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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 110

 

geld. In beiden Fällen hat die Stadt Wien dafür aufzukommen, entweder es bedarf dieser Mindestsicherung oder sie hat, wenn jemand ansucht, diesen Betrag zu ergänzen.

 

Wie könnte man dem entgegenwirken? Man könnte dem einmal entgegenwirken, indem man anständige Löhne zahlt, anständige Löhne und Gehälter mit einer Arbeitszeit – selbst wenn man für Teilzeit ist –, von der man leben kann. Und in Wirklichkeit müssten wir alle miteinander sagen, wenn es sich nicht um geringfügige Beschäftigungsverhältnisse handelt, dann müsste jedes reguläre Beschäftigungsverhältnis ausreichen und sicherstellen, dass man nicht die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen muss. Das wäre zumindest ein existenzsichernder Arbeitsplatz. Das muss doch unser gemeinsames Ziel sein, und dazu bedarf es Veränderungen, vor allem auf Bundesebene. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Detto verhält es sich mit dem Arbeitslosenanspruch. Wir haben eine Nettoersatzrate von 55 Prozent. Es ist hoffentlich allen klar, dass diese Nettoersatzrate von niedrigen Gehältern dann noch öfter eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung notwendig macht. Das heißt, eine Erhöhung der Nettoersatzrate auf Bundesebene würde es mehr Menschen ermöglichen, ohne Bedarfsorientierte Mindestsicherung auszukommen, und würde auch zusätzlich helfen, der Stadt Wien Geld zu sparen. (GR Dkfm Fritz Aichinger: Schlüssel ist der Arbeitsplatz!) Ich verhehle nicht, dass dies den Bund kosten würde, das Geld hat aber im Sinne des Steuergeldes kein Mascherl, es geht um uns genauso.

 

Sie sagen jetzt richtig, es geht um Arbeitsplätze. Arbeitsplätze schafft man, indem man investieren kann – als öffentliche Hand in den öffentlichen Verkehr, was wir tun. Mein Kollege Ellensohn hat es schon gesagt, die Stadt Wien investiert nicht 34 Millionen EUR – wie der Kollege Juraczka, der gerade nicht im Saal ist, gesagt hat; aber vielleicht könnten Sie es ihm ausrichten –, sondern 172 Millionen EUR in den U-Bahn-Bau. Die Stadt Wien investiert auch viele, viele Millionen in weitere Investitionen, nicht nur bei den Wiener Linien, sondern selbstverständlich auch in den restlichen Bereichen der Wiener Stadtwerke und ist so ein Motor. Es ist auch kein Wunder, wenn mehr als ein Zehntel aller in Wien beschäftigten Menschen im großen Bereich der Gemeinde Wien, sei es in den Unternehmungen oder direkt beschäftigt ist, dass dann die Stadt Wien ein zentraler Motor für die Region Wien ist. Das ist hoffentlich allen klar. Und ich denke, die Stadt Wien kommt dieser Verpflichtung im Großen und Ganzen nach.

 

Ansonsten mag ich nicht verhehlen, dass es mich freuen würde – und jetzt komme ich noch zu einem anderen Punkt, der mir immer ein Anliegen ist –, wenn es möglich wäre – nur ich sehe es angesichts der jetzigen Finanzsituation momentan leider nicht –, dass wir auch den Bezirken wieder mehr Geld zur Verfügung stellen können.

 

Ich wünsche mir, dass wir alle miteinander auf europäischer Ebene, auf österreichischer Ebene endlich diese Wirtschaftskrise überwinden werden. Das wird nicht von selbst gehen. Ich glaube übrigens, ganz im Gegensatz zur ÖVP, dass die EZB-Politik der Niedrigzinsen Sinn macht, denn ich will mir nicht vorstellen, wo wir jetzt stünden, würde die Europäische Zentralbank den Richtwert für den Zinssatz auf 3 Prozent setzen. Ich will mir das beim besten Willen nicht vorstellen, und insofern hoffe ich tatsächlich, dass die Niedrigzinspolitik noch eine Zeit lang andauert.

 

Doch die Niedrigzinspolitik ist nicht alles, das wissen wir. Wenn wir uns die gesamten Arbeitslosenzahlen in Europa und gleichzeitig das Produktivitätswachstum ansehen, dann müssen wir meines Erachtens auch noch über einen zweiten Punkt diskutieren, wenn uns Vollbeschäftigung wichtig ist: Immer weniger Menschen sind gegenwärtig in der Lage, das Notwendige zu erwirtschaften, sowohl für den internen Konsum als auch für den Export. Das heißt, wenn wir wirklich wollen, dass mehr Menschen arbeiten, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als die Arbeitszeit zu verkürzen. Ob wir das jetzt individuell mit einer Senkung der Wochenstunden machen, ob wir das mit mehr Urlaubsanspruch machen und wie wir das finanziell ausgleichen, darüber müssen wir reden. Ich persönlich würde mir wünschen, dass zumindest bei den niedrigen Gehältern eine Arbeitszeitverkürzung selbstverständlich mit Lohnausgleich erfolgt. Sie würden es möglicherweise anders sehen. Aber wir würden alle miteinander schon weiterkommen, wenn wir sagen, ohne Arbeitszeitverkürzung werden wir europaweit das Problem der Arbeitslosigkeit nicht in den Griff bekommen. Und das Problem der Arbeitslosigkeit ist tatsächlich das größte Gift in dieser Gesellschaft, das Menschen auseinandertreibt, Menschen gegeneinander aufhetzt.

 

In diesem Sinne bin ich froh, dass die Stadt Wien auch heuer wieder ein kleines Defizit in Kauf nimmt, um – zumindest in unserem eigenen Maße – zu einer Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen zu können. – Ich danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Kollege Margulies hat 10 Minuten Redezeit verbraucht. Die Restredezeit der GRÜNEN beträgt noch 9 Minuten.

 

Für das Protokoll darf ich noch bekannt geben, Kollege Schuster hat mich darauf aufmerksam gemacht: Frau Kollegin Klicka war krankheitshalber entschuldigt, sie ist aber nunmehr schon im Gemeinderatssitzungssaal und folgt der Sitzung.

 

Nächster Redner ist Herr StR DDr Schock. Selbstgewählte Redezeit sind 15 Minuten. – Ich erteile ihm das Wort.

 

11.34.00

StR DDr Eduard Schock|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Die Vorredner machen natürlich einige Anmerkungen erforderlich.

 

Kollege Margulies, Sie haben sich ja heute geoutet und die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank befürwortet. Ja, aber wen trifft denn das, Kollege Margulies? – Diese Niedrigzinspolitik schadet ja den kleinen Sparern. Die kleinen Sparer kommen da zum Handkuss.

 

Und, meine Damen und Herren von der SPÖ, weil Sie ja auch für diese Niedrigzinspolitik sind: Die Reichen

 

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