Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 80
Europa zu diskutieren. Ich gestehe, für uns, die wir nicht öfters hier sitzen, ist der Unterschied zwischen Landtag und Gemeinderat auf die Schnelle schwer erkennbar. Aber ich freue mich auf jeden Fall, hier zu sein und mit Ihnen diese wichtigen Themen - was nämlich heißt Europa für Städte, was heißt es für Wien? - zu diskutieren, besonders vor der anstehenden Europawahl.
Was wir derzeit in den Städten, in den Regionen, aber auch europaweit erleben, ist, dass diese europäische Idee, die vor Jahrzehnten aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges geboren wurde, wo klar gesagt wurde, wir wollen zusammenarbeiten, um neuerliche Konfrontationen zu verhindern, derzeit in Gefahr ist. Viele Menschen in diesem Europa haben Angst um ihre Zukunft, Angst um die Zukunft ihrer Kinder. Viele junge Leute fürchten sich vor der massiven Jugendarbeitslosigkeit, die sich in den letzten Jahren auf Grund von falschen Lösungsansätzen zugespitzt hat. Es waren ja nicht wirklich Lösungsansätze, sondern falsche Entscheidungen, die getroffen wurden. Es gibt so viele Jugendliche in ganz Europa, die nicht wissen, wie ihre Zukunft aussehen wird. Die jetzige Generation ist seit Ende des Zweiten Weltkrieges die erste, die keine oder ganz wenige Zukunftsperspektiven hat und die nicht sicher sein kann, dass ihre Zukunft besser oder zumindest so gut wird, wie die ihrer Eltern war. Das ist etwas, wo wir gefragt sind - in den Städten, in den Ländern und in der gesamten EU. Wir haben, und dazu werde ich Ihnen dann einige Beispiele nennen, im Europaparlament tatsächlich auch Dinge beschlossen, die zukunftsweisend für die Städte sind.
Aber noch einmal zurück zu dieser Bedrohung dieser europäischen Idee. Wer sind es, die sie bedrohen? Zum einen sind es Konzerne und Lobbyisten mit Zugang zu Abgeordneten, mit Zugang zur Kommission oder mit Zugang auch zu anderen Entscheidungsträgern. Deshalb geben sie den Ton an und machen klar, dass Profite im Vordergrund stehen und nicht Regelungen, die den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen. Es ist die Finanzindustrie, die immer noch nicht genügend an die Leine genommen wurde. Ja, wir haben es jetzt im Europaparlament geschafft, die Schritte zu einer Bankenunion zu gehen. Zu einer Bankenaufsicht, zu einem Fonds, in den die Banken selber einzahlen sollen und nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür haften müssen, wenn die Banken spekulieren und damit ganze Regionen, Städte und Länder in Gefahr bringen. Das sind die, die schuld an dieser Bedrohung dieser Idee sind. Aber es sind auch jene, die glauben, dass sie zum Teil mit Gewalt gegen dieses europäische Projekt vorgehen können. Es gibt auf diesem Kontinent auch - und das Wort muss man in dieser Deutlichkeit sagen - „faschistoide Gruppierungen“, die antreten, um ins Europaparlament zu kommen oder zum Teil schon drinnensitzen. Wir haben etwa Leute von Jobbik im EP. Es will jetzt auch noch die sogenannte „Goldene Morgenröte“ aus Griechenland ins Europaparlament - welch grauenhafter Name oder welch grauenhafter Name für das, was sie wirklich ist, nämlich eine Partei, die mit Gewalt gegen Leute vorgeht, die anders aussehen, gegen Flüchtlinge, die Schutz in Griechenland und anderswo suchen. Und dann gibt es solche, die genauso an dieser europäischen Idee nicht nur zweifeln, sondern sie eigentlich abschaffen wollen, und das sind unter anderem die Damen und Herren der Freiheitlichen Partei. (GR Mag Wolfgang Jung: Na bitte!) Na, sagen Sie nicht, bitte. Was machen Sie? Sie beziehungsweise Herr Mölzer sind diejenigen, die hergehen und sagen, das Nazi-Reich war viel weniger bürokratisch als die Europäische Union, noch dazu sogar liberaler. Ja, ist das nicht ein Skandal, ein Skandal, der seinesgleichen sucht! Da sieht man, wes Geisteskind Herr Mölzer und andere Ihrer Fraktion von den Freiheitlichen sind. (GR Mag Wolfgang Jung: Die Bürger empfinden ganz andere Sachen, Frau Kollegin! – Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Die Bürger ... Herr Jung, Sie werden jetzt nach mir das Wort ergreifen und dann werden Sie wohl diesem Saal erklären, dass die Bürger alle finden, dass die Nazis liberaler waren als die EU. Na, vielen Dank! (GR Mag Wolfgang Jung: Was die Bürger finden, ist, was Sie nicht oder falsch machen! Das werden wir Ihnen erklären, Frau Kollegin! – Aufregung bei der FPÖ.) Das ist Ihre Geisteshaltung, und Sie sind die Ewiggestrigen, die hier zu Tage treten. Es ist ganz klar, wo Sie stehen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Sie gehören zu den Ewiggestrigen. Sie sind diejenigen, die sich nicht von dem distanzieren, was Ihr früher, früher, früher, früher Vorsitzender Haider einmal gesagt hat, nämlich das von der ordentlichen Beschäftigungspolitik des Nazi-Reiches. Sie stehen immer noch auf diesem Boden und nicht auf dem Boden der Demokratie, weder in Österreich noch innerhalb der EU, wenn Sie die EU so bezeichnen. Das ist ein Skandal! Das sind diejenigen Gruppen, die diese europäische Idee bedrohen neben all den anderen, die ich schon erwähnt habe. Und wissen Sie noch was? Diejenigen, die in den letzten Monaten in der Ukraine am Majdan gegen das Oligarchenregime protestiert haben, die es dann geschafft haben, dass in der Ukraine ein neuer Weg begonnen werden soll, die träumen von den europäischen Ideen, die träumen von diesen Ideen, von Vielfalt, von Durchsetzung von Menschenrechten, von Minderheitenrechten, von Frauenrechten. (GR Mag Wolfgang Jung: Die Leute schon, aber diese Regierung nicht!) Die träumen von einem System, wo jeder und jede sagen dürfen, was er oder sie will, ohne gleich eingesperrt zu werden. Die träumen davon, dass ihre Oligarchen sich endlich nicht mehr auf Grund von Privatisierungen bereichern und öffentliche Gelder nicht mehr in deren Taschen fließen. Die träumen davon, dass sie in einem freien Europa leben. Es stimmt schon und ich weiß auch, dass in der neuen Regierung in der Ukraine einige drinnensitzen, die zu den Rechtsextremisten gehören und die nicht in diese Regierung gehören. Die Europäische Union macht aber auch klar, dass das nicht die sind, die tatsächlich was Neues schaffen wollen. Aber die Bevölkerung, die will, dass es was Neues gibt (GR Johann Herzog: Die Oligarchen sind Teil des neuen Regimes!), die ist es, die zu unterstützen ist. Und das sind die, die noch träumen von einem neuen Europa.
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