Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 103
Frau Vizebürgermeisterin! Eine Sache müssen Sie schon auf sich nehmen: Es vergehen keine Budgetrede und keine Rechnungsabschlussrede, wo nicht mehrfach, Mantra-artig die Krise und die sogenannten „neoliberalen“ Verursacher dieser Krise beschworen werden. Manchmal hat man fast den Eindruck: Was täten Sie ohne Krise?! Denn die Krise ist irgendwo das, was vieles andere zudecken kann.
Was wir aus den ganzen Debatten lernen können, ist offenkundig Folgendes: Es gibt die gute und es gibt die böse Spekulation. Wenn man selber spekuliert, ist das keine Spekulation: Man wartet auf bessere Zeiten. Wenn andere das tun, dann ist es böse, dann ist es neoliberal, dann ist es furchtbar!
Welcher Stein fällt Ihnen aus der Krone, sich hinzustellen und zu sagen: Die 80er, 90er Jahre, da hat es andere Zugänge gegeben, das war die Goldgräberstimmung, da war man ja teilweise wirklich blöd, wenn man nicht mitgemacht hätte. Aber diese Zeiten sind, wie Kollege Neuhuber gesagt hat, seit 2008 definitiv vorbei, und so weiter, das hat sich geändert, und jetzt schauen wir, wie wir aus diesem Schlamassel herauskommen.
Das einfach umzudefinieren und zu sagen: „Wir spekulieren nicht, sondern wir warten auf bessere Zeiten.“, das ist ja bestenfalls eine Umschreibung für nämliches Phänomen! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie gerade auf die Volkshochschule gehen und dort das Budget erklären, finde ich es auch eine sehr wichtige Aufgabe, dass man dort komplexe Zusammenhänge auch einfach darstellt. Aber was gibt es Einfacheres, als jemandem zu erklären, der sich in einer fremden Währung verschuldet, dass das eine Spekulation ist?
Es ist nämlich eine doppelte Spekulation: Man spekuliert darauf, dass sich in der fremden Währung die Zinsen günstiger entwickeln; das ist die erste Spekulation. Und die zweite Spekulation ist, dass sich der Kurs günstiger entwickelt. So ohne sind Fremdwährungskredite also wirklich nicht!
Jetzt kann man durchaus geteilter Meinung darüber sein. Ich meine auch, dass da die Banken kleinen Häuselbauern viel zu viel umgehängt haben, noch dazu, wenn man einen Fremdwährungskredit mit einem Tilgungsträger - das ist dann die dritte Spekulation - verknüpft. Na ja, dann wird es wirklich haarig. Zinsen, Kurse, und wie entwickelt sich irgendein Fonds: Das ist etwas, was nicht ungefährlich ist und wo viele einfache Häuselbauer nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Staaten Europas wahrscheinlich überfordert waren.
Aber in den Kommunen sollten doch Profis sitzen. Es ist ja nicht nur die Stadt Wien, es ist auch St Pölten, es ist Linz. In Linz ist das Besondere der Swap, die Zinswette, die Wette darauf, wie sich Zinsen entwickeln werden. Jetzt können wir es uns aussuchen: Wenn Linz gewinnt, geht die BAWAG pleite, wenn die BAWAG gewinnt, geht Linz pleite, und im Zweifel zahlen alles die Steuerzahler!
Schauen Sie sich auch den Salzburger Finanzskandal an, auch dort ist spekuliert worden. Es ist also offenkundig schon eine ansteckende Krankheit, die sich auch im öffentlichen Sektor breit gemacht hat.
Wenn Sie immer auch die Hypo Alpe-Adria bringen: Das ist natürlich ein Skandal. Aber ich darf Sie schon daran erinnern: Die erste Bank, wo viel Geld in der Karibik versenkt wurde, war die BAWAG. Der biedere österreichische Kommunalfinanzierer, die Kommunalkredit, hat auch in Zypern sehr viel Geld verloren. Die Hypo Burgenland, und, und, und - man kann das Ganze sehr lang fortsetzen.
Es gibt also offenkundig doch eine gewisse Zockermentalität, die sich da breit gemacht hat. Wir wünschen uns alle nicht, dass es schlecht ausgeht. Aber wir sind mit diesen Fakten konfrontiert, und die Frage muss man schon stellen: Warum hat man die letzten Jahre nicht genützt? - Denn dass diese künstliche Stützung des Franken, indem die Schweizerische Nationalbank auf Teufel komm raus immer mehr Franken in Umlauf bringt und den Euro aufkauft, nur vorübergehend sein wird, das war schon klar.
Es war vielleicht nicht klar, dass es so schnell geht. Nur, umgekehrt: Solche Dinge muss man schnell beenden! Das kann man nicht ankündigen. Wenn man die Zeichen der Zeit richtig gedeutet hat, dann war es natürlich das „Quantitative Easing“, das jetzt die EZB gemacht hat, indem da eine Billion einfach aus dem Nichts geschaffen wird, das dann dazu geführt hat, dass die Schweizer die Notbremse gezogen haben: Da können und wollen wir nicht mitmachen!
Wenn Sie jetzt darauf warten, dass die Schweiz pleitegehen wird: Das wünschen wir uns a) nicht, und b) wird das nicht passieren. Gerade Österreich - und hier auch die Sozialdemokraten - hat die Hartwährungspolitik verfolgt! Wir sind mit einer harten Währung immer gut gefahren, denn eine harte Währung, kombiniert mit guten Produkten, ist immer erfolgreich.
Zu meinen, man kann mit einer temporären Abwertung langfristige, strukturelle wirtschaftliche Probleme überdecken, das funktioniert nicht. Das funktioniert bestenfalls kurzfristig und führt mittelfristig zu einem Währungskrieg, wo auch niemand weiß, wer ihn gewinnen wird.
Der Abwertungswettlauf ist auf keinen Fall im Sinne der nordeuropäischen Länder. Das ist bestenfalls für den Club Med kurzfristig eine Hilfe, aber für uns definitiv nicht. Ich darf Sie schon daran erinnern, dass man den Österreicherinnen und Österreichern seinerzeit, als wir in den Euro gegangen sind, versprochen hat, dass der Euro, genauso wie der Schilling und wie die D-Mark, eine harte Währung sein und bleiben wird.
Wir sind auf dem Weg in Richtung einer Weichwährung, und wir alle wissen, wer von einer weichen Währung profitieren wird: Das sind immer die Großschuldner! Und zahlen tun diejenigen - der kleine Schuldner muss immer zahlen, der wird in Konkurs geschickt, der wird gepfändet. Der Großschuldner putzt sich ab, und die vielen kleinen Sparer, diejenigen, die etwas auf die Seite gelegt haben, werden sukzessive enteignet! Da brauchen wir gar nicht Ihre Vermögenssteuer, das geschieht über die Währungspolitik der EZB.
Das Problem ist allerdings jenes: Wenn das Vertrauen einmal verloren geht und die Spargesinnung den
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