Gemeinderat, 55. Sitzung vom 25.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 94
entschlossen, 44 Prozent Anteile zu halten, die Soravia AG ebenfalls 44 Prozent und die Swiss Town Consult 12 Prozent. Es kam dann zu Interessenkonflikten, die nicht gelöst werden konnten, zwischen Soravia und der Stadt Wien – Wiener Stadtwerke, und Soravia hat sich entschlossen, auszusteigen und ihren Anteil zu verkaufen. 9,23 Millionen wollte man von Seiten Soravia für den 26-Prozent-Anteil an TownTown. Die Swiss Town Consult hat von 12 auf 30 Prozent aufgestockt, und 26 Prozent waren sozusagen noch am Markt. Und es hat sich ein Unternehmen gefunden, das interessiert war, als privater Partner einzusteigen, und zwar die Donau-Finanz. Einziges Problem war: Die Donau-Finanz konnte diese 9,23 Millionen offenbar nicht finanzieren.
Und jetzt kommt die große Überraschung: Bis da her könnte man ja sagen, das ist irgendwie ein normales PPP-Modell. Ab sofort wird es mehr als interessant, denn jetzt sagen die Stadt Wien beziehungsweise die Wiener Stadtwerke: Gut, ich habe einen privaten Investor mit 9,23 Millionen, der investiert zwar nicht wirklich, sondern ich bezahle seinen Anteil und nehme ihn als Partner in dieses TownTown-Projekt hinein.
Da stellt sich natürlich die Frage, was das noch für eine Partnerschaft ist und warum ich diese Partnerschaft mit der Donau-Finanz eingehe. Man ist auf der Suche nach Geld oder nach Know-how, wenn man so eine Partnerschaft eingeht. Das konnte offenbar nicht eingebracht werden. Die Wiener Stadtwerke haben gesagt, macht nichts, wir bleiben dabei, wir wollen am PPP-Modell festhalten, und wenn der private Partner – von dem wir übrigens nicht wissen, wie der ausgewählt worden ist, wie man zu dem kommt – das nicht finanzieren kann, dann finanzieren wir das selbst.
Man hat sich entschlossen, mit der Vermögensverwaltung Alpha diesen privaten Partner zu finanzieren. Es ist so, dass die Wiener Stadtwerke Holding der Vermögensverwaltung Alpha einen Großmutterzuschuss gewährt hat, in der Größenordnung von 9,23 Millionen EUR. Und diese Wiener Stadtwerke Vermögensverwaltung Alpha GmbH hat der Donau-Finanz freundlicherweise die 9,23 Millionen EUR zur Verfügung gestellt.
Jetzt frage ich Sie, sehr verehrte Damen und Herren: Das kann doch nicht die Aufgabe der Wiener Stadtwerke sein, dass sie das Investment des privaten Partners bezahlen? Und warum machen die Wiener Stadtwerke Bankgeschäfte? Wieso tun sie so etwas? – Das gehört doch überhaupt nicht zum Aufgabenbereich der Wiener Stadtwerke. – Und wie waren diese 9,23 Millionen abgesichert?
Jetzt kommt es zur zweiten großen Überraschung: Die Wiener Stadtwerke lassen sich dafür, dass sie 9,23 Millionen EUR hergeben – die die Soravia AG für die Veräußerung ihres Anteils bekommt –, Genussrechte einräumen, damit sie also für ihre 9,23 Millionen etwas bekommen. Und diese Genussrechte wurden auch mit diesem Betrag bewertet. Es wurde ein Genussrechtebegebungsvertrag abgeschlossen, und das Ergebnis dieses Genussrechtebegebungsvertrages war ein Verlust in der Größenordnung von 5,47 Millionen. Dazugekommen ist, dass im Jahr 2011 der Genussrechtebegebungsvertrag gekündigt werden musste, ein Abfindungsanspruch in der Größenordnung von 5 Millionen EUR wurde in ein Darlehen umgewandelt. – Man hat also jetzt der Donau-Finanz ein Darlehen in der Größenordnung von 5 Millionen gegeben. – Die Zinsen dafür wurden bis 31. Dezember 2016 gestundet, Zinseszinsen nicht vereinbart und Vereinbarungen über die Fälligkeiten der Darlehenstilgungen nicht getroffen.
Eine ungünstige Vereinbarung, wie man natürlich auf den ersten Blick sieht, auf Seiten der Wiener Stadtwerke. Warum sie getroffen wurde, kann ich nicht sagen. Wir entnehmen dem Kontrollamtsbericht, dass im Zeitraum 2009 bis 2012 die Vermögensverwaltung Alpha Genussrechte und Darlehen abschreiben musste, im Wert von 9,23 Millionen auf 3,76 Millionen, was einen Verlust von 5,47 Millionen EUR ausmacht.
Jetzt fragt man sich natürlich: Wie kann es dazu kommen? Auf der einen Seite habe ich nicht einmal einen wirklich privaten Partner, weil ich selber sein Investment bezahle, auf der anderen Seite fahre ich noch einen Verlust von über 5 Millionen EUR ein. Und das Ganze bitte bei einem Projekt und bei einem Hochhaus, das wir alle kennen. Im Strafrecht und in der Kriminalpolitik wird immer gefragt: Wem nützt es? – Cui bono? – Man kann natürlich auch in diesem Fall fragen: Wem nützt es? Was hat so eine Konstruktion für einen Sinn? Warum macht man so etwas?
Auf diese Frage gibt uns die Presse ein bisschen Auskunft. Denn interessanterweise ist dann den Stadtwerken gar nichts anderes mehr übrig geblieben, als im März dieses Jahres zu erklären: Na ja, das mit der Donau-Finanz ist folgendermaßen, die erhält lediglich eine Verwaltungsgebühr, alle darüber hinausgehenden Gewinne und Verlust werden an die Wiener Stadtwerke durchgeleitet. – Sehr interessant, danke für die Offenheit! Das heißt, die Donau-Finanz, der 26-Prozent-Partner agiert zwar im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, nämlich auf Rechnung der Wiener Stadtwerke. Und wer so etwas macht, ist ein Treuhänder. Ein Treuhänder der Stadt Wien, ein Treuhänder der Wiener Stadtwerke, die mit Hilfe dieser 26 Prozent und den eigenen 44 Prozent in Wahrheit dann über 70 Prozent verfügen und die strategische Kontrolle weiterhin behalten.
Das heißt, es gibt schon jemanden, der etwas davon hat, und zwar die Wiener Stadtwerke. Und diese glauben, auch noch etwas anderes davon zu haben. Denn wenn sie offiziell eine Minderheitenbeteiligung haben, dann ist der Stadtrechnungshof über dieses Projekt TownTown nicht prüfberechtigt. Und dann ist auch der Rechnungshof vordergründig nicht prüfberechtigt, das Bundesvergabegesetz ist nicht anzuwenden, und das Stellenbesetzungsgesetz ist nicht anzuwenden.
Ich sage nur, dass ich diese Rechtsfrage anders beurteile. Die Wiener Stadtwerke sind ganz sicher der Überzeugung, dass dem so ist und dass sie all diese Vorschriften nicht zu beachten haben. Ich sage, mit diesem 26-Prozent-Anteil der Donau-Finanz gibt es eine beherrschende Stellung der Wiener Stadtwerke in dieser TownTown Betriebsgesellschaft, und daher sind selbst
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