Gemeinderat, 45. Sitzung vom 18.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 107
publik Deutschland erzielt Überschüsse, Budgetüberschüsse!
Das Bundesland Bayern - um jetzt nicht mit dem Bund zu vergleichen, sondern mit einem Bundesland, meine Damen und Herren - hat übrigens ein Doppelbudget 2013/2014, und dort gilt: Investieren plus Schuldentilgung, nämlich über 500 Millionen in den Jahren 2013 und 2014. Die haben nämlich auch Überschüsse! Also sieht man am Beispiel Bayern: Es schließt sich nicht aus, zu investieren und gleichzeitig auch Schulden zurückzuzahlen, zu tilgen, wenn man es richtig macht. Es geht auch anders!
Vor zehn Jahren hat noch „Der Spiegel“ getitelt - vor zirka zehn Jahren -: „Sind die Österreicher die besseren Deutschen?“ Heute ist es leider, wie man an diesem Beispiel sieht, schon wieder umgekehrt.
Sie haben von drei Eckpfeilern der Wiener Politik gesprochen: Wien wächst, Bildung und Qualifikation, wirtschaftliches Bekenntnis - und da sage ich auch durchaus einmal: Danke! -, Bekenntnis zur Industrie. Das habe ich positiv gefunden, dass das heute so rübergekommen ist. Aber - bei diesen drei Zielen sind wir uns relativ rasch einig, das könnten wir als Ziele genauso unterschreiben, wahrscheinlich alle Parteien hier im Haus - der Weg ist eben verschieden.
Wenn Sie vom Bekenntnis zur Industrie sprechen und gleichzeitig die Dienstgeberabgabe quasi verdreifachen, dann ist das meiner Meinung nach ein sogenanntes Lippenbekenntnis und nicht mehr. Wenn Sie die Wirtschaft fördern wollen, so werden wir uns da auch alle einig sein. Aber siehe dann, in nackte Zahlen gegossen, meine Damen und Herren: Wir haben bei der Wirtschaftsförderung im engeren Sinn den zweitniedrigsten Wert innerhalb der letzten zehn Jahre! Wie gesagt: nur Lippenbekenntnisse, aber keine Taten.
Notenbankpräsident Claus Raidl hat - übrigens gar nicht unähnlich - in einem Zeitungsinterview auch einige Eckpfeiler, die wir in Österreich besonders in Augenschein nehmen oder besonders bearbeiten sollten, eingeschlagen: Bildung, Pensionen, Gesundheitssektor und öffentliche Verwaltung.
Kollege Aichinger hat ja schon Beispiele gebracht, wie man in der Verwaltung sparen könnte. Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass wir in Österreich insgesamt, also Bund, Länder und Gemeinden, zirka 34 Milliarden EUR im Jahr für die Verwaltung ausgeben. Das sind 11 EUR pro Tag für jeden Österreicher, die Kleinkinder mit eingerechnet. Dort lässt sich wirklich noch einiges einsparen und Effizienz steigern, meine Damen und Herren.
Lhptm Pühringer hat gestern in der „Im Zentrum“-Diskussion mehrere Benchmarks in der Verwaltung angesprochen, die es gilt - eben im Median und nicht immer nur Best Case, oder man kann auch den Median hernehmen -, in der Verwaltung umzusetzen. Meine Damen und Herren, das wäre es, was wir uns auch einmal für Wien wünschen würden! Und das wäre es, Frau StRin Brauner, was wir von Ihnen eigentlich wollen: Vorschläge zur Effizienzsteigerung in der Wiener Verwaltung anhand von konkreten Zahlen und Beispielen. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Pensionen: Ja, natürlich auch ein Thema, das uns wahrscheinlich fast ewig beschäftigen wird. Die Ausgaben fürs Pensionssystem sind deutlich stärker gestiegen als angenommen. IHS-Chef Christian Keuschnigg sagt, die Österreicher müssen pro Jahr zwei Monate länger arbeiten.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich finde es manchmal für mich als ASVG-Versicherter mit 49 Jahren fast unerträglich, wenn ich immer höre: Bei den Pensionen gibt es kein Problem. Mir ist völlig klar, ich werde einmal mit meiner ASVG-Pension schon ein Problem haben. Aber was ist mit der Generation der Endvierziger? Uns geht es ja noch allen blendend. Stellen Sie sich einmal vor, wenn wir das System nicht wirklich angehen, was da in Zukunft geschieht mit unseren Kindern und unseren Enkelkindern, meine Damen und Herren!
Wir leben, was das Pensionssystem betrifft, auf Kosten der nachkommenden Generationen. Das muss man ganz deutlich darstellen. Ein Umlagesystem, also ein Solidarsystem, geht nur so lange gut, so lange es ausreichend Einzahlende gibt! Und wir wissen ganz genau, dass diese Relation, diese Schere immer stärker auseinandergeht. Die staatlichen Zuschüsse zum Pensionssystem fressen unseren Handlungsspielraum auf und führen zu wachsender Verschuldung - siehe das, was ich vorhin gesagt habe über die Rückzahlung und den Zinseszinseffekt.
Jeder Unternehmer wüsste eigentlich: Wenn ich etwas jahrelang verschleppe, dann muss ich es ja doch irgendwann einmal zurückzahlen, und dann wird es immer schlimmer. Aber die Pensionen, das Pensionsthema schleppen wir mit Nebelgranaten schon lange mit beziehungsweise schieben wir vor uns her.
Einsparungspotenzial gäbe es auch bei den Subventionen. Ein Rechnungshofbericht sagt sinngemäß, dass das Förderungssystem chaotischer sei, als vermutet. Es stellte sich heraus, zum Beispiel Familienförderung, dass es 117 Förderungsmaßnahmen gibt, 47 im Bund, 70 in den Ländern. Da mag vieles dabei sein, was wahnsinnig sinnvoll ist, was gut ist und was wir alle auch unterschreiben. Nur ist die Frage wieder, was ich vorhin gesagt habe: Effizienzsteigerung. Wer untersucht das? Wer nimmt sich dessen an?
Sie wissen alle, der Rechnungshof hat ja, über das hinausgehend, viele, viele Vorschläge, fast 600, gemacht. Nur wenig davon wurde bisher aufgegriffen.
Thema Sozialversicherungsträger: Da habe ich bisher aus dem Bund, jetzt bei den Koalitionsverhandlungen, auch noch nicht viel gehört. Wie schaut es bei den Einsparungsmaßnahmen im Föderalismus aus? Als gelernter Österreicher frage ich, da jetzt sehr viele Politiker aus den Ländern in den Verhandlungsteams auf Bundesebene sitzen, ob die bei sich selbst einsparen werden. Wer's glaubt, wird selig, meine Damen und Herren!
Also: Vorschläge gibt es en masse. Man muss nur endlich auch wagen, diese heißen Kartoffeln anzufassen. Mit einer „Mikado“-Politik, wie es der „Kurier“ gestern geschrieben hat, werden wir schön langsam nicht mehr
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