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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 125

 

unseren sozialen Wohnbauten nicht vergleichbar sind und dass man dort wirklich nur dann wohnt, Herr Gemeinderat, wenn man keine anderen Möglichkeiten hat, mit all den damit verbundenen sozialen Problemen, hoher Arbeitslosigkeit, 50 Prozent Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit bis zu 80 Prozent, einer Entwicklung, die wir in Wien nicht wollen. Das passiert aber auch nicht von selbst. Das muss auch ständig gelebt werden und funktioniert nur dann, wenn es gezielte Interventionen der Stadt gibt. Ich denke nur an die abgewohnten Viertel entlang des Gürtels, die erst dann wieder attraktiv geworden sind, als die Stadt Wien gemeinsam mit den privaten Hauseigentümern sehr viel Geld in die Hand genommen und diese Viertel saniert hat. Dann hat auch eine gewisse Veränderung der sozialen Zusammensetzung begonnen und die soziale Durchmischung wurde stark belebt.

 

Die soziale Durchmischung muss es meiner Meinung nach auch im Gemeindebau geben. Auch da sind wir, glaube ich, nicht in allen Dingen einer Meinung. Denn ich sage, der soziale Wohnbau insgesamt soll nicht nur für die sozial Schwachen da sein, sondern soll, wie ich meine, natürlich auch für den Mittelstand da sein. Da bin ich auch mit vielen Richtlinien, die es in der Europäischen Union gibt, nicht einer Meinung. Es gibt in der Europäischen Union die Tendenz von Seiten der Kommission, den geförderten Wohnbau ausschließlich für sozial Schwache vorzusehen. Ich halte das für keine gute Entwicklung, weil sie soziale Durchmischung nicht fördert, sondern verhindert. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Das ist auch der Grund, dass ich gemeinsam mit unserem Bgm Michael Häupl auch EU-weit aufgetreten bin. Wir haben eine Resolution verabschiedet, der sich 30 europäische Metropolen angeschlossen haben, unabhängig davon, wie sie politisch verortet sind. Das waren nicht nur Sozialdemokraten, das waren Konservative, Liberale, die alle der Meinung sind, es ist richtig, dass Wohnbaupolitik, vor allem geförderte Wohnbaupolitik, im nationalen Bereich verankert bleibt und vor allem auch den kommunalen Zugang hat. Ich glaube, wir sollten uns auch in der Europäischen Union als Städte immer wieder sehr selbstbewusst melden und nicht warten, bis uns EU-Richtlinien vorgegeben werden, sondern ich glaube, wir haben einiges herzuzeigen, auf das wir auch stolz sein können. Gerade im geförderten Wohnbau genießen wir diese hohe internationale Anerkennung, die wir auch einsetzen sollten.

 

Damit bin ich noch bei den Einkommensgrenzen. Wir haben relativ hohe Einkommensgrenzen. Das ist richtig. Ich habe erst vor Kurzem die Einkommensgrenzen im Gemeindebau und im geförderten Wohnbau angeglichen, sie sind jetzt gleich, um auch zu befördern, dass es eine Fluktuation zwischen diesen großen Bereichen gibt. Wir haben jetzt ein Willkommensservice neu geschaffen. Dort bekommt man Information und die Möglichkeit, den Zugang zu finden, egal, ob es Gemeindewohnungen, geförderte Miet-, geförderte Genossenschaftswohnungen sind. Ich sage, der Parameter, was die Einkommensgrenzen betrifft, muss die Steuerleistung sein. Jeder, der mehr verdient, soll mehr Steuern zahlen. Dazu bekenne ich mich. Das ist richtig. Aber man kann nicht jeden, der ein bisschen mehr verdient, der irgendwo einen Biennalsprung hat, dadurch besteuern, dass er dann nicht nur mehr Steuern leistet, sondern dass er auch mehr für das Wohnen zahlt, die nächste Idee vielleicht, dass er mehr bei der U-Bahn zahlt, dass er mehr für die Theaterkarten zahlt. Wo sind da Anfang und Ende? Ich sage, Besteuerung richtig, nach Einkommenshöhe, aber es muss dann auch die Möglichkeit geben, wenn man sich beruflich verändert, verbessert, wenn man ehrgeizig ist, wenn man leistungsbereit ist. Ich bekenne mich zum Leistungsprinzip. (Beifall von GR Mag. Wolfgang Jung.) Ich bin froh, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die auch an einer Weiterentwicklung im Berufsleben interessiert sind, aber die kann man dann nicht immer bestrafen, dass man sagt, wenn du ein bisschen mehr verdienst, dann ziehen wir dir gleich wieder etwas ab, weil du mehr Miete zahlst. Von daher, finde ich, sollte man das auch breiter sehen. Denn wenn wir sagen, wir sind bei einer anderen Miethöhe im Gemeindebau, muss man schon sagen, dann müssten wir uns das auch bei den geförderten Sanierungen und bei den geförderten Eigentumswohnungen anschauen. Das sind dann schon mehr als 80 Prozent aller Wienerinnen und Wiener. Jetzt rede ich noch gar nicht von dem Bürokratiemonster, das wir dann neu schaffen würden, weil das dann kontrolliert werden müsste. Also, da sehe ich mehr Nachteile als Vorteile.

 

Ich denke, dass auch die politische, nicht parteipolitische, Unterstützung in der Bevölkerung für den geförderten Wohnbau umso höher ist, umso höher die Chancen sind, dass man entweder selbst oder für die Kinder, Enkelkinder einmal eine geförderte Wohnung bekommen kann. Das ist wie bei den öffentlichen Verkehrsmitteln. Überall dort ist die Akzeptanz hoch, wo von der Bedienerin bis zum Generaldirektor alle mit der U-Bahn fahren. In den Städten, wo quasi nur die sozial Schwachen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, ist die Bereitschaft, dort zu investieren, gesellschaftlich auch eine geringere. Von daher, wenn uns das wichtig ist, und das habe ich aus allen Reden herausgehört, geht es natürlich auch um gesellschaftliche und politische Akzeptanz in der Bevölkerung.

 

Zum Eigentum: Es ist richtig, Frau GRin Schwarz, es soll eine persönliche Entscheidung sein, für welche Wohnungsform man sich entscheidet. Das ist richtig. Da haben wir auch kein Recht, uns einzumischen. Es gibt auch einen sehr breiten Eigentumsmarkt, der sich in den letzten Jahren boomend entwickelt hat, also nicht nur die Vorsorgewohnungen, auch die verschiedenen Bauherrenmodelle, Baugruppen. Vieles, was es vor zehn Jahren noch nicht gegeben hat, entsteht natürlich auch durch die Entwicklung am Anleihen-, Aktienmarkt, auch der Flucht ins Betongold, wie ich immer sage. Da ist viel entstanden am Wohnungsmarkt, sehr viel an Investition, auch ins Eigentum. Das soll auch sein.

 

Aber wenn man von der Treffsicherheit jener Mittel spricht, die wir zur Verfügung haben, sehe ich natürlich vor allem eine starke Konzentration, auch jenen zu helfen, die finanziell diese Unterstützung besonders benöti

 

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