Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 126 von 147
ablehnen. Ich ergreife heute aber sehr gerne die Gelegenheit, das auch einmal ein bisschen detaillierter zu begründen.
Die Tätigkeit des Dokumentationsarchivs erscheint uns, erscheint mir weniger wissenschaftlich zu sein, was sie ja eigentlich sein sollte, sondern doch eher politisch zu sein. Und das, finde ich, ist aber nicht die Aufgabe dieses Vereins. Noch dazu handelt dieser Verein politisch ziemlich einseitig, wie ich meine. Auch wenn der wissenschaftliche Leiter des Vereins in einem Interview mit dem „Standard“ gemeint hat – ich zitiere: „die FPÖ habe keine rassistische Komponente“, bleibt doch die Tatsache bestehen, dass meine Partei in besonderem Maße zur Angriffsfläche erkoren war und immer noch ist. In diesem Zusammenhang wurden in der Vergangenheit auch schon Behauptungen aufgestellt, die der Verein dann auch wieder zurücknehmen musste, was wiederum Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des Dokumentationsarchivs hervorgerufen hat. Und Zweifel dieser Art, sehr geehrte Damen und Herren, sind eben bis heute nicht gänzlich ausgeräumt.
Das Dokumentationsarchiv hat zahlreiche Mitarbeiter, angefangen vom Vorstand mit dem Präsidenten – wir wissen alle, wer das ist –, den vier Vizepräsidenten und zahlreichen Vorstandsmitgliedern über den Stiftungsrat mit dem Vorsitzenden – das ist die gleiche Person wie der Präsident –, zwei Stellvertretern und ebenfalls zahlreichen Mitgliedern bis hin zu weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Laut Homepage sind diese – in nenne sie jetzt einmal mangels eines anderen Ausdrucks so – weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 21 Personen. Diese alle sollten, denke ich, ihre Tätigkeit viel weniger einseitig ausüben.
Ich gebe ihnen dazu ein Beispiel, und zwar ein wirklich aktuelles Beispiel, nämlich dass eine heuer begonnene Untersuchung der Rolle der sowjetischen Besatzungsmacht in Österreich sich nur auf das Gesundheits- und auf das Wohlfahrtswesen beschränkt und auch nur auf den Zeitraum zwischen April 1945 und September 1945. Andere Inhalte, andere soziale Gegebenheiten sind hier überhaupt nicht mit einbezogen, und auch der Zeitraum und der Zeitrahmen wurden nicht ausgeweitet. Ich finde das schon wirklich bemerkenswert. Hier hätte ich mir vom Verein wesentlich mehr Objektivität erwartet. (Beifall bei der FPÖ.)
Daher bleiben wir Freiheitliche bei unserer Ablehnung. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Baxant. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte schön.
GR Petr Baxant, BA (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Danke schön. Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bitte inständig um die Zustimmung zu dem Poststück. Nicht nur ich, sondern auch die rot-grüne Stadtregierung, meine Fraktion, und, ich glaube, die meisten Menschen in dieser Stadt wünschen sich das Dokumentationsarchiv auch für die Zukunft. Angesichts unserer Vergangenheit und der Schuld und auch der Verantwortung, die unsere Stadt und unser Land tragen, ist das DÖW unglaublich wichtig. Es leistet auch einen Beitrag zur ständigen Reinigung und Befassung mit uns selbst.
Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Poststück. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Dipl-Ing Margulies. – Bitte schön.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Auch ich werde es kurz machen, kann ich mich doch meinem Kollegen Baxant im Großen und Ganzen nur anschließen. Mich hat nur der Kollege Eisenstein insofern ermuntert, noch ein paar Worte zu sagen, als er gesagt hat, das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes geht immer wieder auf eine Partei, auf seine Partei los.
Ein kleines Gleichnis vorweg. Wenn vor mir ein Tier steht, und es sieht aus wie ein Hund, es hat einen Schweif wie ein Hund, es bellt wie ein Hund, dann wird jeder im Großen und Ganzen zu Recht sagen, das ist ein Hund. Und jetzt schauen wir uns den heutigen Tag an. Wenn jemand geschichtsrevisionistische Auffassungen über die NS-Militärjustiz von sich gibt, wenn immer wieder in Auseinandersetzungen, in denen es um Rassismus geht, um Nationalsozialismus geht, dasselbe Vokabular verwendet wird von einer Partei, das auch Rechtsradikale verwenden – ich sage es bewusst jetzt einmal so –, und wenn immer wieder in Diskussionen um Rassismus dasselbe Vokabular verwendet wird, das Rechtsradikale verwenden, dann ist es ähnlich wie bei dem vorherigen Tiervergleich. Dann darf man sich nicht wundern, wenn irgendjemand einmal sagt, ich glaube, ich habe es mit Rechtsradikalen zu tun. Und es ist Aufgabe des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, nicht nur die Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern selbstverständlich auch einen Blick in die Gegenwart zu werfen und vor den Umtrieben zu warnen.
Ich danke sehr. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat auf das Schlusswort verzichtet.
Daher kommen wir nun zur Abstimmung. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die dem Antrag der Berichterstatterin zustimmen wollen, die Hand zu heben. – Zustimmung bei ÖVP, SPÖ und den GRÜNEN und damit mehrstimmig angenommen.
Es gelangt nunmehr Postnummer 95 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an den Verein Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Ich bitte abermals die Berichterstatterin, Frau Mag Straubinger, die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Mag Sybille Straubinger, MBA: Ich bitte abermals um Zustimmung.
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Danke. Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist GR Prof Dr Eisenstein. Ich erteile ihm das Wort.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular