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Gemeinderat, 63. Sitzung vom 20.02.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 68

 

zutraue, dass ich diese Vereinbarkeit auch tatsächlich schaffe.

 

Deswegen sehen wir, dass es ganz, ganz wichtig ist, bei dieser ungerechten Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit ganz massiv anzusetzen, und wir sehen natürlich auch, dass die Frauen diese Einkommensschere, von der wir manchmal glauben, die sei so abstrakt, natürlich wirklich auch am eigenen Leib spüren, wenn sie zum Beispiel im Bürgerinnenforum sagen, ich bin gerne eine Frau, aber nicht, wenn es das Geld betrifft. Also diese Diskriminierung, diese Unterschiedlichkeit spüren die Frauen natürlich sehr wohl, und da geht es auf der einen Seite um die Existenzsicherung, da geht es aber auf der anderen Seite ganz massiv darum, eben diese Klischees, diese Rollenbilder auch entsprechend aufzubrechen, und zwar in allen Bereichen unserer Gesellschaft, ob es im Kindergarten ist, bei der Berufswahl oder eben bei der Verteilung der bezahlten Arbeit. Es geht darum, den Frauen diesen Mut zu machen: Ihr könnt alles sein!

 

Das ist sozusagen der inhaltliche, aber auch der politische Unterbau dafür, wie wir Frauentage in dieser Stadt begehen: nämlich immer mit dem Blick darauf, natürlich die Frauen zu feiern, aber immer auch mit diesem politischen Ziel, Frauenforderungen entsprechenden umzusetzen, weil unser Ziel eben ist, dass Frauen sicher, selbstbestimmt und unabhängig in dieser Stadt leben können.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau GRin Schneider. – Bitte.

 

10.07.44

GRin Mag Ines Schneider (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Danke schön. Sie haben es ja schon angesprochen, dass wir gerade von Diskriminierung sprechen, und da geht es natürlich auch um die Gleichstellung bei den Frauen, im Besonderen bei der Einkommensschere, die ja immer noch sehr auseinanderklafft. Wir liegen ja immer noch bei zirka 21 Prozent.

 

Den von uns vorgeschlagenen Einkommensanwalt haben Sie ja erfolgreich abgelehnt. Ich glaube trotzdem, dass es notwendig ist, hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen auf Grund der prozentuellen Werte, die wir immer noch haben, wie das Einkommen zwischen Mann und Frau auseinandergeht. Sie haben es ja auch selbst erwähnt, dass es ja bei vielen Frauen oft existenzgefährdend ist, gerade auch bei alleinerziehenden Frauen.

 

Ich würde jetzt gerne wissen, welche konkreten Maßnahmen können gerade in Wien gesetzt werden, um das nachhaltig zu verändern?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Frau Abgeordnete, wir sind überhaupt nicht weit auseinander, wenn es darum geht, gemeinsam das Schließen der Einkommensschere in unsere Agenda zu nehmen und da entsprechend gemeinsam dafür zu kämpfen.

 

Wir sind deshalb nicht für einen Einkommensanwalt oder für eine Einkommensanwältin, weil wir dem Rechtskonstrukt der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Gleichbehandlungsstellen und Gleichbehandlungskommission gut vertrauen. Wenn es also zu einer Diskriminierung kommt und diese Diskriminierung gut dargestellt und aufgearbeitet werden soll, dann haben wir die Stellen dafür. Wir können die Einkommensunterschiede nicht mit einer Anwältin oder mit einem Anwalt bekämpfen, wir können die Einkommensunterschiede nur dann bekämpfen, wenn wir die Einkommensschere gut durchanalysieren und dann schauen, dass wir die Diskriminierungstatbestände, die damit zusammenhängen, ausräumen.

 

Da ist uns natürlich in den letzten Jahren Großartiges gelungen. Ich nenne jetzt einmal dieses Beispiel der Koppelung der betrieblichen Frauenförderung an die öffentliche Auftragsvergabe. Das hat uns enorm weitergebracht, gerade im Bereich der Dienstleistungen. Wir haben es auch geschafft, dass wir in den letzten 4 Jahren den Equal Pay Day um ganze 14 Tage nach hinten verschoben haben.

 

Das heißt, unsere Politik, unsere Maßnahmen, unsere Projekte greifen. Die greifen aber deshalb, weil sie sich sozusagen aus verschiedensten Elementen zusammensetzen. Das beginnt bei der Aus- und Weiterbildung, das beginnt bei der Unterstützung von Mädchen, sich eben, wie ich es vorher gerade gesagt habe, für andere Berufe zu entscheiden als die traditionellen Berufe. Ein Mädchen soll nicht nur wissen, dass es vielleicht Spaß macht, mit irgendwas herumzuzangeln, sondern es soll auch wissen: Wenn du mit dem Hammer oder mit – weiß ich jetzt nicht – einem Schraubenzieher herumzangelst, dann verdienst du im Endeffekt um 1 000 EUR mehr, als wenn du mit einer Schere herumzangelst und Friseurin wirst.

 

Diese Entscheidungen sind ein Element, wo wir wirken können. Wir können auch dort wirken, dass wir sagen, wir müssen die Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben leichter machen. Der Gratiskindergarten war ein riesengroßer Schritt in diese Richtung zur Vereinbarkeit, dass Frauen sich nicht mehr entscheiden müssen, ob es sich auszahlt, dass sie arbeiten gehen. Und es ist natürlich auch wichtig, zu schauen, dass wir nicht zu viele Frauen haben, die in die Teilzeitfalle geraten. Wenn wir uns die Zahlen zur Frauenarmut anschauen, da geht mir jetzt das Herz über, da könnte ich tausende Elemente sagen, wo wir was tun müssen. Wenn heute Einzelhandelsbetriebe nur mehr 25-Stunden-Verträge anbieten, dann kann bitte von einem 25-Stunden-Vertrag keine Frau mehr leben. Und daran müssen wir natürlich auch arbeiten. Denn worum geht es da wiederum? Das geht es darum – und wenn man sich den Gleichstellungsmonitor anschaut, sieht man das ganz genau –: 60 Prozent der Arbeit, die Frauen leisten, ist unbezahlt, 40 Prozent der Arbeit ist bezahlt, und bei den Männern ist es genau umgekehrt. Und warum sollte sich in dieser Gesellschaft daran irgendetwas ändern? Haben die Männer daran Interesse? – Nein!

 

Deswegen müssen wir gesellschaftspolitisch da wirklich viel tun, und deswegen wird es immer schwieriger, diese Schere zusammenzudrücken, denn die Prozentpunkte, die da jetzt noch offen sind, liegen nicht mehr am Kollektivvertrag, die liegen nicht mehr daran, dass Frauen schlechter ausgebildet sind – sie sind weit besser

 

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