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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 125

 

nehmerInnen in gleicher Weise zutreffen oder in gleicher Weise durchschlagen. Das ist nämlich ganz im Gegenteil so.

 

Jetzt wird es kurz einmal grundsätzlich: Die 500 größten Weltkonzerne kontrollieren heute etwa die Hälfte des globalen Handels. Zwei Drittel des Welthandels werden zwischen diesen 500 Konzernen abgewickelt. Wir sehen, dass die Unternehmungsführung immer stärker an diesem kurzfristigen Shareholder Value oder an Renditen am Finanzmarkt ausgerichtet wird. Das geht zu Lasten von Qualität, zu Lasten von Service und zu Lasten von Professionalität. Das Streben nach Größe und Marktmacht tritt an die Stelle von Leistung, Kreativität und neuen Ideen. Die Großen bestimmen immer mehr das Innovations- und Investitionsklima. Im Ergebnis werden die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft verringert, die technologische Entwicklung gebremst, wirtschaftliche Substanz zerstört und die soziale Spaltung der Gesellschaft immer weiter vergrößert, eben auch durch prekäre Situationen für Selbstständige.

 

Frau Meinl-Reisinger, weil Sie immer fragen, wo jetzt die neoliberale Agenda ist: Genau das ist die neoliberale Agenda, die wir in Wien ganz klar ablehnen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Der Kollege Strobl hat schon gesagt, wir stehen ganz deutlich auf der Seite der UnternehmerInnen. Mehr als die Hälfte der Selbstständigen in Wien sind heute schon EPUs, also Ein-Personen-Unternehmen. In der Regel haben diese auch ganz andere Sorgen, als ihre Konkurrenten in Südostasien aufzukaufen oder auf Finanzmärkten zu zocken.

 

Ich kann, weil vorher viel über Frust gesprochen worden ist, auch den Frust eines Selbstständigen verstehen, der heute in Österreich mehr Steuern zahlt als McDonalds oder Amazon in Europa in einem ganzen Jahr. Den Frust kann ich wirklich nachvollziehen. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Ich auch!)

 

Jobs und wirtschaftliche Aktivität entstehen aber genau dort, wo eben Innovationen und Erfindungen neue Felder für wirtschaftliche Aktivitäten und für Handel aufgemacht haben und nicht dort, wo möglichst viel Steuern vermieden werden und wo möglichst riskant gezockt wird. Es geht mir und uns GRÜNEN darum, die unternehmerische Kreativität wieder ins Zentrum zu stellen, die Innovationen und nicht kurzfristige Rendite wieder ins Zentrum zu stellen. Kreativität bedeutet nämlich, immer Neues auszuprobieren, mitunter auch zu scheitern, ständig dazuzulernen und Neues zu schaffen. In einer Welt, in der nur Bilanzzahlen und kurzfristige Ziele zählen, ist dafür kein Platz mehr. Wir werden immer die UnternehmerInnen mit ihrer Kreativität, ihren Innovationen und somit die wirtschaftliche Dynamik in Wien stärken.

 

Wir machen das, und da gehe ich jetzt auf ein paar Punkte aus dem Regierungsprogramm ein, indem wir zum Beispiel die Vergabekriterien der Stadt adaptieren, damit auch kleinere Betriebe und EPUs als Bietergemeinschaften zum Zug kommen können. Wir unterstützen Start-ups, Co-Working-Spaces, Public-Business-Places. Wir forcieren Finanzierungspartnerschaften von öffentlicher und privater Hand. Wir wollen die Mindestsicherung für Selbstständige, ohne dass sie ihren Gewerbeschein zurücklegen müssen. Wenn man weiß, dass Selbstständige die am zweithäufigsten armutsgefährdete Berufsgruppe sind, ist das für mich einer der zentralsten Punkte überhaupt. Und wir werden in den kommenden Jahren, wie schon öfters erwähnt, alle Normen durchforsten und Verfahren für Wirtschaftstreibende weiter verkürzen.

 

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass sich viele UnternehmerInnen, und das ist heute auch schon angesprochen worden, für die Gewerbeordnung ein ähnlich ambitioniertes Vorgehen wünschen würden. Es ist schon bewundernswert, wenn dann die ÖVP hier herauskommt und mit einer gewissen Dreistigkeit - jetzt ist leider niemand mehr da - über die Wirtschaftspolitik in Österreich spricht. Man muss sich einmal vor Augen führen, die ÖVP ist länger im Wirtschaftsministerium, als ich überhaupt auf der Welt bin. Die ÖVP sitzt vier Tage länger im Wirtschaftsministerium, als ich auf dieser Welt bin und richtet uns aus, was in der Wirtschaftspolitik in Österreich schlecht rennt. Das ist ziemlich absurd! (Heiterkeit und Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Billiger Zynismus bringt uns an dieser Stelle überhaupt nicht weiter. Es bringt uns weiter entschlossenes Handeln an der Seite der Wiener UnternehmerInnen und Unternehmen, denn diese sind schlussendlich das Rückgrat der Wiener Wirtschaft. Unsere Wirtschaftspolitik wird immer hinter jenen stehen, die Werte schaffen, die einen Beitrag zu einer gerechten und nachhaltigen Stadt leisten, und nicht hinter jenen, die lediglich Schaum schlagen. Darum kann ich mit großer Überzeugung diesem Budget zustimmen. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Jung. - Selbstgewählte Redezeit 11 Minuten. - Ich erteile ihm das Wort.

 

13.39.38

GR Mag. Wolfgang Jung (FPÖ)|: Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Zunächst einmal zum Kollegen Strobl - ist er noch da? -, der sich darüber mokiert hat, dass von einem unserer Redner in der Frage der Flüchtlingspolitik geäußert wurde, wir können uns das nicht mehr leisten. Herr Kollege, man kann Politik nicht mit Träumen machen, sondern man muss Politik mit Zahlen und Fakten machen. Das haben sogar mittlerweile verschiedene Sozialdemokraten erkannt. Wir können nicht unbegrenzt aufnehmen. Da ist ein Kurswechsel notwendig.

 

Zitat Landeshauptmann Burgenland, SPÖ: „Man darf den Kopf nicht in den Sand stecken. Änderungen der Asylpolitik sind notwendig.“

 

„Die Regierung muss die Asylpolitik ändern, sonst erleidet sie Schiffbruch.“ Zitat Ex-Minister, nunmehriger Landesrat Darabos. „Aus fürs Flüchtlingsheim in Draßburg. Aus fürs Flüchtlingsheim in Leibnitz!“ In Draßburg hat die SPÖ-Fraktion ihren Bürgermeister im Regen stehen lassen und es abgelehnt. In Leibnitz ist es anders. Dort ist der Bürgermeister auch dafür. Heute haben wir es wieder. Es gibt Nationalräte, alle aus der SPÖ. Sind die alle genauso unanständig? Oder zählt für die SPÖler, Herr Kollege Strobl, dies nicht, was Sie vorher

 

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