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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 147

 

men und Herren, auch wenn es vom damaligen Stadtrat beziehungsweise jetzigen Klubobmann der SPÖ, Schicker, vorgestellt worden ist. Selbst das noch vom damaligen StR Görg entwickelte Hochhauskonzept steht als durchaus praktikables Planungsinstrument zur Verfügung, das darauf abzielt, die berechtigten Bürgersorgen schon im Vorfeld abzufangen. Generell ist es, glaube ich, Frau Stadträtin, nicht gelungen, die Sorgen der Bürger rechtzeitig zu kanalisieren beziehungsweise rechtzeitig so zu behandeln, dass die Bürger zu Ihrer Regierung von Rot und Grün in dieser Stadt Vertrauen hätten.

 

Jetzt mag sich die Frau Stadträtin durchaus einreden, dass ihre Glücklosigkeit bei der Bürgermitbeteiligung in der Hochhausplanung nicht mit ihr persönlich zusammenhängt, sondern eben mit dem gültigen Hochhauskonzept. Wir denken das nicht, wir glauben, dass die Blockade bei vielen Hochhausprojekten durchaus damit zusammenhängt, wie mit den Bürgern umgegangen wird, auch wenn versucht wird, im Bereich der Mitbestimmung – Sie tragen ja dieses Wort in Ihrer Ressortbezeichnung – neu aufzubauen, aber wir glauben, dass die Sorgen der Bürger nicht wirklich zur Kenntnis genommen werden, und das ist natürlich der zentrale Punkt, warum es immer wieder zu diesen Ärgernissen und auch zu diesen Bürgerinitiativen kommt.

 

Diese politische Haltung ist es, warum es eben zu diesem Planungsstillstand kommt, auch wenn Sie es persönlich nicht zugeben werden. Die Aufzählung der nicht stattgefundenen Projekte ist lang. Meine Damen und Herren, Sie kennen alle das Thema Westbahnhof, Wohnareal alte WU, St Marx, Rothneusiedl, um nur einige zu nennen, oder es sind Projekte, die einfach nicht weitergehen oder sich in die falsche Richtung entwickeln wie etwa die Seestadt Aspern, die Gefahr läuft, zur Schlafstadt zu werden, oder das Areal des Hauptbahnhofes, zu dem ich später noch ein paar Worte sagen werde, wo es um die versprochenen Betriebsansiedlungen geht.

 

Wir sagen, dass Ihre Produktivität hier einfach eher mangelhaft ist, wovon hingegen viel produziert worden ist, ist Papier, etwa die zigste Projektpräsentation in der STEK, die einen Projektstart 2015, 2016 oder gar später hat. Das erinnert eher mehr an das Wollen als an das Können. Gleich werden wir wieder hören, dass Sie für die Umsetzung nicht zuständig sind – der Herr Kollege Chorherr wird mir das sicher bald wieder sagen –, aber ich denke nur, manche Ausflüge der Frau Stadträtin in fremde Ressorts wie das Wohnbauressort hören sich meiner Meinung nach ganz anders an.

 

Es wird Sie natürlich nicht wundern, wenn wir nach über vier Jahren dieser Stadtplanungspolitik auch Kritik an der Erstellung eines neuen Hochhauskonzepts üben. Dieses Konzept hat viele Wiederholungen, es ist weitschweifend, hat keine Leitwirkung und ist im Stil gleich wie jene Pläne, von denen wir schon einige Male vorher gehört haben. Kurz, es steht in dem neuen Hochhauskonzept nicht viel anderes drin außer vielleicht die Betonung einiger Gesichtspunkte und eine detaillierte Auflistung der Einreichungs- und Bewilligungsprozedur. In allen anderen Punkten, meine Damen und Herren, hat diese Abschreibübung keinen Mehrwert gebracht. Während nämlich im Jahre 2002 das präsentierte Hochhauskonzept sehr konkrete Hochhausstandorte vorsah, unter anderem entlang der hochfrequenten U-Bahn-Lagen, und auch entsprechende Hochhausvorranggebiete genannt wurden, tischen Sie uns heute ein Kompendium von Allgemeinplätzen zum Thema Hochhausbereiche auf. Anstatt wie im alten Konzept festzulegen, wo man sich Hochhäuser vorstellen kann, teilen Sie Wien in sechs Bereiche ein, Bereiche, die sich „Fluviale Stadtlandschaft“, „Transdanubische Ausdehnung“ oder „Urbanes Komposit“ nennen. Das, meine Damen und Herren, erinnert eher an Tolkien und seinen „Herr der Ringe“ als wirklich an eine konkrete Vorgabe für Hochhausplanungen.

 

Ich möchte diese Literaturstunde ja nicht erweitern, aber eine kleinste Kostprobe möchte ich Ihnen geben: „Die Hervorhebung und Stärkung markanter Punkte und Stadtkanten innerhalb der bestehenden Baustruktur durch hohe Häuser und Hochhäuser, punktuelle Schwerpunktsetzungen, diskrete Vertikalentwicklungen in zweiter, dritter Reihe und gezielte, das Umfeld belebende Systembrüche umreißen als Stichworte mögliche städtebauliche Verhaltensweisen für die Implementierung von Hochhäusern im Bereich der konsolidierten Stadt.“

 

Das, meine Damen und Herren, ist Schmarrn (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi.), weil es nicht brauchbar ist im allgemeinen Sprachgebrauch. Das mag vielleicht einen Professor der Literaturwissenschaft interessieren, aber es ist keine Handlungsanleitung. Wir denken, dass es sich bei diesem Hochhauskonzept doch um eine Fehlleistung handelt. Es ist eben der Versuch, das zusammenzufassen, was schon besteht, es ist nicht der Versuch, neue Richtlinien für Standorte zu entwickeln, es ist eher der Versuch, davon abzulenken.

 

Ein Thema, das interessant ist: Offenbar hat man die soziale Funktion im Bereich des Gemeindebaus – den ja eigentlich keiner will, weder einen Neubau noch einen Weiterbau durch die Stadt Wien – etwas auf die Hochhäuser übertragen, doch wir denken, dass das nicht die Funktion von Hochhäusern sein kann, denn beim Gemeindebau hat beispielsweise StR Ludwig selbst gesagt, dass, wenn die Stadt so etwas baut, die Bauten 20 Prozent teurer werden. Wohin diese 20 Prozent gehen, weiß ich nicht. Ich meine, dass die Firmen billiger anbieten, das verstehe ich ja noch, aber dass dann das ganze Ding um 20 Prozent Verwaltungskosten teurer sein muss, das verstehe ich ja weniger.

 

Meine Damen und Herren, ich glaube auch, dass man gegenüber solchen Planungsideen einfach Misstrauen haben muss, und das Ausräumen dieses Misstrauens ist Ihnen mit dem Hochhauskonzept nicht gelungen. Wir wissen, Wien braucht angesichts der Bevölkerungszunahme dringend zusätzlichen Wohnraum. Bodenressourcen sind nicht unendlich, das wissen wir auch. Es muss auch in die Höhe gebaut werden, sonst wird auch der Wohnraumbedarf nur schwer zu decken sein. Allerdings müssen auch die Anliegen der Stadtgestaltung eine Rolle spielen. Über die Umgebungen dieser Hochhäuser steht in dieser Richtlinie des neuen Hochhauskonzepts nichts drinnen, da bleibt vieles offen. Diesen sicher schweren

 

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