Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 110
miteinander und sind uns nicht immer punktgenau ähnlich, aber der Unterschied zu Ihnen, das ist ein breiter Graben, der hat mit dem sozialen Zusammenhalt, wie ihn sich Grün und Rot in der Stadt vorstellen, nichts zu tun. Wir sind uns in den Zielen in der Koalition einig und unterscheiden uns halt zwischendurch im Weg, wie man das erreichen kann. 2015 ist – jetzt sagt man ja nicht Wahlkampf, denn dann ist es zu lange – ein Wahljahr, das muss man gelten lassen, deswegen verstehe ich auch alles, was kommt, aber machen wir zwischendurch einen Minifaktencheck, denn die ÖVP nimmt es ja nicht so genau. Heute sind Sie mit den Gebühren nicht gekommen. Ich glaube, Martin Margulies mit seinen Berechnungen, das fruchtet immerhin, das muss man jetzt positiv anerkennen. Es wurde nicht über Gebühren gelogen, sondern Sie haben sie einfach ausgelassen. Danke, Martin Margulies, fürs Vorrechnen und vielen Dank für den Erkenntnisgewinn bei der Volkspartei.
Eine andere Zahl heute. Der Herr Juraczka hat vorhin gemeint, für die U-Bahn werden nächstes Jahr nur 34 Millionen investiert. Wenn irgendjemand das Budget dabei hat, einfach nachschauen! Auf der Post 6501 – das finden Sie vielleicht – stehen 172 Millionen. Statt 34 Millionen 172 Millionen. Das ist ein kleiner Unterschied, zeigt aber nur, wie da immer mit Zahlen umgegangen wird. Das ist nicht das Gleiche, das ist ungefähr fünf Mal so viel. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Zu der hervorragenden Rede von Renate Brauner, die in der Einleitung sehr deutlich durchdekliniert hat, wie wir zu dem jetzigen Schuldenstand gekommen sind, und was das vielleicht mit der internationalen Finanzpolitik und der internationalen Wirtschaft zu tun hat. Da wird ja zwischendurch so getan, als ob das alles nicht zusammenhinge. Was ist vor der Krise in der Stadt passiert? Ein paar waren ja schon hier und können sich vielleicht erinnern. Ich möchte nur ganz kurz einmal den Schuldenstand anhand von ein paar Zahlen erklären. Nehmen wir die letzten zehn Jahre. Die Stadt hatte ungefähr drei Milliarden, und die Schulden wurden zurückgeführt – kein Verdienst von Rot-Grün, denn da waren wir noch nicht in der Regierung – auf ungefähr die Hälfte. (GR Dr Wolfgang Ulm: Dank der ÖVP!) Das hat ja damit nichts zu tun.
2004: Maastricht-Überschuss 267 Millionen EUR, 2005: Maastricht-Überschuss 254 Millionen EUR, 2006: Maastricht-Überschuss 253 Millionen EUR, 2007: Maastricht-Überschuss 275 Millionen EUR, 2008: Maastricht-Überschuss 332 Millionen EUR.
Jetzt kommt die Krise. (Zwischenruf von GR Dr Wolfgang Ulm.) Von 3 auf 1,5 Milliarden. Sie müssen ja nur das Budget lesen. Das ist ja nicht so schwierig. Das kann ja nicht sein, dass der Martin Margulies der Einzige da ist. Das gibt es ja nicht. Sie können ja das Budget auch lesen. Wir bekommen es ja immer erklärt in den Klubsitzungen, damit wir es alle verstehen. Jetzt haben wir lauter ExpertInnen bei uns sitzen, aber das geht so nicht. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS, in Richtung der GRÜNEN: Dort sitzt der Oberexperte!) Wenn wir da miteinander reden, dann müssen sich andere auch die Mühe machen.
Dann kommt die Krise, und der Plan war noch, plus 154 Millionen. Es hat nur nicht mehr gehalten. Da bricht das total ein auf minus 302 Millionen. 2008: plus 332 Millionen; und fast das Gleiche im Jahr danach: 302 Millionen minus.
Und jetzt glauben Sie, das ist ausschließlich deshalb so, weil was passiert ist in Wien? Das würde mich interessieren, denn jetzt reden wir von 2009. Sagen Sie jetzt nicht, das war ein Wahljahr, denn es war keines. Was ist damals passiert? Die Weltwirtschaft hat natürlich durchschlagen, und das ist das Ergebnis davon. Und nachher, ja, wurde jedes Jahr ein Minus gemacht.
Jetzt gibt es die Möglichkeit – das ist sehr schön im einleitenden Beitrag herausgearbeitet worden –, es so zu machen wie Spanien, wie Portugal und Griechenland und zu sparen bei den Sozialausgaben, bei den Investitionen der öffentlichen Hand, bei allem Möglichen. Jetzt brauche ich ja hoffentlich keinem zu erklären, dass die private Wirtschaft das Geld zum Investieren nicht mehr hatte. Wenn die öffentliche Hand nicht investiert, was passiert dann? Das sind keine Planspiele, die wir da machen und berechnen müssen, sondern wir nehmen einfach die Wirklichkeit. Wir nehmen drei Länder, die das so gemacht haben. Jetzt wiederhole ich nicht alles, was heute gesagt wurde, aber bei den drei Ländern sieht man ja, was passiert. Die öffentliche Hand spart, die Schulden steigen, die Arbeitslosigkeit explodiert. In Spanien hat jeder zweite junge Mensch keine „Hack’n“. Das ist eine Katastrophe. Da wollen wir nicht hin. Nein, da investieren wir jetzt. Falls wir es schaffen und es wieder Wirtschaftswachstum in einem höheren Ausmaß gibt, ja, dann können wir wieder darüber reden, wie wir die Schulden zurückführen, wie wir die Schulden tatsächlich wieder abbauen. Kein Mensch hat Spaß daran zu sagen, die Schulden steigen die ganze Zeit. Aber dieser Fetisch, das Erste, was man tun muss, ist, die Investitionen der Stadt zu senken, und dann wird alles gut? Also ich verstehe nicht, wie man das anhand der Fakten überhaupt noch sagen kann.
Ich weiß ja, was andere Vorschläge sind, denn ich weiß, was andere Regierungen gemacht haben. In Dresden wurde mit einem Schlag der gesamte Gemeindebau verkauft, und die Stadt stand da ohne Schulden. Das wäre in Wien übrigens auch so, weil natürlich der Gemeindebau viel mehr wert ist als die Verschuldung. Und zwar nur der Gemeindebau; da rede ich noch nicht von den Spitälern, von den Straßen, von den Schulgebäuden und von den Grundstücken. Die Stadt Wien hat ein Vielfaches dieser 5 Milliarden an Werten. Deswegen ist es nicht läppisch, denn 5 Milliarden sind natürlich eine Menge Holz, darüber brauchen wir nicht lange zu reden, aber so zu tun, als ob irgendjemand da Schwierigkeiten hätte, dass er es nicht „derreiten“ kann, das ist Quatsch. Und es ist leider nicht nur Quatsch, sondern das ist gefährlich, wenn man es genau nimmt. Wenn das in die Politik Eingang findet, dann ist es wirklich blöd, denn dann steigt hier auch die Jugendarbeitslosigkeit. Wenn die Stadt aufhört zu investieren, wie Sie es sich vorstellen, denn anders kann ich es mir nicht erklären … (StR Mag Manfred Juraczka: Das habe ich nicht gesagt!) Nein,
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