Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 110
springen listig aus ihren Verstecken heraus, haben Wien auf einmal entdeckt und wandern zu. - Das ist doch eine Entwicklung, um die wir schon jahrelang wissen. Also jetzt alles von dieser Entwicklung abzuleiten, das wäre wirklich zu billig, meine Damen und Herren.
Frau StRin Brauner hat heute des Weiteren - ich möchte auf ein paar der Debattenbeiträge und -themen eingehen - von Griechenland gesprochen. Es ist ein besonders schlechtes Beispiel, meine Damen und Herren, wenn man bei Griechenland sagt, die sollten noch immer Schulden machen. Die waren, glaube ich, wenn ich die Zahl noch richtig im Kopf habe, mit 350 Milliarden EUR verschuldet. Und dort waren nicht die bösen Investmentbanker oder die Konservativen schuld an der Misere, sondern in Griechenland war es die Steuer- und Zahlungsmoral der Griechen selbst. Es ist dort halt eine gewisse Tradition gewesen, wenig Steuer zu zahlen, und das hat auch funktioniert, solange man nicht im Euro war und immer wieder die Chance der Abwertung der eigenen Währung und damit der Erneuerung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes hatte. Mit dem Euro war diese Möglichkeit nicht mehr gegeben.
Gleichzeitig gab es aber eine andere Möglichkeit, und das war das billige Geld, das durch den Euro zugänglich gemacht worden ist. Früher konnte sich ja Griechenland nur in Drachmen viel, viel teurer verschulden, mit der Aufnahme in die Eurozone ging es in Euro, und das hat natürlich für Griechenland eine ganze Verschuldungsschwemme aufgemacht.
Hier dann zu sagen, die Krise in Griechenland würde man am besten bekämpfen, indem man sie noch weitere Schulden machen lässt oder sogar noch weiter Geld hinunterschickt, ich meine, das ist ungefähr so, wie wenn man Feuer mit Benzin bekämpfen möchte, meine Damen und Herren. Und, Frau StRin Brauner, Sie wollen doch nicht wirklich uns Mitteleuropäern, Österreichern und Wienern zumuten, dass wir alle für noch mehr haften, als wir über den Rettungsschirm für Griechenland ohnedies schon mithaften?
Ich halte das daher für ein völlig verfehltes Beispiel. Und was sozialdemokratische Wirtschaftspolitik vermag, sehen wir ja - leider, muss ich sagen - gerade im Eins-zu-eins-Modell in Frankreich. Dort erhöht man die Steuern, dort will man sich noch mehr verschulden, dort wird man immer restriktiver in den Wirtschafts- und Arbeitsgesetzen. Meine Damen und Herren, die Sozialdemokratie in Frankreich wird es schaffen, mittelfristig aus einer „Grande Nation“ eine „Petite Nation“ zu machen. Dazu gratuliere ich ganz herzlich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Kollege Schicker, ich bin wirklich dankbar für diese heute erfolgte Klarstellung. In den letzten Jahren ging es hier in diesem Haus ja auch schon öfter um Vermögenssteuern, aber da kamen dann Beispiele - ich erinnere mich noch immer - wie Dietrich Mateschitz und die Familie Piëch, und es wurde damit argumentiert, wie reich die wären. Jetzt wissen wir tatsächlich, was die Sozialdemokratie in Wien und in Österreich vor hat: Es geht um das Sparbuch der Omama! Dort soll geschröpft werden, meine Damen und Herren, denn Sie haben richtig erkannt, dass eine wirkliche Vermögenssteuer, wenn sie in Österreich etwas bringen soll, nur in den Mittelstand hineingehen kann. Es gibt, so sagen Privatbanken, ungefähr zwischen 500 und 600 sogenannte Ultra High Net Worth Individuals, also Superreiche, in Österreich. Nach internationalem Beispiel fängt das „Superreiche“ bei 30 Millionen Dollar an. Keine Ahnung, warum; da müssen Sie einen Investmentbanker fragen. Also ungefähr 500 bis 600 gibt es, davon angeblich 380 in Wien.
Glauben Sie, von diesen 380 Leuten können Sie wirklich so viel Vermögenssteuer herauspressen, dass es für das Wiener Defizit reicht? - Sie müssen den Mittelstand besteuern! Und genau das hat Herr Kollege Schicker ja heute auch deutlich gemacht, was er mit Vermögen- und Erbschaftssteuern machen möchte, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Kollege Strobl, danke für das Schäuble-Zitat! Ich bin der Meinung, man sollte Schäuble in Wien viel öfter zitieren. Ich bin davon überzeugt, dass der Finanzminister in Deutschland auch bereit wäre, kollegial in Wien auszuhelfen. Also wir können da gerne den Draht herstellen, wenn Sie tatsächlich meinen, dass Schäuble auch in Wien ein bisschen mithelfen sollte. Bis dahin müssen wir uns halt mit österreichischen Persönlichkeiten begnügen, und da möchte ich Ex-Finanzminister Androsch zitieren, der, Kollege Strobl, heuer noch im April, glaube ich, im „profil“ Folgendes sagte: „Ich halte nichts von dieser Mischung aus Neidertum und Robin-Hood-Populismus.“ - Da ging es um die Vermögenssteuern.
Also bleiben wir bei unserem Schäuble und bleiben Sie bei Androsch! Damit ist uns allen geholfen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Frau Stadträtin hat den Vergleich mit München abgelehnt. Das finde ich interessant. Natürlich kann man immer legistische Gründe finden, wie etwa: das eine ist ein Bundesland, das andere ist eine Stadt. Meine Damen und Herren, aber bleiben wir bei der Wahrheit: Wir befinden uns heute in Europa im Städtewettbewerb. Die großen Citys sind in einem ganz harten Wettbewerb - um neue Investitionen, um die Ansiedelung von Betrieben und die fähigsten Köpfe. Und da steht Wien im Wettbewerb mit München, und deshalb ist auch jeder Vergleich zulässig, meine Damen und Herren. Da kann ich der Frau Kollegin Finanzstadträtin nur empfehlen: Frau Brauner, bitte - ach so, sie ist jetzt nicht da, Entschuldigung -, es gibt hier einen wunderbaren Chart über die Schuldenstandentwicklung von Wien und München (Der Redner hält ein Säulendiagramm in die Höhe.) - ich bin sonst kein Freund von Taferln, aber weil er wirklich so wunderbar ist -: Rot ist passenderweise Wien, und da geht es bei den Schulden immer nach oben, bei München geht es herunter. Ich würde empfehlen, das in der Nähe des Schreibtisches aufzuhängen, Frau Brauner. Sie sehen daran - und daran sollten Sie jeden Tag denken, wenn Sie so einen Chart sehen -, dass Schuldenmachen nicht etwas Gottgewolltes ist, sondern es ist auch eine Entwicklung in eine andere Richtung möglich, wenn man die richtige Politik betreibt.
Wenn schon das Schuldenmachen mit München
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