Gemeinderat, 60. Sitzung vom 26.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 53
Forschung auf die Zukunft konzentrieren.
Einer der Gründe, warum die Forschungspolitik und die Förderpolitik in dieser Stadt nicht aufgehen, ist nicht nur die personelle Zersplitterung, sondern auch der konzeptionelle Fleckerlteppich, mit dem wir es in Wien zu tun haben. Schauen wir uns einfach den Forschungsstandard der Stadt an. Ein guter Indikator hierfür, zumindest wird er international immer wieder herangezogen, der sogenannte KPI, Key Performance Indikator, sind die angemeldeten Patente.
Es ist immer auch eine Frage, wie wirtschaftsnah Forschung ist, bei aller Wichtigkeit, auch das möchte ich hier ausdrücklich betonen, der Grundlagenforschung. Denn ohne eine Grundlagenforschung wird es nie zu einer angewandten Forschung kommen. Aber gerade da hat das größte Bundesland Nachteile und schon seit vielen Jahren weniger Patentanmeldungen als beispielsweise Oberösterreich.
Auch der Beschäftigungsstand ist in Wien unter jenem vergleichbarer Städte. Ich habe mir da einige herausgesucht. Vielleicht interessiert es Sie doch auch einmal, ihre Politik zu analysieren und Wien mit anderen Städten zu vergleichen. Ob in Turin, Bologna, Dublin, Cardiff, Dresden, Köln, München, Stuttgart, Berlin, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, Lille oder Madrid, überall ist die Forschungssituation besser als in Wien, und das ist schon ein bisschen beschämend für eine rot-grüne Stadtregierung nach viereinhalb Jahren.
Alarmierend sind aus meiner Sicht auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die wir hier in dieser Stadt haben und mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, beziehungsweise mit denen sich die Betriebe regelmäßig auseinandersetzen müssen. Nur innovative Betriebe werden à la longue ein Jobmotor sein. Da greift einmal mehr die Wirtschaftspolitik in die Wissenschaftspolitik, und da hat Rot-Grün deutliche Defizite.
Die alten Produktionsstandorte der Wiener Wirtschaft wandern immer mehr ab. Das kennen Sie, das wissen Sie aus den Statistiken. Es gelingt nicht, diese eins zu eins durch den Dienstleistungsbereich zu ersetzen. Das gelingt keiner Stadt. Das ist einfach ein strukturelles Problem, weil man einfach die falsche Wirtschaftspolitik ansetzt. Es braucht eine gute Durchmischung in dieser Stadt zwischen Dienstleistung, Produktion, aber auch innovativen Betrieben, die dem auch inhärent sind.
Ich komme viel in der Welt herum. Erfolgreiche Bereiche, Kommunen, aber auch Regionen haben etwas sehr Richtiges getan: Das erkennt man gerade nach einer Wirtschaftskrisensituation, wobei Wien an dieser Situation naturgemäß auf Grund der Struktur, die Sie selbst geschaffen haben, mehr leidet als andere Städte.
Die Werkbank, die Produktion ist aus Wien abgewandert, weil man sie nicht hier haben wollte, weil man ihr Auflagen erteilt hat, die nicht zu erfüllen waren. Man hat auch nicht zuletzt durch die Verkehrspolitik die Logistik reduziert, und viele Betriebe haben gesagt, dann werden wir das einfach woanders produzieren. Denn wer produziert, braucht Zulieferung, Ablieferung, Parkplätze, Logistik und vor allem Verständnis für eine solche Art der Betriebsführung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort braucht vor allem eine gute Infrastruktur. Er braucht Straßen, er braucht Parkplätze, er braucht Logistik, er braucht aber auch Informations- und Kommunikationstechnologie; und auch da sind andere Länder und andere Städte als Wien Vorreiter.
Wir brauchen auch eine gute Forschungsinfrastruktur mit Rahmenbedingungen. Der Bund hat hierfür, glaube ich, gute Rahmenbedingungen gegeben, Hausaufgaben gemacht; aber schauen wir uns doch einmal an, was in dieser Stadt weitergegangen ist im Rahmen der Schaffung der versprochenen Technologiezentren, die Rot-Grün in den letzten vier Jahren nicht weitergebracht hat.
Ich erinnere Sie an Ihre Versprechungen zum Thema Science City in der Seestadt Aspern. Da ist nicht nur ein Technologiepark nicht errichtet worden, sondern er ist meiner Erinnerung und Wahrnehmung nach jetzt vollends in der Schublade verschwunden. Ich sage Ihnen eines, und meine Kollegin Leeb wird dann noch darauf eingehen: Gerade Aspern wird so einen Handlungsbedarf für Sie bringen, dass Sie ausschließlich über wissenschaftliche Beiträge dort etwas auf die Beine stellen können. Sollten Sie das endlich vor haben, werden wir Sie dabei unterstützen; aber es bedarf Ihrer Regierungsinitiativen, diesem Stadtteil endlich eine Zukunft einzuhauchen.
Wir sollten uns aber über das Scheitern dort nicht wundern, denn die konventionellen Betriebe in anderen Stadtteilen sind auch abgewandert. Ich erinnere da an das Bahnhofshauptgelände, wo die dortige Werbezeile zur bedeutungslos geworden ist; und anstatt Betriebe dazuzugewinnen, hat man noch durch die Absiedlung des dortigen Frachtenbahnhofs weitere Betriebsabsiedlungen zu verantworten.
Ähnlich ist die Situation in St Marx. Sie wollten dort ein Medienzentrum errichten, ein Torso ist es geworden. Es ist nicht gelungen, dort eine Medienlandschaft hochzuziehen. Es ist auch nicht gelungen, obwohl gerade St Marx dafür prädestiniert gewesen wäre, einen High-Tech-Standort mit IT-Infrastruktur, IT-Unternehmungen anzusiedeln. Es ist ein weißer Fleck in Ihrer Entwicklungslandkarte, offenbar, weil es Ihnen nicht gelungen ist, dem ORF ein attraktives Angebot zu legen, um dort einen starken Partner vor Ort zu haben. Soweit zum traurigen Thema Technologiecluster in Wien.
Aber wenn schon sozusagen die Hardware hier als Infrastruktur, als Struktur der Stadt im Forschungsbereich nicht wirklich funktioniert und nicht passt, dann schauen wir uns einmal die Software an, nämlich das Förderungsinstrumentarium. Es müsste ja ein Interesse geben, auch diese ordentlich zu bündeln. Anzustreben wäre da doch wirklich keine Aufsplitterung, sondern ein „One Stop Shop“-Prinzip, das Sie hier auch hätten umsetzen können.
Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren. Und wenn man sich ein bisschen die Mühe macht, herauszufinden, welche Anläufe Betriebe tätigen müssen, um zu Förderstellen zu kommen, so zeigt sich, dass wir hier wirklich in einer bürokratischen Stadt leben. Es sind
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