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Gemeinderat, 63. Sitzung vom 20.02.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 68

 

Ich darf Sie hier sehr herzlich begrüßen. Wir alle oder wahrscheinlich viele von uns kennen Ihre Stadt. Sie ist wunderschön.

 

Ich begrüße auch Ihre Gattin und die restlichen Mitglieder der Delegation, die sich hier, soweit ich informiert wurde, ein bisschen den Tourismus anschauen wird. Es wird ein gegenseitiger Austausch sein. Alles, alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

 

10.30.1Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der Grüne Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Mit der 365-Euro-Jahreskarte auch ins Wiener Umland – Umweltbewusste und leistbare Mobilität in einer wachsenden Stadt!“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich ersuche den Erstredner, Herrn GR Mag Maresch, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, und weise darauf hin, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist.

 

10.30.57

GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus)|: Schönen guten Morgen, sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Es geht eigentlich um eine Antwort auf das Problem der Pendlermassen, die sich da jeden Tag aus dem Umland nach Wien hereinwälzen. Es gibt eine Kordon-Untersuchung, die besagt, dass in Wien ungefähr 680 000 Fahrzeuge angemeldet sind, also quasi mit Wiener Kennzeichen, darüber hinaus fahren jeden Tag 350 000 Fahrzeuge vom Umland nach Wien hinein. Das sind ungefähr 180 000 ArbeitspendlerInnen, der Rest sind Gewerbetreibende, EinkäuferInnen, TouristInnen, was auch immer. Also 350 000 Fahrzeuge. Wenn man sich das noch einmal anschaut, so kommt ungefähr ein Drittel aller sich in Wien befindenden Fahrzeuge aus dem Umland, sind also PendlerInnen.

 

Die Stadt Wien und viele, viele WissenschaftlerInnen in dem Bereich beschäftigen sich schon sehr lange mit der Geschichte: Wie die Pendlermassen auf den öffentlichen Verkehr zu bringen? Was tun, um da Abhilfe zu schaffen? Das gibt es jetzt natürlich mehrere Möglichkeiten, aber im Wesentlichen geht es darum, dass der VOR – das sind die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland, soweit es den öffentlichen Verkehr betrifft – hier eine Lösung hat. Es gibt die Kernzone, die Zone 100, und dann gibt es sozusagen eine Zone nach der anderen, erste Außenzone, zweite Außenzone, und so weiter. 70 Prozent der PendlerInnen, die von draußen hereinfahren, kommen aus Wien-Umgebung, das ist Mödling, Klosterneuburg, Groß-Enzersdorf, Schwechat. Also 70 Prozent dieser 350 000 Fahrzeuge kommen aus dieser unmittelbaren Zone rund um Wien. Die müssen jetzt 2 Mal rund 365 EUR bezahlen – in Niederösterreich die erste Zone ist teurer –, also über 700 EUR jährlich kostet das. Das ist auf jeden Fall keine Motivation, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.

 

Das merkt man deswegen, weil die Zahlen beim öffentlichen Verkehr ständig zurückgegangen sind bis zu dem Zeitpunkt, als in Wien zwei Dinge passiert sind. Das erste Ding war: Wien hat den Preis für die Jahreskarte auf 365 EUR gesenkt. Das hat bedeutet, dass wir in Wien von ungefähr 345 000 JahreskartennutzerInnen oder -besitzerInnen jetzt bei einer Zahl von 650 000 sind. Also eine schöne Zahl! Das hat die rot-grüne Stadtregierung wunderbar gemacht. Das ist einmalig in ganz Europa.

 

Das Zweite, was auch passiert ist, war die Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung im Westen Wiens. Diese klassische Push-and-pull-Maßnahme hat dazu geführt, dass sehr, sehr viele Menschen im Umland natürlich schon auf den ÖV umgestiegen sind.

 

Die dritte Maßnahme war: Wir haben mit dem Land Niederösterreich ausgemacht, dass wir draußen in der Fläche Park-and-ride-Anlagen bauen und das Land Niederösterreich dabei unterstützen, gemeinsam mit den ÖBB, an den Schnellbahnen, also an den Hauptrouten des öffentlichen Verkehrs, Park-and-ride-Anlagen zu bauen.

 

Das Problem ist nur, dass sie noch nicht angenommen werden. Wenn man sich zum Beispiel Park-and-ride-Anlagen draußen anschaut, so sind die in manchen Städten voll, aber vielfach auch nicht. Das heißt, die Pendlermassen fahren nach wie vor über die Autobahnen herein nach Wien, zum Beispiel auf der Südautobahn. Das weiß man ja. Vor Jahren hat es zwei Streifen hinaus, zwei Streifen hinein gegeben. Jetzt haben wir vier Streifen hinein, vier Streifen hinaus, plus Abbiegestreifen. Eine riesige Autobahn. Trotzdem Stau ab Guntramsdorf jeden Tag. Warum? Weil in jedem Auto eine Person sitzt. Und das macht uns ein ziemliches Problem in der Stadt mit Feinstaub, Lärm und dergleichen Dingen.

 

Unser Angebot – das machte auch schon die Vorgängerstadtregierung, der damalige Stadtrat Rudi Schicker hat das auch schon einmal propagiert –: Wir wollen, dass die Kernzone in die erste Außenzone ausgeweitet wird als Angebot für die PendlerInnen, aber auch für die WienerInnen, die auspendeln, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Ein wichtiges Angebot. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Man soll uns nicht sagen, wir tun nichts für die Pendler. Folgerichtig hat auch die Arbeiterkammer Niederösterreich diesen Vorstoß begrüßt. Ja, wir wollen das tun. Wer es nicht begrüßt hat, war natürlich die ÖVP-Niederösterreich. Die haben keine Freude, denn die wollen ganz gerne ihre Autobahnen weiterbauen und unglaublich gerne den Leuten Pendlergeld, Pendlerpauschale geben. Wir wissen ja, wer das Pendlergeld und das PendlerInnenpauschale bekommt. Das ist der Mittelstand, das sind die Reicheren, denn die Ärmeren, die keine Steuerabschreibungen machen können, weil sie quasi ein Minuseinkommen haben, bekommen das gar nicht.

 

Also wir wollen in Wirklichkeit als eine ökologische, aber auch als eine soziale Maßnahme diese 365 ins Umland ausweiten. Das wird denselben Erfolg haben wie die 365 in Wien. Der Unterschied ist nur: Wir müssen mit Niederösterreich verhandeln, gar keine Frage, aber die Niederösterreicher könnten, wenn sie sich das Pendlergeld überlegen würden, auch einiges sparen. In anderen Städten oder in anderen Gegenden gibt es das schon. Wir wollen das für Wien und die erste Zone auch machen.

 

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