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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 24.10.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 72

 

und Belästigung von Unbeteiligten durch Drogenhandel und Suchtkranke.

 

Meine Damen und Herren, eines muss ich jetzt schon sagen, weil man hier unterschiedliche Wahrnehmungen haben kann: Der Herr Klubobmann der FPÖ hat gemeint, er ist der Parteiobmann der FPÖ im 4. Bezirk. Das ist richtig. Das weiß ich auch. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, ich bin schon sehr lange Parteiobmann der SPÖ im 4. Bezirk. Wir haben es uns damals nicht leicht gemacht. Wir haben auch die Diskussion nicht leicht geführt. Wir haben nicht eine Veranstaltung gemacht, wo wir die Menschen aufklärten. Es hat dutzende Veranstaltungen gegeben, da waren sogar Ihre Leute dabei, Ihre Bezirksrätinnen und Bezirksräte, bei den sogenannten Grätzelstammtischen, wo wir das immer sehr eingehend, sehr überlegenswert mit der Beiziehung der Sucht- und Drogenkoordination, mit den Menschen diskutiert haben. Alle konnten wir nicht überzeugen.

 

Wenn ich Ihnen als ÖVP noch einen kleinen Rat geben darf, in der Geschichte ein bisschen nachzuschlagen, denken Sie an den 6. Bezirk, an Ihren legendären verstorbenen Bezirksvorsteher Pint, einen totalen Gegner des Ganslwirtes. Ich war damals Jugendlicher und habe es mir persönlich gegeben. (StR Mag Manfred Juraczka: Das muss aber wirklich schon lange her sein!) Wir haben es dem verstorbenen Bgm Dr Zilk zu verdanken, dass wir dort diese Einrichtung bekommen haben, weil Zilk auf die Argumente, die der Herr Bezirksvorsteher gebracht hat, narrisch geworden ist. Herr Pint ist in alle Billa-Filialen plakatieren gegangen, dass man gegen den Ganslwirt ist. Der Herr Bürgermeister hat sich in sein Auto gesetzt, ist ihm nachgefahren und hat die Plakate überall wieder heruntergenommen. Dann kam es zu einer legendären Bürgerversammlung. Dort hat Herr Pint zu einer Hausbesorgerin gemeint: „Sie werden jetzt auch dagegen sein, weil stellen Sie sich vor, jetzt kommen Drogenkranke zu Ihnen, und vor denen muss man sich fürchten.“ Meine Damen und Herren der ÖVP, ich kann mich noch heute wortwörtlich auf die Antwort der Hausbesorgerin dort erinnern. Sie hat zum Herrn Bezirksvorsteher gesagt: „Herr Bezirksvorsteher, ich darf Ihnen jetzt etwas sagen. Ich bin im Zweiten Weltkrieg groß geworden. Da habe ich mich gefürchtet. Aber vor den paar Kranken, die da zu uns hereinkommen - ich habe 85 kg - fürchte ich mich nicht, weil die fürchten sich viel mehr vor mir als ich vor ihnen.“ - Heute stellt das keiner mehr zur Diskussion und in Frage. (GR Dr Wolfgang Ulm: Es haben nicht alle 85 kg!) Das ist eine gute und sehr zielführende Einrichtung. (GR Mag Wolfgang Jung: Und heute gibt es so viele Drogenkranke, dass Sie keinen Platz mehr haben!)

 

Meine Damen und Herren, bei 126 m², wo ich meine, dass viele der Abgeordneten hier fast eine gleichgroße Wohnung in so einer Größenordnung besitzen, wo im Prinzip nicht mehr als 10 Menschen behandelt werden sollen, beraten werden, wo Spritzen getauscht werden können, davon zu reden, dass das ein Drogenzentrum ist, ist schon allein die textmäßige Wortwahl den Menschen gegenüber eigentlich nicht zu vertreten! Hier wird nur versucht zu verunsichern! Genau das wollen wir nicht! Es ist nicht so, dass man die Sorgen dieser Menschen nicht ernst nimmt! Ich sage Ihnen, jede Entscheidung, die wir treffen, ist einfach nur die zweitbeste Entscheidung. Es wird gegen jeden Standort immer etwas geben.

 

Herr Klubobmann und Herr Kollege Obmann, ich darf Ihnen sagen, die Frau Stadträtin hat Ihnen das heute bei der Dringlichen Anfrage schon beantwortet, wieso die Stadtbahnbögen nicht in Frage kommen. Es ist nämlich nicht nur eine Frage, ob die Betroffenen dort gut hinkommen, sondern es ist die Frage, ob es behindertengerecht ist, die Voraussetzungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegeben sind und es sich in der baulichen Situation ausgeht. Es wurde Nein gesagt. Damit muss man das, auch wenn es einem vielleicht noch so ein lieber Standort wäre, formell zur Kenntnis nehmen.

 

Ich glaube, was in dieser Situation nicht allen, aber einigen fehlt, sind Menschlichkeit und Toleranz! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Das sind überhaupt einige der wichtigsten Grundvoraussetzungen im Bereich der Drogentherapie, der Drogenberatung und der Behandlung kranker Menschen in einer Gesellschaft. Ich verstehe schon, wenn man das alles nicht will und wenn man sich halt mit den Problemen, die da sind, nicht auseinandersetzen will, verlangt man ein Gesetz, dass das verboten ist. Geben wird es das trotzdem. Die Gesellschaft wird es trotzdem als Herausforderung haben. Aber es wird nicht funktionieren, wenn man nur die Augen zu macht und sonst keine Maßnahmen setzt.

 

Manchmal, meine Damen und Herren, müssen natürlich auch Entscheidungen getroffen werden. Diese Entscheidungen fallen nicht leicht und sind auch nicht so, dass man sagt, gerade deswegen, weil das Eigentümer sind. Aber dazu auch noch etwas: Einen Unterschied sollten wir nicht machen, dass wir unterscheiden, dass es in Wien zwei Kategorien von Menschen gibt, denen man es zumutet oder nicht zumutet, nämlich Wohnungseigentümer und Mieter. Wenn wir so einen Unterschied treffen, der dann finanz-fiskalisch zu treffen ist, bin ich dagegen.

 

Ich sage Ihnen, Herr Kollege Ulm, und ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie das heute sehr emotionslos getan haben, ich habe auch Mails bekommen. Ich musste in einer E-Mail lesen, wo ich sagen muss, ich kann die Dame aus ihrer subjektiven persönlichen Sicht verstehen. Wenn sie mir schreibt, sie hat ein hohes Einkommen, sie zahlt eh 50 Prozent Steuerleistung mit der Sozialversicherung und das ist ihr sozialer Beitrag für die Gesellschaft, dann sage ich, es ist gut so, dass es so ist, weil sie dementsprechend verdient. Aber das allein ist mir noch ein bisschen zu wenig, zu glauben, wenn man zahlt, sind alle Probleme erledigt und man muss sich mit allem anderen nicht beschäftigen. Da fällt mir wieder der legendäre Ausspruch des amerikanischen Präsidenten John F Kennedy ein: „Frage nicht, was die Gesellschaft für dich tun kann, sondern frage, was du für die Gesellschaft tun kannst.“

 

Meine Damen und Herren, ganz zum Schluss noch einen kurzen Zusatz zu einem Kommentar der „Kronen Zeitung“ vom 22.10., wo gemeint wurde, die angegebenen Geldmittel der Sucht- und Drogenkoordination wer

 

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