Gemeinderat, 57. Sitzung vom 24.10.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 72
die in dem Fall erstens sowieso nichts damit zu tun haben wollen, und unsere Wähler sind das auf weiten Strecken im 9. Bezirk nicht. Ich möchte feststellen, der Zorn und die Empörung gehen hauptsächlich von Menschen und von Bürgern aus, die ganz klar nicht als uns Nahestehende zu bezeichnen sind.
Daher ist es gar keine Frage, dass man sich bemühen muss, hier Konsens zu schaffen. Gegen den erklärten Willen der Bevölkerung oder von Bevölkerungsteilen ist so eine schwierige Entscheidung, wie eben ein Drogen- oder Suchtgiftberatungszentrum, auf die Dauer einfach nicht durchzusetzen. Das ist überhaupt keine Frage. Sie schaffen nur Hot Spots des Widerstandes und der Dauerempörung. Ich glaube, es ist hoch an der Zeit, dass wir darüber nachdenken, wie man die Bürger nicht mit solchen Problemen belastet. Das kann nur in die Richtung gehen, dass man eben versucht, Orte zu finden, die nicht im Wohngebiet liegen. Ich habe schon angedeutet, es gibt genug solche Flächen, wo das möglich und denkbar wäre. Daher darf ich noch zwei Anträge einbringen:
Der erste ist der Antrag der GRe Mag Johann Gudenus, MAIS, Johann Herzog, Gerhard Haslinger und Wolfgang Seidl betreffend Drogenberatungszentren im dicht verbauten Wohngebiet und in der Nähe von Schulen und Kindergärten. Dieser lautet:
„Der Gemeinderat spricht sich gegen die Einrichtung von Drogenberatungseinrichtungen und Tageseinrichtungen für suchtkranke Menschen, besonders wenn die Möglichkeit des Spritzentausches gegeben ist, im dicht verbauten Wohngebiet oder in der Nähe von Schulen und Kindergärten aus.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.“ (Beifall bei der FPÖ.)
Der zweite Beschlussantrag, ebenfalls von Gudenus, Herzog, Haslinger und Seidl, richtet sich gegen die Person des Koordinators der Stadt Wien für Sucht- und Drogenfragen. Es wird auf seine Tätigkeit auch als Koordinator, inhaltlicher Geschäftsführer der Sucht- und Drogen Koordination Wien Gemeinnützige GmbH hingewiesen. Es wird darin gefordert:
„Die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, damit der Koordinator der Stadt Wien für Sucht- und Drogenfragen Michael Dressel, MA umgehend aus dieser Funktion abberufen wird." (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend darf ich sagen, dass wir gemeinsame Wege finden müssen, um entsprechende Zentren und Einrichtungen dort zu schaffen, wo die Bevölkerung eingebunden werden kann oder solche zu schaffen, wo keine Wohnbevölkerung mit Schulen und Allmöglichem wohnt. Ich glaube, das ist ein Weg, der gangbar ist, wenn der gute politische Wille dazu besteht. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist GR Baxant. Ich erteile ihm das Wort.
GR Petr Baxant, BA (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Drogenkoordinator der Stadt Wien!
Ich danke Ihnen dafür, dass die Stadt Wien und auch die Wiener Bevölkerung im Verhältnis zu anderen Städten eine wesentlich angenehmere Situation vorfinden, als es zum Beispiel in Zürich, Berlin oder wo auch immer der Fall ist. Ich glaube, wenn man Wien mit anderen Städten vergleicht, kann man durchaus sagen, dass die Wiener Drogenstrategie auf jeden Fall wirkt, dass sie positiv wirkt und dass wir als Politiker und Politikerinnen, übrigens alle Fraktionen, wie wir hier sitzen, eigentlich stolz auf das sein können, was wir bis jetzt geschafft haben, und auf das, was unsere Drogenbeauftragten tagtäglich schaffen und bewerkstelligen.
Ich habe das Gefühl gehabt, dass man sich im Laufe der Diskussion in den letzten eineinhalb Stunden quasi immer näher gekommen ist. Zuerst hat man das Gefühl gehabt, die eine Seite hinterfragt grundsätzlich die Drogenstrategie der Stadt Wien, die andere Seite möchte es unbedingt rechtfertigen. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass wir sehr nahe sind. Wir sind uns alle sehr einig, dass es Drogeneinrichtungen braucht, dass es Drogenschutzeinrichtungen braucht und dass es auch Einrichtungen sozialer Art für sucht- und drogenkranke Menschen braucht, weil es sucht- und drogenkranke Menschen so lange geben wird, so lange es Menschen geben wird, nicht, so lange es Drogen geben wird, weil Menschen wird es hoffentlich ewig geben, und so lange es Menschen geben wird, wird es auch Drogen geben. Das liegt leider einfach in der Natur unserer Sache, genauso, wie es andere negative Folge- oder Nebenerscheinungen des Menschseins geben wird.
Wir als Politiker und Politikerinnen müssen einfach jene Entscheidungen treffen, die manchmal ein bisschen ungewöhnlich, vielleicht auch ein bisschen unangenehm sind. PolitikerInnen wie Frau StRin Wehsely oder Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher müssen zum Teil Entscheidungen treffen, wo man durchaus davon ausgehen muss, dass es auch Stimmen kosten kann.
Ich möchte vielleicht mit einem kleinen Missverständnis aufräumen, weil von manchen hier angenommen wird, man hätte in der Vergangenheit die Menschen vorher immer gefragt, man hätte sie eingebunden, ob man denn diesen Standort tatsächlich wählen kann oder nicht. Tatsächlich ist es nicht der Fall. Bei allen 13 Standorten, die diesem Standort im 9. Bezirk ähnlich sind, wurde die Bezirksbevölkerung, die Bewohner und Bewohnerinnen, nicht eingebunden. Das muss man ganz ehrlich sagen, weil es anders einfach nicht gehen könnte.
Sie können mir glauben, ich befasse mich wirklich sehr mit demokratiepolitischen Themen, mir ist das wirklich sehr wichtig, und ich habe immer ein sehr großes Problem damit, wenn ich das Gefühl habe, dass dem Souverän eine Entscheidung vorenthalten wird, die der Souverän selbst entscheiden sollte. Aber hier handelt es sich doch ganz einfach und ganz eindeutig um eine Entscheidung, die verantwortungsvolle Politiker und Politikerinnen treffen müssen. Grundsätzlich haben wir uns alle gemeinsam, GRÜNE, SPÖ, ÖVP und FPÖ, mit der Sucht- und Drogenstrategie der Stadt Wien darauf
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