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Gemeinderat, 52. Sitzung vom 29.04.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 79

 

zweitens geht das Geld nicht mehr an den Verein, sondern an die Gesiba, weil offensichtlich, und das steht auch im Kontrollamtsbericht, sind die Herrschaften nicht einmal in der Lage, die laufenden Unkosten, wie Miete, zu decken. Und so ist es. (GR Dominik Nepp: Besetzt, aber zahlt!) Das Geld für die Miete geht an die Gesiba. Das heißt, wir spielen Taschl in Taschl, aus dem einen Taschl in das andere Taschl. Wie wäre es, wenn sich die Gesiba einen finanzkräftigen Mieter sucht und man das Geld, das man diesem Verein seit über 30 Jahren nachwirft, zeitgemäßeren Kultur-, Sozial- und Bildungseinrichtungen zukommen lässt? Deshalb stellen wir heute den Beschlussantrag:

 

„Der Wiener Gemeinderat spricht sich für die Streichung der Subventionsmittel des Kulturvereins Spittelberg im Amerlinghaus aus. Die Mittel sollen anderen, zeitgemäßeren Kultur-, Sozial- und Bildungsinstitutionen und Vereinen für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt werden.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.“ (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Wir werden diesem Subventionsakt nicht zustimmen.

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau GRin Hebein. Ich erteile ihr das Wort.

 

15.33.37

GRin Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus)|: Werter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Amerlinghaus: Worum geht es konkret, meine sehr geehrten Damen und Herren? Ganz einfach, unsere Demokratie ist doch angewiesen auf starkes, engagiertes, zivilgesellschaftliches Umfeld. Dafür braucht es Räume. Deshalb ist das Amerlinghaus für die Stadt Wien ein sehr bedeutsamer Ort. Ganz einfach! (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Buh!)

 

Weiters ist es so, dass natürlich Rot-Grün möchte (GR Mag Wolfgang Jung: Der Kollege Schuster verkrampft sich schon!), dass das Amerlinghaus bestehen bleibt. Heute beschließen wir hoffentlich gemeinsam eine Subvention, den ersten Teil, um das gesamte Haus aufrechtzuerhalten. Ich bin zuversichtlich, dass die Gespräche mit dem Kulturverein Amerlinghaus gemeinsam mit der MA 13 im Auftrag von StR Oxonitsch bald zu einem positiven Ende kommen. Es ist ganz wichtig, dass ausreichend finanzielle Grundausstattung zur Verfügung gestellt wird.

 

Warum? Das Amerlinghaus ist ein Begegnungsort (GRin Uta Meyer: Für Hausbesetzer!), ein interkulturelles Zentrum, wo mehr als 60 Initiativen aktiv sind, und zwar zwischen Jung und Alt. Da geht es um Vielfalt. Da geht es um Interkulturalität. Es ist niederschwellig und leistbar für sehr viele Initiativen, für sehr viele Menschen, die sich dort begegnen. (GR Mag Wolfgang Jung: Linksradikale!) Da geht es um Kultur, um Musik, um Veranstaltungen, um Aktionismus, um Filmprojekte, um Workshops, eine Palette, eine Bandbreite.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 50 000 Menschen gehen jährlich ein und aus im Amerlinghaus. 50 000 Menschen nützen das Amerlinghaus (GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Wofür denn?), und das generationsübergreifend. Ich muss ehrlich sagen, fast ist die Aufregung von ÖVP und FPÖ amüsant! Was Sie halt absolut nicht packen, ist, dass in einer Stadt wie Wien einfach nichtkommerzielle Räume zur Verfügung gestellt werden. Das können Sie in Ihrer Verwertungslogik nicht aushalten.

 

Natürlich finden im Amerlinghaus auch Initiativen statt, die systemkritisch sind. Willkommen in der Demokratie, werte Opposition! Halten wir das nicht aus? (GR Mag Wolfgang Jung: Wir kritisieren nur, Frau Kollegin! Wir regen uns nicht auf!) Halten Sie das in Ihrer Verwertungslogik nicht aus, dass alles kommerziell sein muss? In unserer Stadt ist so etwas ganz einfach möglich.

 

Natürlich braucht so ein riesiges Haus auch Angestellte, die den ganzen Betrieb koordinieren und aufrechterhalten. Vier Personen sind angestellt, eine Ganztagskraft, eine Reinigungskraft, und drei Teilzeitkräfte, die das Gesamte organisieren.

 

Schauen Sie, bei der FPÖ wundert es mich nicht. Natürlich passiert dort antirassistische, antifaschistische Arbeit. Dort begegnen sich Holocaust-Überlebende und erzählen Jugendlichen über ihre Erfahrungen. Dass das eine FPÖ nicht aushält, sobald Sie die Wörter Vielfalt, Antirassismus und Antifaschismus hört, ist kein Wunder! Von dieser Angst- und Hetzpolitik und dem Auseinanderdividieren von Menschen lebt die FPÖ ja. Aber dass sich die ÖVP hier süffisant hinstellt und diverseste Initiativen heruntermacht, nur weil es ihrer wirtschaftlichen Logik nicht entspricht, verwundert das ein Stück weit.

 

Außerdem bitte ich Sie, wenn Sie hier schon sprechen, sprechen Sie auch sachlich über den Kontrollamtsbericht! Es gibt inzwischen zwei davon. Ja, es gab eine Gebarungsprüfung des früheren Kontrollamts, jetzt Stadtrechnungshof, zwischen 2006 und 2009. Wie bei vielen Vereinen wurde natürlich auch dieser Verein angehalten, für Verbesserungen zu sparen und mehr Einnahmen zu lukrieren. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist es ja! Weil Sie es nicht kontrollieren!) Das ist der eine Punkt. Ja, es sind auch Fehler passiert, überhaupt keine Frage. Da gibt es nichts schönzureden. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, aus dem Kontrollamtsbericht und auch aus der Nachprüfung 2011, dass das Kontrollamt eine positive Bereinigung festgehalten hat, dass das Kontrollamt ganz klar festgehalten hat, dass es keinen Schaden gegeben hat! Nehmen Sie dies sachlich zur Kenntnis! Das ist laut Kontrollamtsbericht. Ich habe ihn in der Nacht noch einmal durchgearbeitet. Also seien Sie wenigstens, wenn Sie es politisch nicht ertragen, dass es so etwas gibt, korrekt!

 

Aber was heißt das noch einmal konkret? Ich werde es jetzt an ein paar Beispielen aufzeigen, weil es mir wichtig erscheint.

 

Das eine ist, es gibt eine Person, das ist Ceija Stojka, die eine wahnsinnig klasse engagierte Frau war, eine Romni, eine Holocaust-Überlebende, die das KZ überlebt hat. Sie hat jahrelang im Amerlinghaus Jugendlichen ihr Wissen weitergegeben, Jugendliche gestärkt, alles zu hinterfragen, Jugendlichen vermittelt, dass es wichtig ist, aus der Vergangenheit zu lernen. Das ist ein Punkt. So etwas war und ist im Amerlinghaus möglich.

 

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