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Gemeinderat, 64. Sitzung vom 13.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 35

 

davon wahr ist. Erstaunlicherweise werde ich dann feststellen, all diese unterschiedlichen Zustandsbeschreibungen sind richtig. Sie kommen vor. Sie kommen im selben System vor. Das macht dieses System unter anderem auch so kompliziert. Sogar nur im Bereich des Spitalswesens kann ich sowohl überfüllte Ambulanzen als auch Ambulanzen, die alles andere als überfüllt sind, vorfinden, kann ich Ärztinnen und Ärzte, aber auch Pflegekräfte haben, die unter Arbeitsüberlastung leiden und solche, die das nicht tun, ebenso beim medizinisch-technischen Personal. Aber wenn ich es mir einfach machen will, nehme ich immer nur das Beispiel, das mir gerade gut passt, um von mir aus den politischen Gegner oder irgendjemand anderem zu erklären, wie die Welt ist. Leider ist die Welt nicht nur schwarz oder weiß.

 

Leider ist das System, das wir haben, das eine gute Leistung bringt, tatsächlich aus meiner Sicht am Rande der Kapazität. Wir wissen, dass dieses System an allen Ecken und Enden ächzt, und zwar nicht erst seit wenigen Tagen, sondern seit Jahren. Wenn ich mir Reden aus diesem Gemeinderat durchlese, wenn ich mir zum Beispiel auch das Buch, das die Kollegin Korosec 2007 herausgegeben hat, durchlese, dann denke ich, das sind Analysen und Beschreibungen von vor vielen Jahren und sie treffen noch immer zu. Sie treffen noch immer zu. Gleichzeitig wurden auf der systematischen Ebene bereits die richtigen Schritte gesetzt.

 

Wenn Sie, Frau Kollegin Korosec, sagen, es liegt an der Umsetzung, dann sage ich, schauen wir uns das an. Es liegt an der Umsetzung. Auch da haben wir unterschiedliche Verantwortungsbereiche. Ich nehme jetzt auch den Verantwortungsbereich, für den die Frau Stadträtin, aber wir alle als Mitglieder des Gemeinderats am ehesten noch zuständig sind, nämlich für die Spitalsversorgung in Wien, heran. Da wurden unterschiedliche Schritte gesetzt, alle in die richtige Richtung. Sie sagen es selbst. Wenn Sie dann aber sagen, Sie haben Kritik an der Umsetzung, dann kommen Sie mit Beispielen, die an diesen Punkten nicht ansetzen. Also muss ich Ihnen zumindest vorwerfen, dass Sie in Ihrer Argumentation nicht stringent sind. Die Beispiele, die Fehler, die sie aufgezeigt haben, sind alle da, haben aber mit dem, was gerade im Arbeitszeitgesetz plus die flankierenden Maßnahmen vereinbart wurde, herzlich wenig zu tun. (GR Mag Wolfgang Jung: Systemfehler addieren sich und dann kommt es einmal zur Explosion!) - Ich denke nach. Ich bin eine Politikerin, die durchaus den Anspruch an sich selbst hat, zuzuhören und sich zu überlegen, ob das, was ich gehört habe, einen Sinn macht oder nicht. Ich rede die ganze Zeit davon, dass das System an den Grenzen seiner Kapazität ist. Nur Sie sagen, es ist ein Systemfehler. Nein, das System muss an verschiedenen Ecken und Enden geändert werden. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, eben!)

 

Nehmen wir nur die Spitalsversorgung her. Ich rede noch nicht vom extramuralen, also vom niedergelassenen, Bereich. Dann wissen wir, dass wir auf der einen Seite Überkapazitäten haben, die auf der anderen Seite fehlen. Jetzt ist Ihre Milchmädchenrechnung, übrigens Ihre auch, Herr Lasar, wenn wir dort ÄrztInnen brauchen, müssen wir sie nur hinüberschieben. (StR David Lasar: Das habe ich nicht gesagt!) - Oh ja! (StR David Lasar: Ich habe gesagt, es gibt viel zu wenig!) Sie rechnen die ganze Zeit vor, dass es nicht möglich ist, ÄrztInnen abzubauen, wenn wir gleichzeitig eigentlich … (StR David Lasar: Warum stocken dann die Bundesländer ihre auf? Oder können diese nicht rechnen?) - Ich würde gerne einmal erleben, dass Sie meine Argumentation zu Ende hören, damit Sie wissen, worauf ich hinausgehe, statt sofort, und zwar sehr reflexartig, das hineinzurufen, was Sie wollen.

 

Es kann sich nicht ausgehen in einem System, dass wir an einem Ende zu viele Kapazitäten haben, am anderen Ende zu wenig, zu sagen, das kann man nur intern verzweigen. Ein einziges Beispiel: Wenn wir zum Beispiel in einer Notfallambulanz Kapazitätsengpässe haben, zu wenig ÄrztInnen, dann können wir zum Beispiel nicht einen Spezialisten für HNO dorthin verschieben. Das ist doch logisch! Das heißt, es passiert gleichzeitig. Gleichzeitig müssen an manchen Ambulanzen, an manchen Stellen ÄrztInnen abgebaut werden. Das heißt genau, es werden die Verträge nicht verlängert oder sie gehen in Pension und werden nicht mehr nachbesetzt, weil wir an diesen Ecken und Enden Überkapazitäten haben. Gleichzeitig wissen wir, dass woanders Ärztinnen und Ärzte selbstverständlich aufgenommen werden müssen. Ich würde mir wirklich wünschen, dass all diejenigen, die tatsächlich für diese Umsetzung verantwortlich sind, die Sozialversicherungen, die Ärztekammer, die Führungsriege des KAV, versuchen, die Problematik so zu erklären, dass sie alle verstehen. Das politische System hat offensichtlich kein Interesse daran, das Gleiche so zu erklären, dass es alle verstehen, und offensichtlich auch nicht die anderen Interessenvertretungen. Da nehme ich jetzt keine aus. Alle scheinen ihr eigenes Spiel spielen zu wollen, was nur so lange verständlich ist, so lange sie Interessen zu vertreten haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Das erklärt die Sache der Regierungskoalition!) Nur gleichzeitig vergessen sie bei diesem Spiel, dass es ein drittes Gegenüber gibt, also nicht meine Verhandlungspartner, mein Interesse und wie kriege ich möglichst viel Geld, möglichst wenig Arbeit oder sonstige Erfolge. Es gibt ein drittes Gegenüber. Das sind tatsächlich die Menschen da draußen, die sich null auskennen. Und ich verstehe sie gut. Diese, da haben Sie recht, Frau Kollegin Korosec, sind verunsichert, weil ihnen werden auch tausende Bilder von entsetzlichen Zuständen hingeworfen. Würde ich mich nicht bemühen, hinter diese Bilder zu blicken und zu schauen, was tatsächlich passiert, würde ich mich vielleicht auch fürchten. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber Sie haben 52 Millionen für Öffentlichkeitsarbeit, hat man uns erklärt!) - Falls der Einwand im Protokoll aufgenommen worden ist, denke ich doch, dass er sich selbst richtet.

 

Mein Appell geht dahin, dass ich meine, neben dem großen politischen Ziel, bei dem wir Einigkeit haben, wie Sie eingangs erwähnt haben, braucht es tatsächlich Änderungen. Diese Regelung, die jetzt für die Arbeitszeit der Ärztinnen und Ärzte getroffen wurde, geht in die richtige Richtung. Es gibt bessere Einstiegsgehälter. Die

 

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