«  1  »

 

Gemeinderat, 48. Sitzung vom 30.01.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 63

 

Es ist eine Subvention an einen Verein, der sich sehr für Erziehung und Jugendarbeit, speziell mit Buben, einsetzt. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen heute abermals einen Antrag einzubringen, der hier schon öfters eingebracht wurde, nämlich im Sinne von Mitbürgern, denen weder, sage ich jetzt einmal, entsprechend Erziehung noch Wertschätzung noch Respekt noch Zuwendung zugekommen ist, und das in der Obhut städtischer Einrichtungen. Wir haben im vergangenen Frühjahr hier an dieser Stelle den Abschlussbericht der Helige-Kommission vorgelegt bekommen, und ich möchte Ihnen heute noch einmal eine der abschließenden Empfehlungen in Erinnerung bringen:

 

„Die sehr umfangreichen Recherchen der Kommission haben keinen Zweifel daran gelassen, dass im Kinderheim am Wilhelminenberg schwerwiegendes Unrecht geschehen ist. Das dadurch entstandene Leid macht tief betroffen. Der erste und jedenfalls notwendige Schritt ist eine Entschuldigung an all jene, deren Kindheit durch den Heimaufenthalt zerstört wurde. Es ist unabdingbar, dass die heutigen Repräsentanten der Jugendwohlfahrt aus Politik und Verwaltung das Unrecht und das daraus erwachsene Leid anerkennen und öffentlich um Verzeihung bitten.“

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe im November 2013 einen Antrag bezüglich dieser öffentlichen Versöhnungszeremonie gestellt. Der wurde auch im Ausschuss behandelt. Aus der Beantwortung von StR Oxonitsch – ich weiß jetzt nicht, ob er hier im Raum ist (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Ja!) – haben wir dann erfahren, dass geplant sei, eine bundesweite Zeremonie abzuhalten unter Einbeziehung aller neun Bundesländer, der Kirchen und der zuständigen Bundesinstitutionen.

 

Das Konzept für diese Entschuldigungszeremonie soll bei der nächsten Landesjugendwohlfahrtsreferentenkonferenz von der Stadt Wien vorgelegt und besprochen werden. Ich habe mich dann ein bisschen auf die Reise gemacht: Die nächste Landesjugendwohlfahrtsreferentenkonferenz ist im Herbst 2014, diese Konferenz tagt ein Mal im Jahr. Ich denke, wir können uns alle ausmalen, wie lange es dauert, bis sich neun Bundesländer mit dem Konzept einig werden, bis die dann wieder zurück nach Hause fahren und das in ihren eigenen Landtagen besprechen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, das ist etwas, das man nicht so einfach hinnehmen kann; denn diese Verantwortung, die wir jetzt aktuell als handelnde Politiker haben – zwar nicht für das, was in der Vergangenheit geschehen ist, aber für das, was wir jetzt tun, und wir haben Verantwortung für die Zukunft –, diese Verantwortung kann man nicht auf die lange Bank schieben.

 

Ich möchte auch nicht, dass auf den Rücken von Opfern auf Zeit gespielt wird. Ich frage Sie ganz offen: Haben wir das als Stadt Wien notwendig, dass wir das auf die lange Bank schieben, oder würde es uns nicht gut anstehen, uns bei der Nase zu nehmen und als Stadt Wien eine Vorreiterrolle zu übernehmen? Wollen wir die Sache aussitzen, weil es unangenehm ist? Ich weiß es nicht. (Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch!) Herr Oxonitsch, ich bin nicht Politikerin in Tirol, und ich frage mich: Warum kann die Stadt Wien hier nicht eine Vorreiterrolle übernehmen? Herr Oxonitsch, Sie machen sich als amtsführender Stadtrat sicher nicht unbeliebt, wenn Sie als amtsführender Stadtrat hier in Wien eine offizielle Versöhnungszeremonie abhalten. Das brauche ich nicht gemeinsam mit allen anderen zu machen. Denn wann können Sie mir sagen, dass wir uns da einig werden? (Weitere Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch.) Ich halte das für ein Hinauszögern und ein taktisches Aussitzen. Noch einmal, keiner, der heute von uns hier im Gemeinderat sitzt, hat Verantwortung für das, was in der Vergangenheit passiert ist; aber wir haben heute die Verantwortung dafür, dass wir mit den Opfern der größten menschlichen Tragödie der Zweiten Republik so umgehen, wie es ihnen angemessen ist.

 

Da reicht es nicht – und das ist in der Helige-Kommission auch festgestellt worden –, sie finanziell abzugelten oder therapeutische Nachbehandlungen zu ermöglichen. Das ist wichtig, aber damit kann man sich von seiner Verantwortung nicht freikaufen. Die Geschädigten, die Opfer sind Menschen, die man nicht irgendwohin zu einer gemeinsamen Aussprache einlädt, das sind Menschen, denen Unrecht geschehen ist.

 

Ich stelle daher gemeinsam mit meinen Kolleginnen Mag Ines Anger-Koch und Mag Barbara Feldmann den Antrag, „binnen Jahresfrist offiziell und in angemessener Form eine entsprechende Zeremonie für die Opfer der Wiener Kinderheime durchzuführen.“ (Beifall bei der ÖVP)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.

 

15.25.06

Berichterstatter GR Heinz Vettermann|: Vielen Dank. Es wurde ja schon richtig berichtet, dass der Antrag schon öfter gestellt worden ist, dass wir das auch im letzten Ausschuss diskutiert haben unter dem Punkt Allfälliges. Da wurde klargestellt: Wien steht der Idee, sich zu entschuldigen, positiv gegenüber. Es wurde aber mit allen anderen Bundesländern vereinbart, dass sich die Landesjugendwohlfahrtsreferenten eine gemeinsame Zeremonie überlegen; und daran, glaube ich, kann man sich halten. Noch dazu sollte da die Wiener Zusage auch gelten.

 

Wenn man sagt, na gut, aber da wird ja nix werden, denn die fahren erst wieder zu den Ländern, und so weiter, dann muss man sagen: Bei vielen solchen Übereinkünften und Vereinbarungen gibt es ja vorher auch schon Absprachen, sodass man es dann dort nur endgültig beschließt und dann gleich umsetzen kann, und nicht ein ständiges Hin und Her.

 

Daher habe ich die Sorge persönlich nicht, auch wenn ich nicht weiß, was da genau rauskommt. Ich bin der Meinung, dass diese logisch nachvollziehbare Vorgangsweise von uns unterstützt werden soll. Daher bitte ich, diesen Antrag aus diesem Gesichtspunkt, wiewohl positiv zur Entschuldigung stehend, nicht anzunehmen. – Vielen Dank.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular