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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 125

 

darum geht, dass der Anstieg der öffentlichen Verschuldung nur in dem Maß hingenommen werden darf, wie mit ihr gleichzeitig ein mindestens ebenso großer Anstieg des öffentlichen Nettovermögens einhergeht, und zwar abzüglich der Abschreibungen bitte. Die Goldene Regel in der Finanzpolitik heißt, dass gezielt verhindert werden soll, dass die aktuelle Generation auf Kosten der künftigen wirtschaftet, denn bekanntermaßen sind die Schulden von heute die Steuern von morgen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und dass Rot-Grün das Anwachsen des Schuldenberges mit der Goldenen Regel rechtfertigt, ist wirklich geschmacklos, aber es ist ein unüberbietbarer Beweis dieser Grundideologie der Stadtregierung, denn das heißt, Schulden machen ist gut für alle. Dass das in einer Zeit nach Griechenland und nach Kärnten noch gesagt werden darf, finde ich ja wirklich interessant. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Frau Stadträtin, Sie haben Stiglitz zitiert, Sie haben Karl Aiginger zitiert, der ja auch davor gewarnt hat, die Goldene Regel so auszulegen, wie Sie das gerade tun. Er hat dann das Ganze in der Abwandlung der Silbernen Regel formuliert und ich darf Ihnen ein Zitat von ihm diesbezüglich zum Besten geben, das Sie nicht vorgelesen haben. Er hat nämlich gemeint: „Eine generelle Öffnung des Fiskalpaktes und auch die gegenwärtige ‚Nachsicht‘ bei Überschreiten der Defizite ist eine schlechte Alternative. Sie reduziert die Glaubwürdigkeit der europäischen Politik und macht in Zukunft Budgetkonsolidierungen schwerer. Sie führt auch dazu, dass Reformen unterbleiben, und alte Ausgaben und Ineffizienzen verbleiben.“ – Das haben Sie uns verschwiegen, was Karl Aiginger auch dazu gesagt hat, sehr geehrte Frau Stadträtin. (Beifall bei der ÖVP)

 

Aber egal, ob Goldene Regel, Silberne Regel, irgendeine andere Regel, insgesamt geht es in jedem Budget jeder Körperschaft darum, dass laufende Ausgaben nur mit laufenden Einnahmen gedeckt werden sollen, und das nicht, indem man sie ständig erhöht, sondern indem man auch Einsparungspotenziale hebt, alles andere führt zu Griechenland. Einsparungspotenzial gibt es genug in der Stadt Wien. Nur ein paar Beispiele: Die von Ihnen auch angesprochene Beamtenpensionsreform, die nicht nachvollzogen wurde. Bei der letzten Gemeinderatssitzung ganz zum Schluss – es war meine erste Gemeinderatssitzung – war die letzte Rede vom Kollegen Niedermühlbichler, und da bin ich noch einmal ganz munter geworden, weil argumentiert wurde, dass diese Pensionsreform nicht deshalb nicht nachvollzogen wird, weil sie nicht gescheit ist, weil sie nicht sinnvoll ist oder weil es nicht irgendwie Sinn macht, sondern nur deswegen nicht, weil sie unter Schwarz-Blau beschlossen wurde. – Bitte, das ist doch kein Argument! Nur weil es jemand anderer beschlossen hat, mache ich es nicht. Das ist doch Sandkastenmentalität! Wenn ich es nicht selber mache, dann mache ich es lieber kaputt oder so. Ich meine, mit dieser Begründung diese Pensionsreform nicht nachzuvollziehen, ist ja wirklich eine Frechheit! (Beifall bei der ÖVP. – GR Christian Oxonitsch: Da haben Sie aber nicht gut zugehört!)

 

Die Reduktion der Frühpensionierungen wäre auch eine Möglichkeit, einzusparen. Von allen Pensionierungen, die im Jahr 2014 vorgenommen wurden, sind über 50 Prozent von Amts wegen oder auf Antrag erfolgt. Das heißt, Frühpensionierungen als System, Einsparungspotenzial zig Millionen Euro pro Jahr. Beim Gesundheitsmanagement – interessanter Bereich der Stadt Wien –: Im Schnitt, sagt das Kontrollamt, also der Stadtrechnungshof, ist der durchschnittliche Beamte der Gemeinde Wien 21 Tage im Jahr krank, der ASVG-Bedienstete im Schnitt bundesweit nur 13 Tage. Was für einen Schluss soll man daraus ziehen? Macht Arbeiten für die Stadt Wien etwa krank? – Das kann es ja nicht sein, und das meine ich jetzt nicht, weil ich die letzten vier Wochen einen Gipsfuß gehabt habe, aber das ist doch etwas seltsam. Steckt da eventuell System dahinter? Jedenfalls ist auch hier Einsparungspotenzial vorhanden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Genauso in der Verwaltung generell. Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria sind die Ausgaben der Gebietskörperschaften in Wien pro Kopf wesentlich höher als der Rest des Bundesschnitts, im Jahr 2011 bei 1.103 EUR pro Kopf, der außerhalb von Wien liegende Schnitt ist lediglich bei 983 EUR. Wenn man diesen Schnitt hernehmen würde, ich weiß, dass Benchmarking immer ein bisschen problematisch ist, aber angenommen, man täte das, wäre das eine Ersparnis von 200 Millionen EUR pro Jahr.

 

Im Spitals- und Gesundheitswesen sind die durchschnittlichen Kosten in Wien im stationären Bereich um fast 20 Prozent höher als der österreichweite Schnitt und im ambulanten Bereich um fast 24 Prozent höher. Auch das wäre ein unfassbarer Einsparungsbereich, wenn man das an den Schnitt anpassen könnte.

 

Aber machen wir es nicht so kompliziert, nehmen wir Beispiele her, wo klassisch verschwendet oder falsch geplant wurde: Media Quarter Marx: 7,7 Millionen EUR verteuert im Vergleich zu den Planungskosten, Geothermie Aspern: 16,1 Millionen EUR versenkt im Vergleich zur Planung, Albert-Schultz-Halle: Kosten um 7,6 Millionen EUR über den veranschlagten Kosten, Stadthallenbad: weiß man noch nicht, ungefähr 8 Millionen EUR über den veranschlagten Kosten und – interessanter Punkt aus dem heutigen medialen Gefüge – 27 Millionen EUR ungefähr für Förderung, wahrscheinlich islamischer Kindergärten. Wie viel Einsparungspotenzial da ist, muss man erst erheben, jedenfalls gehört das kontrolliert! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Egal, ob Goldene Regel, Silberne Regel, Blecherne Regel, egal, ob Stiglitz oder Aiginger, wenn Sie dem Grundsatz „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg auch keinem andern zu!“ – etwas abgewinnen können, dann stimmen auch Sie gegen dieses Budget! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit betrug 11 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Ellensohn – ich erteile es ihm.

 

10.28.29

GR David Ellensohn (GRÜNE)|: Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

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