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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 125

 

Mag. Wolfgang Jung: Fragen Sie den Bundeskanzler!), wo sich doch die UNO seit Monaten darüber beklagt, dass die Menschen in den Lagern nicht ausreichend zu essen und zu trinken haben! (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das ist Ihre Regierung!) Das ist zu wenig, Herr Kurz! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Armin Blind: Sie stellen schon den Kanzler!)

 

„By the way“, wer für Integration ist - das sind wir nämlich alle -, macht sich nicht für eine Asylgesetzesnovelle stark, bei der ein Großteil der Flüchtlinge von ihren Familien getrennt leben muss, weil sie de facto keine Chance auf Familienzusammenführung haben, da die Hürden so hoch sind! So eine Politik konterkariert Integrationsmaßnahmen und hat mit Menschenrechten überhaupt nichts zu tun! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Armin Blind: Es sind Ihre eigenen Leute, bei denen Sie jammern müssen!)

 

Selbstverständlich kann die Verweigerungspolitik mancher EU-Staaten in puncto Flüchtlingspolitik, so wie sie betrieben wird, nicht weitergehen! (GR Mag. Dietbert Kowarik: O ja, es wird so weitergehen, auch wenn Sie es nicht glauben!) Es ist beschämend, wie sich manche Staaten diesbezüglich verhalten, so nach dem Motto: Ich baue meinen Zaun, und die Flüchtlinge sollen selber schauen, wie sie weiterkommen! Die Europäische Union basiert auch auf dem Prinzip der Solidarität, und das haben wir an … (GR Mag. Dietbert Kowarik: Wie ist die Lösung?) Ich sage Ihnen gleich, wie die Lösung aussieht, hören Sie mir einmal kurz zu!

 

Das Prinzip der Solidarität erkennen wir an der Struktur- und Kohäsionspolitik der Europäischen Union, mit welcher das Ziel verfolgt wird, den Abstand zwischen den verschiedenen Regionen und den Rückstand der am wenigsten begünstigten Gebiete zu verringern. Wie viele EU-Fördergelder sind bereits in Staaten geflossen, die sich heute weigern, Flüchtlinge aufzunehmen und Flüchtlinge wie Kriminelle ins Gefängnis stecken?!

 

Die EU-Flüchtlingspolitik muss daher auf neue Beine gestellt werden, und Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, müssen auch von einem Fonds finanziell unterstützt werden und Ausgleichszahlungen von Staaten bekommen, die keine oder wenige Flüchtlinge aufnehmen. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das sind Wünsche an den Weihnachtsmann!?) Europa kann es sich nicht leisten, auf Grund der Flüchtlingskrise zu zerfallen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Denn was würde das Dichtmachen von Grenzen für den wirtschaftlichen Verkehr bedeuten, und welche wirtschaftlichen Nachteile würden für Europa aus einer derartigen Politik resultieren? - Das wäre fatal!

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss klar sein: Die Flüchtlingskrise ist auf europäischer und internationaler Ebene zu lösen. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Da müssen wir aber lange warten!)

 

An dieser Stelle schließe ich auch wieder den Kreis zum Thema Internationales: Es gibt zwei Themen, die man in diesem Zusammenhang aufgreifen muss. Erstens geht es um die Tatsache und den Umstand, dass die Rüstungsindustrie heute ein Zweig ist, der um mehr als 10 Prozent jährlich wächst und dass die USA, Russland, aber gerade auch Staaten aus der Europäischen Union wie etwa Deutschland weltweit die größten Rüstungsexporteure sind. Und zufällig fließen diese Exporte genau in Regionen, die von Kriegen gezeichnet sind. Gerade der arabische Raum und afrikanische Länder zählen zu den größten Abnehmern schwerer Waffen. (Zwischenruf von GR Mag. Wolfgang Jung.) Wir sehen zum Beispiel auch am Beispiel Syriens, dass die undifferenzierte Aufrüstung der syrischen Rebellen dazu geführt hat, dass auch dschihadistische Terrororganisationen, unter anderem auch der IS, aufgerüstet wurden, was nachweislich von Seiten europäischer Staaten und der USA in Kauf genommen wurde.

 

Das heißt, wenn man Terrororganisationen bekämpfen möchte, dann müssen die Rüstungsexporte in Kriegsgebiete ein Ende nehmen, weil diese sonst wiederum in Hände von Terrororganisationen fallen. Wir dürfen uns nichts vormachen: Selbst in Österreich gibt es einige Akteure, die der Meinung sind, wir sollten doch am Kuchen ein bisschen mit naschen, und im Übrigen sollten wir doch die Rüstungsindustrie nicht mehr „Rüstungsindustrie“ nennen, sondern „Sicherheitsindustrie“, denn „Rüstung“ klingt so pfui und so negativ! - Das gibt es auch in Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ein zweites wichtiges Thema betrifft die Tatsache, dass in den letzten 20 Jahren der Rückgriff auf Gewalt fast zum Normalfall geworden ist. Obwohl in den Vereinten Nationen Krieg und Militäreinsatz als Ultima Ratio gelten - das heißt, dass Krieg das letzte Mittel ist, wenn alle friedlichen Mittel bereits ausgeschöpft wurden -, sehen wir dennoch die Entwicklung, dass in den letzten Jahrzehnten Militäreinsätze oftmals als einzige Lösung von Konflikten dargestellt werden.

 

Mit der Fokussierung auf Militäreinsätze allein verlieren wir jedoch das Wesentliche aus den Augen, nämlich dass die meisten Konflikte ihre Ursache im Zerfall von Gesellschaften haben, was zu Unsicherheit und Instabilität führt, oder aber im Klimawandel, im Hunger, in prekären sanitären Verhältnissen oder allgemein in zunehmenden Ungleichheiten. Es muss daher wieder eine Epoche der intersozialen Beziehungen kommen! Wir brauchen wieder eine neue Agenda für den Frieden, womit eine neue, andere Einschätzung von internationalen Konflikten ermöglicht wird.

 

Im Hinblick darauf, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich zuversichtlich und sicher, dass Wien Vorreiterin dieser Vision werden wird! - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Wiederkehr. Selbstgewählte Redezeit 5 Minuten, fraktionelle Restredezeit 14 Minuten. - Bitte.

 

14.05.06

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS)|: Diesmal habe ich ein bisschen mehr Zeit als das letzte Mal!

 

Sehr verehrte Vorsitzende! Werte Damen und Herren!

 

Auch ich möchte meine Rede mit europäischen und internationalen Themen beginnen, weil ich Europäer bin

 

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