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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.05.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 75

 

Anliegen an die Stadt Wien oder an das Land Wien zu richten. Ich appelliere an die Wienerinnen und Wiener, sich nicht entmutigen zu lassen und weiterhin vom Petitionsrecht ganz stark Gebrauch zu machen.

 

In diesem Sinne möchte ich mich noch einmal abschließend auch bei der MA 26 und bei der MA 62 für die ausgesprochen gute Arbeit und den schönen ersten Bericht bedanken und freue mich auf eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit. Vielleicht kann sich der Petitionsausschuss ja auch noch ein bisschen in die Richtung entwickeln, dass auch die Opposition ein bisschen mehr Möglichkeiten hat, sich hier konstruktiv einzubringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und von GR Anton Mahdalik.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Kickert. Ich erteile es ihr.

 

13.44.36

GRin Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren und ZuhörerInnen auf der Zuschauergalerie! Wir kennen uns ja größtenteils persönlich aus den unterschiedlichsten Anliegen.

 

Heute haben wir also den Bericht über das erste Arbeitsjahr des Petitionsausschusses vorliegen. Dazu ein bisschen eine Ergänzung zu den aufgezählten Zahlen von Frau Kollegin Holdhaus. Wir haben von den insgesamt 22 in Behandlung genommen Petitionen 16 abgeschlossen. Und weil es in vielen unterschiedlichen Publikationen – so nenne ich das jetzt einmal – immer so dargestellt wird, dass es nur bei zwei Petitionen Empfehlungen gegeben hätte, möchte ich schon der Form halber erwähnen, dass bei vier weiteren Petitionen die Behandlung abgeschlossen werden konnte, weil die Anliegen dieser Petitionen zum Teil oder sogar vollständig übernommen werden konnten. Also wenn wir jetzt die Frage in einer Positiv-Negativ-Skala einschätzen, dann können wir sagen, von 16 Petitionen wurden 6 positiv, nämlich wirklich im Sinne der PetitionswerberInnen, umgesetzt, und das sind immerhin 37,5 Prozent. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass Petitionen an den Gemeinderat ja hauptsächlich zu Verfahren oder zu Entscheidungen gerichtet werden, für die in der Politik oder in der Verwaltung schon eine bestimmte Entscheidung getroffen worden ist, also sich gegen etwas richten, dann muss man das in diesem Lichte betrachtet schon auch als Erfolg sehen. Vor allem dann, wenn unter zehn Petitionen, die ich jetzt noch nicht behandelt habe, eine ist, die etwas eingefordert hat, was bereits rechtlich besteht, also bestätigt bekommen hat, das Recht ist da und wird nicht geändert, und eine Petition die Einhaltung von Bestimmungen in einem Bauverfahren kritisiert beziehungsweise angezweifelt hat und festgestellt werden musste, dass diese Bestimmungen sogar durch die weisungsungebundene Bauoberbehörde Wien bestätigt worden sind. Das heißt, in Summe sind acht Petitionen abgeschlossen worden, ohne die Ziele, die in der Petition vertreten worden sind, so umsetzen zu können, wie die Petentinnen und Petenten sich das gewünscht hätten.

 

Dazu möchte ich jetzt ausführen, was aus meiner Sicht das Petitionsrecht kann und können soll. Das Petitionsrecht ist aus meiner Sicht kein Instrument, um vermutete Rechtswidrigkeiten aufzudecken oder zu untersuchen. Falls bei der Behandlung einer Petition so etwas auftauchen sollte, hat der Ausschuss natürlich das Recht, Empfehlungen auszusprechen, aber das Instrument dafür ist die unabhängige Staatsanwaltschaft.

 

Das Petitionsrecht ist auch kein Instrument, um den ordnungsgemäßen Ablauf von Verfahren der Verwaltung zu prüfen. Dafür gibt es den Stadtrechnungshof, den Rechnungshof, es gibt dazu auch den Kontrollausschuss des Gemeinderates. Das ist ein Irrtum, der, finde ich, in der Definition offensichtlich sehr häufig vorkommt.

 

Das Petitionsrecht ist weiters auch kein Instrument der direkten Demokratie, wie so oft behauptet wird. Es ist zwar ein Recht, in Form dieses neu bestehenden Petitionsgesetzes an einen neu gegründeten Ausschuss ein Anliegen, eine Idee und eine Kritik einzubringen, aber unter direkter Demokratie verstehe ich Instrumente, die in Entscheidungsverfahren Sachfragen entscheiden. Das ist das Instrument des Petitionsrechtes nicht. Zur Klarstellung: Ein Referendum, Initiativrechte oder Volksentscheide sind Instrumente der direkten Demokratie. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir in der öffentlichen Diskussion nicht immer alles miteinander vermischen würden, schon gar nicht dann, wenn es sich um ungerechtfertigte Kritik am Petitionsausschuss handelt.

 

Also das Petitionsrecht ist, wie gesagt, ein Instrument für die BewohnerInnen Wiens, ihre Anliegen, Wünsche und Kritik zu allen Angelegenheiten der Verwaltung der Gemeinde inklusive der Bezirke einzubringen, und ich bin froh, dass wir diese Form der Behandlung vor einem Jahr eingeführt haben, dass wir neben dem bestehenden demokratischen Grundrecht auf Petitionen in Wien eine zusätzliche spezielle Form geschaffen haben.

 

Und ja, Frau Kollegin Holdhaus, ich stehe dazu, dass der Petitionsausschuss kein Wunschkonzert ist, nicht im Sinne von „Sie wünschen, wir tanzen.“ Das, was der Petitionsausschuss machen soll, ist, diese Anliegen, egal, von wem sie stammen, und egal, wie elaboriert sie ausgeführt sind, aufzunehmen, zu beraten und zu sehen, was davon im Sinne der gesamten Stadt, im Sinne der Allgemeinheit umsetzbar ist. Das heißt nicht, dass ich die Anliegen von Einzelpersonen oder von Gruppen nicht anerkenne, es geht nur auch darum – und das ist meine Aufgabe als Politikerin –, diese Anliegen abzuwägen gegenüber auch anderen Anliegen oder auch anderen öffentlichen Bedürfnissen und Vorteilen in der Stadt.

 

Selbst wenn die Frau Holdhaus zitiert hat, dass leider nicht die Sache, sondern nur die Partei im Vordergrund stünde, dann weise ich das von meiner Seite her ganz strikt zurück. Ich behandle tatsächlich jedes Anliegen, egal, von wem es eingebracht wird, so objektiv wie möglich. Wir haben im Petitionsausschuss sogar sehr bald, nämlich, soweit ich mich erinnere, in der zweiten Sitzung, die Petition betreffend eine Befragung der gesamten Bevölkerung des 6. und 7. Bezirks zur Mariahilfer Straße mit einer Empfehlung abgeschlossen. (Zwischenruf von GR Armin Blind.) Nein, war es nicht! Das war im Mai des betreffenden Jahres. Wann haben wir den Beschluss gefasst? Im Dezember letzten Jahres. Also das war sechs Monate später. Das heißt, die Empfehlung des

 

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