«  1  »

 

Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 125

 

Wenn Sie jetzt Nein sagen, dann muss ich Ihnen sagen: Das sind aber 95 Prozent unserer Leute! 95 Prozent unserer Leute sind nämlich genau in der Dienstleistung beschäftigt! Das ist die große Masse unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, und diese machen einen tollen Job, und wir sind ihnen sehr dankbar dafür! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben hier heftig kritisiert. Dann müssen Sie mir aber auch erlauben, bei der Antwort genauso plakativ zu sein und genau hinzuschauen: Wenn Sie hier kritisieren, dass Vereine, in denen politische Funktionäre sitzen, Förderungen bekommen und diese Vereine keine Förderungen mehr bekommen sollen, weil diese Vereine, wenn dort Funktionäre und Funktionärinnen - und ich rede jetzt von meiner Partei, von der SPÖ - drinnensitzen, zu Parteivereinen werden und deswegen nicht mehr gefördert werden sollen, dann schauen wir doch einmal, was das ganz konkret heißt! (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Das habe ich nicht gesagt!) Natürlich haben Sie das gesagt! Sie haben gesagt, das ist Freunderlwirtschaft! „Strukturelle Korruption“ ist Ihr Lieblingswort, und das bringen Sie immer damit in Zusammenhang.

 

Dann schauen wir doch einmal genau hin! Schauen wir uns einen solchen Verein an, in dem viele der Anwesenden - ich weiß, wovon ich spreche, denn es ist meine Frauenorganisation - sitzen. Ich meine den Verein Wiener Frauenhäuser: Jawohl! In dessen Vorstand sitzen Funktionärinnen der SPÖ. Nicht nur - es gibt dort auch andere, aber viele Funktionärinnen. Und ich selbst war früher ebenfalls dabei. Jetzt bin ich es nicht mehr, weil es sich zeitmäßig nicht mehr ausgeht.

 

Warum ist das so? - Schlicht und einfach deswegen, weil es die SPÖ-Frauen vor vielen, vielen Jahren waren, die erkannt haben, wie wichtig es ist, in diesem Bereich aktiv zu werden, weil Leute wie etwa ganz konkret Johanna Dohnal diesen Verein gegründet haben. Und seitdem sitzen dort SPÖ-Funktionärinnen im Vorstand, und Sie können doch nicht wirklich ernsthaft meinen, dass man deswegen die Wiener Frauenhäuser nicht mehr unterstützen sollen, die so wichtig sind in dieser Stadt! Wien ist die einzige Stadt, die der EU-Bestimmung, dass es pro 10.000 Frauen einen Platz im Frauenhaus geben soll, auch nachkommt, und das ist unter anderem der Arbeit dieser SPÖ-Funktionärinnen - nicht nur, aber auch - zu verdanken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Blümel hat gemeint, er könne die Austeritätspolitik nicht erkennen. Ihm das genau zu erklären, würde jetzt zu weit führen, das schaffe ich in meinen restlichen 11 Minuten und 52 Sekunden nicht mehr, daher sage ich nur: Ein leichter Blick in die Europäische Union würde dabei helfen, weil nämlich in der Europäischen Union auch einfach in Kauf genommen wird, dass es in diesem gemeinsamen Europa Landstriche gibt, wo mehr als die Hälfte der jungen Menschen arbeitslos und perspektivenlos sind, und diesbezüglich keine Maßnahmen gesetzt werden. Aus Zeitgründen kann ich das jetzt nicht länger ausführen, aber genau das ist für mich Austeritätspolitik, und diese hat natürlich auch Auswirkungen auf Österreich. Ich halte diese Austeritätspolitik für falsch, und ich setze dieser mein Konzept entgegen.

 

Wenn Sie sagen, dass Sie nicht sehen, wo wir weniger Einnahmen haben, dann würde ich Sie einladen, einmal genauer hinzusehen! Ich habe nämlich überhaupt den Eindruck, dass manche, die hier über dieses Budget reden, den Voranschlag leider nicht gelesen haben! Die Einnahmen allein aus den Gemeinschaftlichen Bundesabgaben im Jahr 2016 sind um 50 Millionen geringer als 2015. Das ist doch eine Zahl, die bei einem Budget dieser Stadt nicht banal ist!

 

Und als Sie hier, sehr geehrter Herr Kollege, die Golden Rule zitiert haben, dann ist mir das ein bisschen bekannt vorgekommen! Wenn man nämlich in Wikipedia „Golden Rule“ eingibt, dann kommen die Zitate, die Sie genannt haben. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Wortwörtlich!) Ich würde vorschlagen, dass wir den wirtschaftspolitischen Diskurs nicht nach Wikipedia führen, sondern entsprechend den aktuellen wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Dann würden Sie nämlich wissen, dass die Goldene Regel aus der deutschen Verfassung 1969 stammt. In dieser ist das volkswirtschaftliche Gebot gestanden, dass Neuverschuldungen nur in der Höhe der jeweiligen Bruttoinvestitionen eingegangen werden sollen. Das heißt, Ausgaben für langlebige wachstumsfördernde Sachwerte. Und genau dafür stehe ich und das tue ich. Und ich denke, es wäre besser, wenn Sie sich damit auch auseinandersetzen! Sie können Ihren eigenen Finanzminister fragen, der nämlich zu dieser Frage eine sehr differenzierte Position hat und sich auf europäischer Ebene sehr dafür einsetzt, dass Investitionen möglich sind. Ich glaube, dass wir auf dieser Ebene den Diskurs besser und sachlicher führen könnten.

 

Herr Kollege Ornig! Gerne setze ich mich auch mit Ihnen und Ihren wirtschaftspolitischen Erfahrungen auseinander. Ich bin nämlich ein bisschen überrascht. Ich habe viel mit UnternehmerInnen zu tun, aber Sie sind der Erste, der sagt, dass Ihnen Fremdfinanzierungen für Investitionen in der Wirtschaft unbekannt sind und Sie das nicht kennen. (GR Markus Ornig, MBA: Das habe ich nie gesagt.) Das haben Sie gesagt! Sie haben gesagt: Man kann nur das Geld investieren, das man hat. Nur das kann man ausgeben … (Weiterer Zwischenruf von GR Markus Ornig, MBA.) Wortwörtlich haben Sie das so gesagt! Vielleicht habe ich Sie missverstanden, dann nehme ich das gerne zur Kenntnis! Wir wissen natürlich, dass das Gegenteil der Fall ist, dass größere langfristige Investitionen fremdfinanziert werden sollen, und zwar gerade in einer Zinslandschaft, wie wir sie haben.

 

Und ich würde auch Sie wirklich bitten, weil ich eigentlich mit Ihrer Fraktion gern in einen positiven Diskurs gerade betreffend Wirtschaftspolitik eintreten möchte, mit Begriffen wie „Freunderlwirtschaft“, „strukturelle Korruption“ und dergleichen ein bisschen vorsichtiger umzugehen, wenn wir ernsthaft miteinander diskutieren wollen!

 

Sie haben gesagt: „Einsparungen sind notwendig.“ Sie haben gesagt: „Zuhören ist wichtig.“ – Ich denke

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular