Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 103
Ja, selbstverständlich können wir nicht einfach so tun, wie wenn nichts gewesen wäre - das wäre ja ganz abstrus -, sondern selbstverständlich müssen wir die Strategie jetzt entsprechend anpassen, aber in Ruhe und mit Bedacht. Nicht mit überhasteten, kontraproduktiven Aktivitäten, sondern mit kühlem Kopf und klugem Verstand.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die 3. Zusatzfrage stellt GR Dipl-Ing Margulies. - Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Vorweg eine Anmerkung: Ich finde es bedauerlich, wenn man aus Papieren zitiert, und zwar nur die Hälfte. Denn in der strategischen Entscheidung steht zwar drin, bei 1,32 wird konvertiert, es steht aber genauso drin: Sollte dieser Kurs nicht erreicht werden, ist unter vorheriger Bildung der Rücklage zu schauen und gemeinsam zu überlegen, wie bei einem niedrigeren Kurs abgebaut werden kann. Na, selbstverständlich sind diese Überlegungen gemacht worden! Ich finde es bedauerlich, Halbsätze zu zitieren und das als Wahrheit darzustellen.
Jetzt tatsächlich zu meiner Frage, die in die Richtung geht, welche Auswirkungen es auf die Zinszahlungen hat, weil ja in der gegenwärtigen Situation der Referenzzinssatz, der Schweizer Libor, ungefähr zwischen -0,8 und -1,0 schwankt und die Stadt Wien schon bisher relativ günstige Zinssätze in der Finanzierung gehabt hat, in der Größenordnung von 0,25.
Dieses Absinken des Libor um fast 1 Prozentpunkt: Ist dabei überhaupt aufrechtzuerhalten, dass die Stadt Wien durch diese Veränderung in der Fremdwährungsrelation zwischen Schweizer Franken und Euro höhere Zinszahlungen zu leisten hat? Oder ist eigentlich davon auszugehen, dass in der gegenwärtigen Situation trotz Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro die Stadt Wien sogar niedrigere Zinszahlungen als bisher zu entrichten hat?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Renate Brauner: Sie haben natürlich recht: Wenn man seriös diskutiert, muss man die aktuelle Zinssituation, auch wenn sie aus Gründen entstanden ist, mit denen wir nicht glücklich sind, selbstverständlich mit einberechnen. Auch das ist ja keine Neuigkeit. Wir haben, wenn man sich den Zinsaufwand ansieht - das sind ja auch Zahlen, die allen zugänglich sind und die wir auch veröffentlicht haben -, auch schon in der Vergangenheit immer geringere Zinsen gezahlt.
So hatten wir zum Beispiel 2014 Zinszahlungen für die Fremdwährungsschuld, die unter denen des Jahres 2012 gelegen sind. Das heißt, diese sind entsprechend zurückgegangen, was auch dazu geführt hat, dass die Zinsbelastungen insgesamt niedriger geworden sind, wenn wir jetzt alle gemeinsam rechnen. Wir haben hier ein Verhältnis von 60 zu 40 in der Relation zwischen Euro- und Schweizer-Franken-Darlehen. Also ist insgesamt auch die Durchschnittsbelastung logischerweise zurückgegangen und die Zahl dessen, was wir an Zinsbelastung haben.
Jawohl, es ist richtig, dass sich durch das weitere Absenken diese Zinsbelastung noch weiter verringern wird. Wir sind ursprünglich davon ausgegangen, dass es durch die veränderte Bewertung insgesamt zu einer Mehrbelastung von 2 Millionen kommen wird, was viel Geld ist, überhaupt keine Frage. Aber in Relation zum Budget der Stadt Wien gesehen - das ist ja die Schwierigkeit, dass man unsere Dinge immer in Relation sehen muss mit dem gesamten Budget, auch mit der gesamten Belastung, die wir haben - ist das, relativ gesehen, natürlich ein geringerer Betrag. Auch diese 2 Millionen müssen jetzt auf Grund der aktuellen Entwicklung noch einmal relativiert werden.
Das heißt, es ist richtig, dass die Zinsentwicklung natürlich entsprechend geringere Aufwände bedeutet, als es bisher der Fall war.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt GR Nepp. - Bitte.
GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Frau Stadträtin!
Sie sind ja immer wieder für eine Überraschung gut und überraschen nicht nur mich, sondern auch sämtliche Experten, wenn Sie Zitate oder Aussagen treffen. Ich kann Ihnen das nur zitieren, zum Beispiel die Aussage: „Nein, wir spekulieren nicht, wir hoffen nur auf bessere Kurse.“ Das ist ja eine sehr interessante Einzelmeinung, die Sie da vertreten, dass das keine Spekulation ist.
Ich habe bei mir zu Hause in meiner Bibliothek ein paar Werke volkswirtschaftlicher Literatur durchgelesen, um vielleicht jemanden zu finden, einen Autor oder einen Experten, der diese Meinung unterstützt. Ich habe mir angeschaut: „Makroökonomie“ von Olivier Blanchard, von Samuelson und Nordhaus „Volkswirtschaftslehre“, von Paul Krugman „International Economics“. Ich habe nichts gefunden, was Ihre These - nein, wir spekulieren nicht, wir hoffen auf bessere Kurse - unterstützt.
Ich habe zu Hause auch eine Auflage des überhaupt ersten Lehrbuchs über Haushaltsführung, nämlich „Oikonomikos“ von Xenophon; im 4. Jahrhundert vor Christus wurde das geschrieben. Ich habe gedacht, vielleicht basiert Ihre Theorie darauf. Das ist in Altgriechisch und auch in Latein, das gibt es gar nicht auf Englisch. Ich habe das gestern noch schnell übersetzt.
Jedenfalls finde ich das alles nicht, was Ihre These hier unterstützt, und ich habe mir gedacht, vielleicht haben Sie ja schon Zugang - und das ist jetzt auch meine Frage - zu einem unveröffentlichten Manuskript für ein Buch, auf das eigentlich niemand gewartet hat, und vielleicht basiert Ihre Theorie auf diesem Buch. Da wollte ich eben fragen: Basiert Ihre gesamte volkswirtschaftliche Annahme auf dem Buch „No's and Don'ts in Economics“ von Monika Rathgeber? (Heiterkeit bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Renate Brauner: Was wir jetzt wissen, ist, dass Sie Bücher zu Hause haben und dass Sie offensichtlich absolut kein Interesse haben, wie ich auch Ihrem freundlich lächelnden Gesicht entnehme, absolut kein Interesse haben, dazu beizutragen, eine schwierige
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