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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 24.10.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 72

 

Bezirksräte haben sich erkundigt, eingebunden wurden weder die einen noch die anderen, geschweige denn, dass die Bürger informiert worden wären.

 

Sie sagen, man geht dorthin, wo die Zielgruppe ist. Sehr geehrte Frau Stadträtin, ich darf Sie darauf aufmerksam machen: Im 9. Bezirk und insbesondere auf der Nußdorfer Straße gibt es überhaupt kein Drogenproblem. Es gibt dort so eine Zielgruppe nicht, und das sieht man auch so in dem Papier der Wiener Sucht- und Drogenstrategie des Jahres 2013. Dort ist nämlich davon die Rede, dass es niederschwellige Angebote geben soll, dass es eine Erweiterung des niederschwelligen Angebotes geben soll, allerdings in einem Stadtrandbezirk.

 

Ich frage mich daher, wie man auf den 9. Bezirk und auf die Nußdorfer Straße kommt, denn als Stadtrandbezirk wird man ja den Alsergrund wohl wirklich nicht bezeichnen können. Dass dort auch keine Zielgruppe ist, ergibt sich aus der Statistik der Apothekenumsätze bei Substitutionsmedikamenten. Aus der Statistik erkennt man ganz genau, in welchen Bezirken wie viele Medikamente verabreicht werden; und da ist der Alsergrund an sechstletzter Stelle. Der Alsergrund ist also kein Hot Spot. Es gibt daher keine Veranlassung, dort hinzugehen.

 

Sie haben gesagt, es ist eine Umfeldanalyse gemacht worden. Da frage ich mich, was in dieser Umfeldanalyse dann für den Standort letztendlich gesprochen hat. Denn das Wohngebiet mit Kindergärten, Schulen, Jugendzentrum, Studentenheim und mehreren anderen Bildungs- und Jugendeinrichtungen ist an sich sicherlich nicht prädestiniert dafür, so einen Standort aufzunehmen. Sie haben auch von Streetwork gesprochen, die es dort schon geben soll. Die gab es aber in der Nußdorfer Straße bislang nicht, war dort auch nicht erforderlich. Ich weiß nicht, ob Sie sich auf den Julius-Tandler-Platz beziehen. Dort gab es Streetwork. Das ist aber schon in einiger Entfernung zur Nußdorfer Straße 41.

 

Mich würde auch interessieren, ob im Rahmen dieser Umfeldanalyse analysiert wurde, dass das Schuberthaus sich genau vis-à-vis der Schubertgasse 2 befindet, dass dort sehr viele Touristen, Schulklassen und Interessierte hinkommen, und dass das auch aus diesem Grund kein geeigneter Standort ist.

 

Ein weiteres Kriterium, das Sie genannt haben, ist die gute Verkehrsanbindung. Die U-Bahn-Verbindungen sind in Wien ja überwiegend ganz gut. Aber ich habe mindestens fünf bis zehn Minuten Fußweg von der Schubertgasse 2, um zur nächsten U-Bahn-Station zu kommen. Und da man ja bekanntlich weitere Strecken in Wien im öffentlichen Verkehr mit der U-Bahn zurücklegt, kann ich eine gute Verkehrsanbindung weit und breit nicht entdecken.

 

Aber was für mich ganz unverständlich ist, was einen Tabubruch darstellt und was die Stadt Wien noch nie gemacht hat, ist, mit so einer Einrichtung in ein Haus mit Eigentumswohnungen zu gehen. Die Wohnungseigentümer in diesem Haus sind deshalb besonders empört, weil sie jetzt befürchten müssen, dass sie in ihrer Eigentumswohnung einen Wertverlust erleiden. Aber diese Angst betrifft ja auch noch viele, viele andere Tausende Besitzer von Eigentumswohnungen, die sich jetzt auch denken: Vielleicht passiert es auch in meinen Haus, dass die Stadt Wien sich gar nicht um die Besitzer von Eigentumswohnungen kümmert. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Bei den Mietern ist es wurscht, nur bei den Eigentümern nicht?)

 

Nein, es ist bei niemandem wurscht, nur haben Mieter nicht annähernd die Rechte, die Wohnungseigentümer haben. Da frage ich mich, wie die Stadt Wien jetzt so einen Streit und so einen Zwist in die Wohnungseigentümergemeinschaft hineinbringen kann, denn es besteht die Frage, ob die übrigen Miteigentümer nicht sogar ein Zustimmungsrecht haben zu dieser Nutzung nun als Drogenberatungszentrum mit Spritzentausch. Im Wohnungseigentumsgesetz steht ja, dass bei Nutzungsänderungen eines Objektes grundsätzlich die Zustimmung von Miteigentümern erforderlich ist. Ich weiß im konkreten Fall, dass es diese Genehmigung und diese Zustimmung nicht gegeben hat, und ich weiß auch, dass es die Ankündigung gibt, dass in diesem Haus nun geklagt wird.

 

Ich nehme an, das werden letztendlich Gerichte entscheiden, aber ich frage mich: Seit wann hat die Stadt Wien so einen Zugang? Dass man nämlich sagt: Mich interessiert die rechtliche Konstellation in dem Haus überhaupt nicht. Ich schließe mit einem einzigen Wohnungseigentümer, demjenigen, dem dieses Geschäftslokal im Erdgeschoß gehört, einen Mietvertrag ab, und wie die rechtliche Situation herum aussieht, interessiert mich überhaupt nicht. Das mögen dann eventuell die Gerichte entscheiden.

 

Das ist ein Tabubruch. In so einer Art und Weise ist man noch nie vorgegangen von Seiten der Stadt Wien, dass man sich nämlich erkundigt hätte, ob da eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer gegeben ist. Es ist einem offensichtlich völlig egal. Man zieht kein Haus heran, bei dem man selbst Eigentümer ist; man zieht kein Haus heran mit einem Privateigentümer, der das ganze Haus vermieten würde; nein, man geht erstmals in ein Haus mit 15 bis 20 Eigentumswohnungen.

 

Die Bürger sind wahnsinnig aufgebracht und enttäuscht. Ich darf einen ganz kurzen Absatz aus einem der vielen Mails, die mich erreicht haben, zitieren. Dieses Mail ist von einer Dame. Sie gehört einer Bürgerinitiative an. Gerichtet an die Politik, namentlich an die Bezirksvorsteherin des 9. Bezirks: „Das Sobieski-Grätzel, knapp einen Quadratkilometer groß, mit den Schwerpunkten Schuberthaus und Sobieskiplatz, ein gut besuchtes Museum und ein kleiner Platz, dem in den letzten Jahren wieder Leben eingehaucht wurde, ist unser unmittelbarer Lebensraum. In der Nähe befinden sich Schulen, Lernhilfe und Kindergärten. Ein Nanokosmos im Mikrokosmos des Alsergrund. Diesem Grätzel wird jetzt die Luft zum Atmen genommen. Fahren Sie nicht mit der Eisenbahn über uns drüber!“

 

Dem kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Nehmen Sie sich's zu Herzen! Noch besteht die Möglichkeit, eine falsche Entscheidung zu revidieren. Überlegen Sie sich‘s noch einmal und finden Sie einen geeigneten Standort! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke dem Herrn Gemeinderat für die Begründung. Zur

 

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