Gemeinderat, 55. Sitzung vom 25.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 94
nimmt, da die MA 56 in dieser Hinsicht öffentlichen Schulen, nicht Schulen privater Träger unter die Arme greift. Dort sitzen aber nicht nur Millionärskinder, wie Sie wissen. Wie rechtfertigen Sie das bitte den Eltern von 42 000 Wiener Kindern in Schulen privater Träger gegenüber? Sagen Sie da, das sind Kinder zweiter Klasse? Oder was ist das für uns?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Christian Oxonitsch: Zunächst einmal übernimmt gerade Wien auch für viele private Träger Leistungen, die weit über das erforderliche Maß hinausgehen. Sie wissen, dass zum Beispiel im Bereich der vor etwa einem Jahr beschlossenen Investitionskostenzuschüsse Wien Leistungen auch für private Träger übernimmt. Vor allem im konfessionellen Bereich, aber durchaus auch in einzelnen Schulprojekten werden immer wieder Leistungen übernommen, die weit über das erforderliche Maß und über den Zuständigkeitsbereich hinausgehen. Wir bekennen uns durchaus dazu, dass auch private Schulen eine wesentliche ergänzende Maßnahme sind beziehungsweise eine, die im städtischen Bereich selbstverständlich auch ihre Legitimation und Bedeutung haben.
Trotzdem, gerade auch auf Grund der Tatsache, dass wir da vor dem sozioökonomischen Hintergrund Zuteilungen vornehmen, und auf der anderen Seite es hier trotzdem auch unmittelbar eine klare Zuständigkeit gibt, nämlich für das öffentliche Schulwesen in meinem Verantwortungsbereich, nehme ich diese Verantwortung für das öffentliche Schulwesen wahr. Gleichzeitig wissen wir, dass gerade private Schulträger erfreulicherweise mehrheitlich Ganztagsschulmodelle beziehungsweise Modelle mit ganztägiger Betreuung sind, was auch unserem pädagogischen und politischen Anspruch entspricht. So kommt es, dass in diesem Bereich Förderungen wesentlich weniger notwendig sind. Daher haben wir uns das öffentliche Schulwesen als Schwerpunkt gesetzt.
Schwerpunktsetzungen muss man in der Politik manchmal machen, nämlich im Rahmen dessen, was ökonomisch möglich und machbar ist und uns andererseits sinnvoll erscheint. Deshalb ist es für uns wichtig, in diesem Bereich des öffentlichen Schulwesens das Fördermodell einzuführen, also eine gerade sozioökonomische Indexierung der Zuteilung vorzunehmen. Denn wenn wir ehrlich sind, können wir, glaube ich, durchaus einig darüber werden, dass im öffentlichen Schulbereich ein größerer Handlungsbedarf besteht als wahrscheinlich in der einen oder anderen Privatschule.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die nächste Zusatzfrage stellt GR Ellensohn. – Bitte.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Stadtrat! Wir sind uns ja einig darüber, dass wir uns ein anderes Bildungskonzept von Österreich von Seiten des Bundes wünschen würden, zum Beispiel mehr Ganztagsschulen. Dann könnten die Kinder die Nachhilfestunden in der Schule absolvieren beziehungsweise im normalen Unterricht. Das kann man sich wünschen, das können wir hier nicht beschließen. Also hilft man aus mit diesen 18 bis 20 Millionen EUR. Das ist vom Ansatz her eine gute Idee.
In den Tageszeitungen von heute steht überall angesichts der Zeugnisse, die jetzt kommen, dass die Leute, die Fünfer haben, geschlechtergemäß nicht ganz gleichmäßig verteilt sind, sondern dass die Burschen wesentlich stärker betroffen sind. Jetzt erinnere ich mich an meine eigene Schulkarriere und verstehe das aus mehreren Gründen. Auch in meiner Klasse war es so. Ich musste ohne Nachhilfe auskommen; aber nicht, weil ich sie nicht gebraucht habe, sondern weil sie niemand bezahlen konnte, aber das ist wieder ein anderer Kaffee. Wird irgendwie darauf Rücksicht genommen, dass die Burschen wesentlich mehr „Nicht genügend“ nach Hause bringen? Ich habe nämlich auch drei und konzentriere mich schon darauf, das in Zukunft zu verhindern. (Allgemeine Heiterkeit.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Christian Oxonitsch: Also man könnte jetzt durchaus unterstellen, ich hätte das Fördermodell deshalb gemacht, weil ich durchaus auch zu jenen gehört habe, die das eine oder andere Mal mit Nachprüfungen oder Ähnlichem konfrontiert waren, aber das ist nicht der Hintergrund. Dafür ist das schon zu weit weg, meine eigenen Erfahrungen habe ich im Großen und Ganzen schon verdrängt.
Trotzdem, ein wesentlicher Bereich besteht für uns darin, das Fördermodell – jetzt vor allem im Volksschulbereich, aber dann natürlich auch im Bereich der NMS und der AHS-Unterstufe – durch Kommunikation der Lehrerschaft näherzubringen. Das heißt, dass der Lehrer und die Lehrerin die Entscheidung treffen und die Motivation aussprechen, dass das Kind den Förderunterricht wahrnehmen soll.
Insofern verstehe ich nicht, warum man zwischen Förderunterricht und Nachhilfe unterscheidet. Wollte ich auch nur sagen. Ich habe mir gestern Homepages diverser Nachhilfeinstitute angeschaut und gesehen, dass viele von ihnen Nachhilfe in Form von Gruppenunterricht anbieten. Wieso sagt man, bei der Nachhilfe wären es nur zwei bis drei Kinder und ab, sagen wir mal, zehn Kindern wäre es Förderunterricht? Schauen Sie sich die Homepages der Nachhilfeinstitute an! Da wird überall Nachhilfe auch in Form von Gruppenunterricht angeboten. Das ist eine Definition, die mir überhaupt völlig neu gewesen ist.
Aber es geht hier darum, auch die Eltern davon zu überzeugen, dass es gut ist, wenn ihre Kinder dieses Angebot seitens der Stadt wahrnehmen. Die Diskussion über Bestrafung, wenn Kinder dem Förderunterricht fernbleiben, die hin und wieder in den Medien auftaucht, ist völlig absurd. Man straft nicht, wenn ein Kind nicht in den Förderunterricht geht. Es ist bis jetzt auch keiner gestraft worden, wenn er keine Nachhilfe hatte. Das ist eine völlig absurde Diskussion.
Aber wir wollen da sehr stark über Lehrerinnen und Lehrer handeln. Insofern ist es eine Maßnahme, die wahrscheinlich, wenn sie so greift, wie wir uns alle erwarten, durchaus mehr Burschen anspricht. Es wäre vielleicht einmal ein Argument, dass man sagt, immer wer
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