfehlen, melden Sie es nach Berlin. Vielleicht hilft es auch beim Berliner Flughafen-Desaster. (Heiterkeit des GR Dominik Nepp.)

 

Er ist nicht zuständig dafür, dass die Sportstätten in einem katastrophalen Zustand sind; er ist nicht zuständig dafür, dass Spitzensportler reihenweise Wien verlassen! Er ist natürlich nicht zuständig für den Lehrermangel, Containerhaltung und auch nicht für seine Mitarbeiter! Das haben wir jetzt erst erlebt, das unwürdige Schauspiel um den sehr engagierten Leiter der Drehscheibe Norbert Ceipek, der wochenlang vergeblich um einen Termin gebeten hat.

 

Zu Gute halten muss man in diesem Zusammenhang die Vorgehensweise bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle am Wilhelminenberg. Die Einsetzung dieser unabhängigen Kommission war richtig und wichtig. Der Bericht, der vorgelegt wurde, erschüttert, ist aber ein sehr guter und ein sehr aufschlussreicher. Aber bitte, Herr Stadtrat, fangen Sie nicht jetzt schon wieder an herumzueiern: Man müsste, man könnte, man wird einmal schauen, man setzt eine Arbeitsgruppe ein, die sich diesen Bericht noch einmal durchliest und überlegt, was man tun kann.

 

Wir werden genau hinschauen, was Sie tun, und bringen deswegen zwei Anträge ein, nämlich betreffend Umsetzung der Empfehlungen der Wilhelminenberg-Kommission und betreffend Untersuchung aller Wiener Kinderheime. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Herr Stadtrat! Es ist ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Kinder ausbildungsfähig aus der Schule kommen. Wir werden heute vom Kollegen Peschek wahrscheinlich noch hören, wie toll die Stadt Wien sich kümmert um die Kinder, die keinen Ausbildungsplatz am primären Lehrstellenmarkt bekommen. Aber das sind Reparaturmaßnahmen, die alle nicht in dem Ausmaß notwendig wären, wenn wir uns von Anfang an des Bildungsthemas anständig annehmen würden.

 

Herr Stadtrat, Sie sind dafür zuständig, dass ausreichend Plätze in den Kinderbetreuungseinrichtungen vorhanden sind. Das ist auch wichtig für viele MindestsicherungsbezieherInnen, für AlleinerzieherInnen, die einen Job nicht annehmen können, weil kein Betreuungsplatz da ist; die eine Weiterbildung nicht machen können, weil sie für die Kinder keinen Betreuungsplatz bekommen. Das betrifft nicht wenige in dieser Stadt.

 

Herr Stadtrat, Sie sind dafür zuständig, dass die Jugendwohlfahrt entsprechend den wachsenden Aufgaben auch mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommt. Über den Sport wird meine Kollegin noch sprechen. All die vorhin aufgezählten Versäumnisse betreffen ganz massiv die Lebensrealitäten der Menschen in Wien. Und das, was die Menschen tagtäglich erleben, kann man auch mit viel Geld nicht weginserieren, weil viel eben nicht immer viel hilft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner ist Herr GR Mag Chorherr zu Wort gemeldet. Ich habe 12 Minuten Redezeit eingestellt. (GR Mag Christoph Chorherr, auf dem Weg zum Rednerpult: Vielleicht 15!)

 

11.23.53

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus)|: Meine Damen und Herren!

 

Ich möchte meine Kollegin Wurzer, die heute leider erkrankt ist, entschuldigen. Deswegen darf ich heute bei der Bildungsdebatte einige mir sehr wesentliche Anmerkungen machen. Ich möchte jetzt nicht über Inserate oder das Stadthallenbad reden, sondern mich auf einen

 

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