Gemeinderat, 54. Sitzung vom 24.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 81
Frauen aus Platzgründen abgewiesen werden. Alleine dafür würden wir ein höheres Budget brauchen. Angesichts dieser Tatsache sollte auf Seiten der Stadt die Freude über diesen Rechnungsabschluss enden wollend sein. Es ist auch an der Zeit, dass wir hier endlich Statements setzen und neue Frauenpolitik beginnen, weil - und ich komm nachher ein bisschen darauf zurück - in allen anderen Ländern hier weitergegangen wird, ob das jetzt in Deutschland ein neuer Gesetzesentwurf zur Quotenregelung ist, der wieder eine gewisse Betreuungseinrichtung erfordern wird, wenn nicht darauf vorbereitet wird, et cetera. Also wir bleiben seit vielen, vielen Jahren auf einem Niveau stehen, das längst nicht mehr zeitgerecht ist. Wir müssen einfach beginnen, uns den Dingen anzunähern, die mittlerweile europaweit Fakt sind.
Ich komme jetzt aber zu einer Gruppe von Frauen, die unter der jetzigen Situation besonders leiden, und das sind die Alleinerzieherinnen, wo jede dritte armutsgefährdet ist. Ich meine, das klingt jetzt vielleicht so oder viele lächeln darüber: Alleinerzieherinnen und armutsgefährdet, und die jammern, und ich weiß nicht. Aber man muss sich das einmal überlegen: Jede dritte Frau, die ihre Kinder allein erzieht, und die Zahl ist steigend, ist armutsgefährdet. Es hängt halt unter anderem schon damit zusammen, dass erstens einmal in der Stadt Wien die Gebühren und die Kosten natürlich ständig steigen, aber auch damit, dass die Rahmenbedingungen fehlen. Daher wäre es zwar schön, wenn Wien eine soziale Stadt wäre, aber diese Zahlen zeigen mir, dass es eben leider keine soziale Stadt ist. Ich denke mir immer, und ich sage das jetzt einfach mal so ins Gewissen von jedem: Wie kann eine Gesellschaft sich gut fühlen, wo die Mütter, die Kinder erziehen, dazu auch noch arbeiten müssen. Die Lebensverhältnisse sind halt heutzutage so, dass nicht mehr jeder in einer Ehe lebt oder einen Partner hat, der versorgend ist. Wie kann man mitansehen, dass Frauen, die Kinder groß ziehen, egal, ob eins, zwei oder drei, letztendlich in der Armut enden? Das ist, und ich meine, da brauchen wir gar nicht über irgendwelches Wohnen oder über irgendwelche Einkaufsstraßen oder solche G’schichteln reden, ein basisgesellschaftliches Thema. Wenn wir das nicht erledigt haben, sind wir einfach keine reife Gesellschaft. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich hab hier schon öfter, und ich mache es heute wieder, ein Maßnahmenpaket für Alleinerzieherinnen eingebracht und bringe auch heute einen Beschluss- und Resolutionsantrag gemeinsam mit meinen KollegInnen Isabella Leeb, Ines Schneider und Dr Ulm ein, und zwar noch einmal. Die Anzahl der Menschen in diesem Land, die von Armut oder Ausgrenzung gefährdet sind, ist nämlich viel höher als angenommen: 1,5 Millionen Menschen. Vielleicht definiere ich einmal, was armutsgefährdet ist: Das sind allein lebende Menschen, die weniger als 1 090 EUR im Monat zur Verfügung haben. Dann werden noch 327 EUR für ein Kind unter 14 dazugerechnet und für jeden weiteren Erwachsenen 545 EUR. Frauen stellen in allen europäischen Dokumentationen und nationalen Berichten die armutsgefährdeten Risikogruppen dar, und das sind insbesondere Alleinerzieherinnen mit 39 Prozent. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass ja dann auch diese Kinder armutsgefährdet sind. Die armutsgefährdeten Frauen haben natürlich, wenn sie Mütter sind, Kinder, die auch in der Armut leben. Das heißt, was bedeutet so etwas eigentlich? Wie geht’s diesen Menschen? Die sind ausgeschlossen, isoliert, verzweifelt, und kaum in der Lage, sich aus dieser Situation zu befreien. Das bedeutet auch permanenten Stress, weil unerwartete Ereignisse wie Notfälle, und das kann schon eine gebrochene Wasserleitung oder irgendein Auto, das zur Reparatur muss, sein. Das ist ein kaum bewältigbares Problem. Und viele haben dann auch noch das Thema, dass sie das auf ihr eigenes persönliches Versagen zurückführen. Es ist aber selten, und das zeigt sich auch in allen Studien, auf ein persönliches Versagen zurückzuführen. Dazu zählt natürlich auch, dass wir es auch nicht geschafft haben, den Equal Pay Day zu verwirklichen, das heißt, dass Frauen gleichviel wie Männer verdienen. Es ist ja noch immer eine Einkommensschere da, die sehr hoch ist, sagen wir jetzt einmal um die 20 Prozent, mal ist es ein bissel mehr, mal ein bissel drunter. Man glaubt nämlich immer, und auch das ist der Irrtum, dass es darum geht, dass das in nicht vergleichbaren Jobs ist oder die Teilzeit und die Vollzeit hier umgerechnet werden. Nein, das ist auf Vollzeitäquivalente gerechnet und ist daher absolut vergleichbar. Wir haben Handlungsbedarf. Eines Tages werden sie meinen Einkommensanwalt doch noch umsetzen.
Aber jetzt zu meinem Beschlussantrag hier in diesem Bereich zur Bekämpfung der Armutsgefährdung bei Frauen, speziell Alleinerzieherinnen, der Antrag, den wir jetzt auf Zuweisung umgeändert haben. Das Programm, das hier erarbeitet werden soll, soll binnen Jahresfrist erstellt werden und es soll dem Gemeinderat eben ein Mal jährlich über die gesetzten Maßnahmen berichtet werden. Diesen Antrag bringe ich jetzt einmal ein, das Maßnahmenpaket für Alleinerzieherinnen. (Beifall bei der ÖVP.) Danke.
Ich habe auch einen zweiten Antrag, der jetzt genau auf den hauptsächlichen Grund eingeht, das ist die Vereinbarkeit, weil in allen Studien international, europaweit, national - und ich habe mir jetzt wirklich viele angesehen - der springende Punkt gegen Armut und für die Vereinbarkeit die Verfügbarkeit von Betreuungseinrichtungen ist, und zwar nicht von irgendwelchen, sondern von qualitativ hochwertigen und flexiblen. Das heißt, das ist für uns noch nicht umgesetzt. In Wien haben wir diese Möglichkeit auch noch nicht. Man muss einfach den Hut vor allen Familien oder Frauen ziehen, die alleinerziehend sind und sich trotzdem für Kinder entscheiden. Wir sind noch keine Stadt für Eltern, weil die Betreuungssituation noch immer eine Katastrophe ist, auch wenn Sie sagen, Sie sind besser als alle anderen Bundesländer. Aber vergleichen wir uns nicht damit, vergleichen wir uns einfach mit anderen Metropolen oder vergleichen wir uns gar nicht und gehen einfach nur auf diese Zahlen ein, die wir haben (Beifall bei der ÖVP.), und sagen, wir wollen diese Zahlen verbessern. Da brauchen wir uns nicht mit anderen, die schlechter sind, vergleichen, sondern sagen wir einfach: Das, was ist, ist nicht gut, noch nicht gut
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