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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 125

 

Grundsteuer. Das ist auch ein Prinzip, dem wir als NEOS klar eine Absage erteilen. Dazu nur eine kleine Geschichte: Mein Mann war, wie Sie in Rust Ihren Parteitag abgehalten haben, beim Friseur bei der Frau Andrea. Wie im Radio die vor einem Wahlkampf durchaus nachvollziehbare Ankündigung „Wir werden wieder Gemeindebauten bauen!“ gelaufen ist, hat sie gesagt: „Ja, das ist an sich schon wichtig, aber jetzt ist einmal Schluss mit lustig, das ist unser Geld!“

 

Frau Stadträtin, wenn die Frau Andrea, die einen kleinen Friseurladen betreibt, sagt, es ist Schluss mit lustig, wir können nicht mehr, dann muss Ihnen das zu denken geben. Es gibt den Tipping Point, wo ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen kann. Ich glaube, diesen haben wir bald erreicht.

 

Eine letzte Frage, die ich noch in Bezug auf Spekulation mit Steuergeld an Sie stellen möchte: Wie ist das eigentlich, ist es tatsächlich die Aufgabe der öffentlichen Hand, Anleihen zu zeichnen, mit denen Schirnhofer jetzt im Zuge der Zielpunkt-Pleite – Sie haben ja selber die Zielpunkt-Pleite angesprochen – finanziert wurde? – Ich glaube nicht, vor allem, wenn ich dann lese, dass das ja eine normale Geschäftsgebarung ist, wenn man damit Zinsen über dem Niveau des Sparbuchs bekommt. Das ist für mich Spekulation, und ich hätte eigentlich immer gehört, dass Sie dem auch eine klare Absage erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und von StR Mag. Gernot Blümel, MBA.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Ich darf noch um die Anträge bitten. Die Redezeit war 18 Minuten, ich bitte die nachfolgenden Redner der NEOS, das zu beachten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr StR Mag. Blümel, MBA. – Ich erteile es ihm.

 

10.17.02

StR Mag. Gernot Blümel, MBA|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die rot-grüne Stadtregierung hat eindeutig kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Ein paar Beispiele dafür zu Beginn meiner Darstellung: Die Einnahmen der Ertragsanteile aus dem Bund, sprich Finanzausgleich sind im Vergleich zum Rechnungsabschluss 2011 im Voranschlag 16 um 18 Prozent gestiegen, die Einnahmen landeseigener Steuern um 11 Prozent gestiegen, die U-Bahn-Steuereinnahmen um 195 Prozent gestiegen und die Parkraumgebühreinnahmen um 62 Prozent. Gleichzeitig ist die Verschuldung der Stadt weiter angewachsen. 1,4 Milliarden waren es im Jahr 2008 und 5,4 Milliarden werden es wohl Ende dieses Jahres sein. Das ist ein Anstieg um über 270 Prozent, und da sind all die ausgelagerten Geschichten noch gar nicht dabei.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der Finanz- und Wirtschaftskrise, die ja schon einige Male angesprochen worden ist, kann man schon sagen, ja, es sind schwierige Zeiten. Frau Stadträtin, Sie haben ja diese Krise angesprochen als Begründung dafür, dass man sich aus dieser herausinvestieren müsse. Das ist schon alles nicht ganz falsch, der Punkt ist nur, ein wesentlicher Aspekt bei der Bewertung dieser Krise fehlt hier, nämlich: Diese Krise war nicht nur eine Krise der internationalen Finanzmärkte, sondern sie ist erst dazu geworden, weil das Vertrauen in die Finanzmärkte zu dem Zeitpunkt verschwunden ist, als klar wurde, dass Staaten keinen Spielraum mehr haben zu intervenieren, weil sie – und jetzt kommt der springende Punkt – sich in einer Staatsschuldenkrise befinden. Das heißt, die Überschuldung der Staaten, die Staatsschuldenkrise hat wesentlich zu dieser Vertrauenskrise und Wirtschaftskrise beigetragen, und da jetzt zu sagen, wir müssen uns aus dieser herausinvestieren, indem wir die Schulden weiter erhöhen, ist fast perfid. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es gibt in der Geschichte Europas einige Beispiele, dass Staaten in Bankrott gehen können. Spätestens seit Griechenland wissen wir das alle, allerspätestens seit dem Hypo-Kärnten-Desaster wissen wir auch, dass Bundesländer nicht unendlich Schulden machen können, ohne Konsequenzen ziehen zu müssen. All diese Fehler haben eines gemeinsam, nämlich dass am Ende des Tages die Steuerzahlerin/der Steuerzahler das Ganze begleichen muss; am Ende zahlt es die nächste Generation. Das ist nicht gerecht, dem werden wir wohl alle hier zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Angesichts dieser Faktenlage ist es schon ein bisschen ein schlechter Scherz, dass die Stadt Wien die Verschuldungspolitik weiterführt und die Schuldenberge weiter anhäuft. Das wirklich Faszinierende dabei ist für mich aber, dass das unter dem Deckmantel der Goldenen Regel passiert.

 

Sie haben es angesprochen, was ich schon als gewissen Aspekt der Ehrlichkeit sehe, denn wenn man so im Regierungsprogramm liest, dann liest man leicht über diesen Passus der Goldenen Regel drüber. Das ist noch dazu in einer Fremdsprache gehalten – The Golden Rule –, warum man das auf Englisch reinschreiben muss, weiß ich nicht ganz, aber vielleicht klingt es damit ein bisschen intellektueller. (VBgm Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Frank Stronach!) Es wird nicht erklärt, was diese Golden Rule eigentlich ist. Es steht nur irgendwo, man macht sich stark für Ausnahmen der Finanzierung, was Schuldenpolitik betrifft. Aber was ist das eigentlich? – Ich sage Ihnen, es ist mit gutem Grund nicht erklärt, was diese Golden Rule ist, denn diese Goldene Regel bezeichnet ursprünglich ein ganz altes Prinzip der praktischen Ethik, das wir aus allen Weltreligionen, aus allen Kulturen, über alle Zeiten hinweg kennen. Die wissenschaftlichste Formulierung dieser Goldenen Regel ist der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant, der in seiner ersten Formulierung etwa so lautet: Handle so, dass die Maxime deines Handelns jederzeit zu einem allgemein gültigen Gesetz erhoben werden kann! – Wir kennen diese Regel alle im Volksmund unter: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu!

 

Das heißt, diese Goldene Regel ist eine Handlungsmaxime, bei deren Einhaltung für alle das möglichst Beste rauskommen soll. Dass Sie diesen Grundsatz der praktischen Ethik dazu verwenden, um das weitere Schuldenmachen zu rechtfertigen, ist schon wirklich interessant, denn der finanzpolitische Grundsatz der Goldenen Regel, den es ja da und dort in der Diskussion auch gibt, heißt nämlich nichts anderes, als dass es

 

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