Gemeinderat, 57. Sitzung vom 24.10.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 56 von 72
Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Danke, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Weg in der Sucht- und Drogenpolitik, der in dieser Stadt seit dem Beschluss des Sucht- und Drogenkonzepts 1999 und mit allen Erweiterungen beschritten wird, ist seit vielen Jahren gewachsen und hat sich mit den zahlreichen Hilfsangeboten, die wir in der Stadt haben, laufend weiterentwickelt und ist vorausschauend und bedarfsorientiert. Das vom Wiener Gemeinderat beschlossene Wiener Drogenkonzept von 1999 bildet die Basis dafür und es hat sich bewährt und wurde, bedingt durch neue wichtige Aspekte, zur Sucht- und Drogenstrategie 2013 weiterentwickelt. Wir haben das miteinander diskutiert und tragen das an sich auch miteinander. Die strategischen und für die Zukunft relevanten Aspekte für die Weiterentwicklung und Ergänzung des Wiener Drogenkonzepts liegen nun vor und wir haben sie vor Kurzem auch im Drogenbeirat diskutiert, wo klar war, dass die Sucht- und Drogenstrategie des Drogenkonzepts 1999 nach wie vor aktuell ist. Der Wiener Weg mit Sucht und Drogen ist und wird auch zukünftig eine integrierte Sucht- und Drogenpolitik sein und zwar basierend auf dem Prinzip Therapie statt Strafe. So wenige Menschen wie möglich sollen Drogen konsumieren, und für jene, die nicht davon abzuhalten sind, ist der Schaden für sich, aber auch für alle Beteiligten und für die Gesellschaft so gering wie möglich zu halten.
Suchtkranke, das ist der zweite Punkt unserer grundsätzlichen Strategie, sind vorwiegend als Kranke zu behandeln und sollen nicht strafrechtlich verfolgt werden.
Der dritte Punkt ist, dass Drogenkonsumenten, Drogenkonsumentinnen und suchtkranke Personen soziale und medizinische Versorgung in Wien bekommen sollen und in diese Stadt integriert sein sollen, um Ausgrenzung zu verhindern, und zwar, um Ausgrenzung mit zwei Zielen zu verhindern: Einerseits auf Grund des humanistischen Ansatzes in dieser Stadt, andererseits zur Sicherheit der Gesamtbevölkerung, denn wenn jemand nicht an den Rand gedrängt ist, sondern im Rahmen von Betreuungseinrichtungen beraten, betreut und behandelt wird, ist die Gefahr, dass er entwischt, dass dann etwas passiert, das man nicht will, deutlich geringer. Wir haben eine zukunftsorientierte Präventionspolitik und sind sehr stark daran interessiert, und das ist die Wiener Polizei auch, dem organisierten Drogenhandel stark entgegenzutreten - dagegen zu kämpfen.
Die gesamte Sucht- und Drogenpolitik, die Umsetzung des Sucht- und Drogenkonzepts ist seit dem Beginn und auch jetzt ganz im Konkreten immer sehr eng auch mit anderen, die in dieser Stadt tätig sind, sei es die Wiener Polizei, sei es die MA 42, sei es die MA 48, akkordiert und mitbesprochen, weil wir das nur miteinander und integriert lösen können. Dass das so ist, ist nicht deshalb so, weil ich das von dieser Stelle sage, sondern das zeigen uns die Zahlen. Auch wenn jeder drogenabhängige Mensch aus meiner Sicht einer zu viel ist, ist die Situation in Wien im Vergleich zu fast allen anderen europäischen Hauptstädten moderat. Die Zahl der Opiatabhängigen in Wien ist seit Jahren stabil und nicht gestiegen. In Wien gibt es zirka 10 000 bis 12 000 Opiatabhängige. Davon befanden sich Mitte 2014 rund 6 500 in Substitutionsbehandlung. Also mehr als die Hälfte ist in Substitutionsbehandlung, und der Herr Dr Ulm hat das richtigerweise gesagt, wo die Hausärzte eine ganz, ganz wichtige Rolle spielen und es ja hier unser Ziel ist, diesen Weg für möglichst viele Menschen zu eröffnen.
Besonders wichtig und besonders gut ist das Ergebnis bei den Jugendlichen. Und ganz besonders wichtig ist, dass das Durchschnittsalter der Menschen, die mit der Substitutionstherapie beginnen, massiv gestiegen ist. Sie werden älter und damit ist auch das Überleben mit dieser schweren Krankheit möglich. Das war früher nicht so.
Durch die Einführung des Spritzentausches, und jetzt kommen wir schon ganz nahe zu dem Thema, das heute das Thema der Dringlichen Anfrage ist, konnte das Auftreten von schwerwiegenden Infektionskrankheiten wie HIV, aber auch weitere Fälle von schweren Hepatitiserkrankungen deutlich reduziert werden. Daher ist das Spritzentauschprogramm, das wir in Wien haben, eines, das nicht nur State of the Art ist, sondern wo uns jeden Monat internationale Delegationen aus anderen europäischen Staaten Besuche abstatten - und da rede ich nicht von irgendwo weit weg, sondern aus anderen europäischen Staaten aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch weit darüber hinaus -, um sich darüber zu informieren, wie wir das hier machen.
Die neue Einrichtung in der Nußdorfer Straße 41 im 9. Bezirk stellt eine sinnvolle Ergänzung dieses umfassenden Angebots dar und ich werde mich jetzt darum bemühen, weil es mir um die sachliche Auseinandersetzung geht, möglichst konkret alle Ihre Fragen zu beantworten:
Zur Frage 1: Welche konkreten Kriterien wurden bei der Wahl des Standortes für das neue Beratungszentrum zur Entlastung des jedmayer herangezogen? Bitte um Auflistung der einzelnen Kriterien.
Der Entscheidung hinsichtlich der Eröffnung der sozialen Tageseinrichtung im 9. Bezirk ist eine intensive Prüfung durch die zuständigen Expertinnen und Experten der Suchthilfe vorausgegangen. Die „Suchthilfe Wien“ hat als Trägerin und umsetzende Stelle die Standortsuche durchgeführt, und zwar selbstverständlich im Auftrag und in der Notwendigkeit der Umsetzung des Sucht- und Drogenkonzepts dieser Stadt. Nach Absprache mit den zuständigen Expertinnen und Experten sowie der „Sucht und Drogen Koordination Wien“ wurde die Entscheidung getroffen. Folgende Kriterien wurden unter anderem herangezogen:
Die Eignung des Objektes. Ist das Objekt dafür geeignet, wofür es gedacht ist, nämlich auf der einen Seite ein kleiner Aufenthaltsraum für eine geringe Anzahl von suchtkranken Personen, es werden sich maximal zehn Personen gleichzeitig darin aufhalten können, und andererseits die Eignung des Objekts als Spritzentauschstelle. Das ist der 1. Punkt.
2. Die gute Verkehrsanbindung. Da freue ich mich, Herr Dr Ulm, dass es so großes Lob für den öffentlichen Verkehr in Wien gibt. Sie haben recht, man kommt über
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