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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 81

 

uns sehr wesentlichen Bereich, nämlich die Bildung, konzentrieren, der zu Recht im öffentlichen Fokus steht.

 

Worauf Wien zu Recht stolz ist – und das will ich noch einmal, auch im Verhältnis zu den anderen Bundesländern, darstellen –, ist vor allem jener Bereich, von dem man immer wieder draufkommt, wie wesentlich der für die Bildung und die Entwicklung von jungen Menschen ist, nämlich der Kindergartenbereich.

 

Wie hier die Zahlen aussehen, und das ist wirklich mehr als beachtlich, signifikant mehr als in allen Bundesländern, wenn ich vielleicht nur eine einzige Größenordnung darstellen darf: Bei Kinderkrippen, Kindergärten und Horten sind 95 Prozent darauf eingerichtet, dass Mütter und Väter ganztags arbeiten können. 95 Prozent haben wir in Wien! Österreichweit liegt dieser Wert bei 35 Prozent; und in Niederösterreich, wo die ÖVP maßgeblich ist, bei 14 Prozent. Ich erspare mir jetzt, zu sagen, welches Frauenbild dahinterliegt.

 

Ich möchte einen anderen Bereich erwähnen, der sehr wesentlich ist – ich möchte einige wenige Zahlen erwähnen, weil das ja Ausgangsposition ist, auf der wir aufbauen und weiterentwickeln sollen: 33 Prozent der PflichtschülerInnen werden ganztägig betreut. In Österreich-Schnitt sind es 15 Prozent, nicht einmal die Hälfte. In Niederösterreich sind es 10 Prozent.

 

Auch im AHS-Bereich sieht es ähnlich aus, und ich erspare Ihnen jetzt die Zahlen. Das heißt, da gibt es etwas, das immer mehr Menschen zu Recht suchen. Erstens, weil immer mehr Menschen wissen, dass neben einer intakten Familie und der Prägung im Elternhaus es gut und wichtig für die Entwicklung der Kinder ist, in einem Sozialverband aufzuwachsen, dass das eine wesentliche Ergänzung ist. Da kommt man immer mehr drauf, dass aus Bildungsgründen der Kindergarten gut für die Kinder ist, für die Entwicklung.

 

Wien wächst, und das muss man einmal auf die Reihe bringen, auch finanziell. Insofern der Dank – jetzt nicht primär an den Herrn Stadtrat oder die Regierung, sondern auch an SteuerzahlerInnen, die das finanzieren. Jedes Jahr werden in Wien 1 500 Kindergartenplätze neu errichtet. Das muss man einmal „derblasen“! Natürlich gibt es da und dort Engpässe, aber Wien wächst enorm; und die Basis, die, wie ich weiß, in einer sehr guten Kooperation zwischen dem Wohnressort, dem Planungsressort und dem Bildungsressort gegeben ist, sollen wir ausbauen.

 

Ich will aber nicht verhehlen, dass es einen Bereich gibt, über den wir in der Tat nachdenken sollten, der uns aufrütteln soll, und das ist: Vor wenigen Wochen hat Frau Kollegin Brandsteidl, die Stadtschulratspräsidentin wiederum die Ergebnisse des Wiener Lesetests präsentiert. Das ist mutig, denn wenn es solche Ergebnisse gibt, mag die eine oder andere Regierung dahin tendieren, das unter die Decke zu kehren. Wien kehrt das nicht unter die Decke, sondern zeigt, weil das ja nicht zum ersten Mal ist, dass man etwas tun kann.

 

Trotzdem kann uns das nicht unberührt lassen beziehungsweise lässt mich das nicht unberührt. Ich zitiere jetzt aus der Pressekonferenz: „Dass 18,6 Prozent der SchülerInnen der 4. Klasse in der schlechtesten Lesestufe sind und dass 22,4 Prozent der SchülerInnen der 8. Schulstufe in der schlechtesten Lesestufe sind.“ – Zitat Ende.

 

Man kann sich das billig-polemisch machen und sagen, na ja, da sieht man, wie die Schule beieinander ist. Man kann aber auch nachdenken und sich sehr viele Studien im Detail ansehen. Und da ich nicht der Bildungssprecher bin, erlauben Sie mir beziehungsweise möge mir der Herr Stadtrat erlauben, engagiert zu dilettieren: Wir wissen, dass eine wesentliche Entscheidung im Elternhaus passiert. Kinder, bei denen zu Hause vorgelesen wird, deren Familie wirtschaftlich gut dasteht, aber vor allem bei deren Eltern die Bildung gegeben ist und der Wille, diese an die Kinder weiterzugeben, diese Kinder starten in der 1. Volksschulklasse mit einem Riesenvorsprung.

 

Und es gibt eine nicht unbeträchtliche Zahl von, ich nenne sie jetzt mal so, überforderten Eltern. Ich differenziere jetzt nicht nach Herkunft, aber es gibt Kinder aus Elternhäusern, die mit einem riesigen Rückstand in die Schule starten, aus einer Reihe von Gründen.

 

Das führt dann dazu, dass es Kinder in Wien gibt, die hungrig in die Schule kommen. Es ist schwierig. Und es bekennt sich diese Regierung – und ich hoffe, alle hier in dem Haus – dazu, dass es Aufgabe der Schule ist, diese enormen Startnachteile durch das Elternhaus nicht zu verschärfen, sondern sie zu kompensieren. Es ist einfach so auf der ganzen Welt, es war auch immer so, es soll uns aber nicht dabei unberührt lassen, dass sozusagen das erste, das zweite, das dritte Jahr – und ich gehe jetzt da nicht in Klischees mit dem Flachbildschirm versus Vorlesen, aber – in Elternhäusern auch heute noch wesentliche Kinderrechte, wesentliche Möglichkeiten der Entwicklung nicht entsprechend unterstützt werden.

 

Da finde ich die Zahl sehr ermutigend, die die Frau Präsidentin hier genannt hat. Da hat die Frau Leeb … (GRin Ing Isabella Leeb: Da bin ich!) – Das war nicht ganz richtig, was Sie hier gesagt haben, nämlich die 2 Prozent. Es wurde hier etwas versucht, ich darf zitieren: „Es wurden auch jene Schüler getestet, die im letzten Jahr in einer schlechten Lesegruppe waren, denen gezielt Leseunterricht gegeben wurde.“ Zitat Ende. Ich konzentriere mich deswegen so auf das Lesen, weil ich das Lesen für eine Schlüsselkompetenz für alles Mögliche halte.

 

Und nach meiner – und nicht nur meiner – These hat die Tatsache, dass etliche in Mathematik schlecht durchkommen, auch damit zu tun, dass sie die Aufgaben nicht entsprechend lesen können. Lesen ist also eine Schlüsselkompetenz unserer Kultur. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Deswegen ist das viersprachig angegeben!) Ich habe das Gefühl, dass ich in vier Minuten Sie, Herr Kollege Gudenus, nicht überzeugen werde. Lassen Sie mich diesen ermutigenden Vergleich weiterführen.

 

Von jenen, die im letzten Jahr in der schlechtesten Gruppe waren, denen von Seiten der Stadt Wien, auch durch Freiwillige, Stichwort Lesepatenschaften, Unterstützung angetragen wurde, sind 60 Prozent jetzt in einer höheren Gruppe. 60 Prozent! Also was ohnehin klar ist: Ein Kind will lesen und schreiben lernen. Wenn ein Kind

 

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