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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 86

 

Parlament?) ohne Klubzwang (GR Mag Wolfgang Jung: Ohne Gesetzgebungskompetenz, ohne ...), ohne fixe Koalitionen ... (Ruf bei der SPÖ: Hören Sie einmal zu!)

 

Werden Sie schon nervös? (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, ich sage es Ihnen nur! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich glaube, Ihr Klubobmann hat gemeint (GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Das ist die Normalform!), man soll sich auch einmal andere Meinungen anhören. Also vielleicht respektieren Sie wenigstens Ihren Klubobmann, nicht? (GR Mag Wolfgang Jung: Aber Sie müssen aufpassen ...) Ja, dann wird er das tun, und er wird recht haben.

 

Das Europäische Parlament ist eines, wo die Fraktionen eine maßgebliche Rolle bei der Arbeit spielen. Ich könnte das jetzt genau erklären, aber da wird der Herr da wieder nervös werden, darum lasse ich das. (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, aber ich war dort schon drinnen, da waren Sie noch gar nicht in der Nähe! - Heiterkeit bei der SPÖ. - GR Prof Harry Kopietz: Er ist immer so!) Ich bin ein bisschen jünger, gell, das stört manchmal, ja. (GR Mag Wolfgang Jung: Die Erfahrung zählt!)

 

Aber es hat eine Eigenschaft. Es gibt österreichische Abgeordnete - das sind die meisten -, die sind in Fraktionen organisiert. Die beteiligen sich sehr aktiv an der Arbeit im Europäischen Parlament. Wenn Sie der Frau Vana zuhören, der Frau Schmidt zuhören: Ja, die tun das auch, was sie da reden.

 

Und dann gibt es die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei, die sind bei keiner Fraktion. Die sitzen ganz rechts, ganz hinten, ganz oben. Das ist dort also ein bisschen anders als hier bei Ihnen, da sitzen sie witzigerweise links - aber bitte, es ist so. Manchmal reden sie etwas, da hört ihnen keiner zu. Aber sie waren bis jetzt nicht in der Lage, die Gesetzgebung im Europäischen Parlament auch nur irgendwie zu beeinflussen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Das machen die Lobbyisten!) Keinen einzigen Antrag durchgebracht, keinen einzigen Bericht gehabt! Überhaupt nichts bewirkt in diesem Parlament! (GR Mag Wolfgang Jung: Sie haben ja gar kein Gesetzgebungsrecht, Herr Kollege!) Die ganze Zeit nur gescheit reden und überhaupt nichts weiterbringen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wissen Sie, wofür die Null steht? Die Null steht für die Arbeitsleistung der FPÖ im Europäischen Parlament. Die sind genauso wenig gratis wie der Schulz im Parlament, aber vollkommen umsonst sind sie dort! (Beifall bei der SPÖ. - GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Was ist mit dem Gastrecht, Herr Vorsitzender? - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Vorsitzender, Herr Vorsitzender, ich weiß was, ja, ja. (Heiterkeit bei der SPÖ. - GR Mag Wolfgang Jung: Der ist im klassischen Sinn nicht unparteiisch! Das ist hier das Problem! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Ich bin aber dafür dankbar - noch einmal -, hier sein zu dürfen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Noch einmal!) Denn es gibt in der europäischen Politik doch einige Dinge, über die man diskutieren muss und die man ansprechen muss. Es gibt viele Missverständnisse. Es gibt viele Dinge, die anders gesehen werden.

 

Ich habe mir gerade jetzt gedacht - und ich glaube, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig -, dass das, was im Mittelmeer passiert, eine der größten Katastrophen der letzten Jahrzehnte ist. Dass Menschen ersaufen, dass Kinder im Unterdeck eingesperrt sind, und wenn die Boote kentern, kommen sie nicht einmal mehr raus - das ist inakzeptabel!

 

Wenn man in letzter Zeit österreichische Zeitungen gelesen hat - die meisten zumindest -, wenn man österreichischen Politikerinnen und Politikern zugehört hat, war das Erste, das gesagt wurde: Europa ist schuld, Europa lässt die Menschen ertrinken, ja, die Europäische Union, das sind Mörder! - Ich habe das gelesen, und meines Erachtens ist das etwas, über das man ganz intensiv diskutieren muss, nämlich dahin gehend: Was kann die Europäische Union da überhaupt machen? Welche Kompetenzen hat sie überhaupt?

 

Die Asyl- und Flüchtlingspolitik liegt in der Kompetenz der Mitgliedstaaten, geschätzte Damen und Herren, und die Europäische Union kann sich nicht Kompetenzen aneignen, die sie nicht hat! Es sind die Mitgliedstaaten, die höhere Beträge für die Hilfe für diese Menschen bis jetzt verweigert haben. Es sind die Mitgliedstaaten, die sagen, es soll keine koordinierte Verteilung von Menschen, die flüchten, in der Europäischen Union geben. Es sind die Mitgliedstaaten, die blockieren, wenn Europa handeln möchte. Das ist etwas, worüber man dann auch diskutieren muss!

 

Der Herr Menasse hat - gestern, glaube ich, war es - in der Presse geschrieben: Wenn man schon jemand als Mörder bezeichnet, dann kann man auch darüber diskutieren, ob man nicht die Mitgliedstaaten als solche bezeichnen soll. - Gestern war Gipfel, und was ist herausgekommen? Meines Erachtens zu wenig! Einige Länder weigern sich noch immer, über Quoten zu diskutieren. Der englische Premierminister, Herr Cameron, möchte die HMS Bulwark schicken, das Flaggschiff der Royal Navy, da passen 710 Royal Marines drauf. Aber er will nicht fünf Flüchtlinge mehr nehmen.

 

Solange das so ist, geschätzte Damen und Herren, wird das nicht funktionieren. Wir müssen endlich darüber diskutieren, wie sinnvoll es ist, gewisse Kompetenzen europäisch zu zentrieren, und umgekehrt aber auch darüber diskutieren, wo sie keinen Sinn machen. Das ist, glaube ich, auch Sinn einer solchen Aussprache, um zwischen Europaabgeordneten und Mitgliedern des Gemeinderates zu diskutieren, was die einen als sinnvoll erachten und was die anderen als sinnvoll erachten. Ich glaube, es macht wenig Sinn, sich hier in gegenseitigen Beschimpfungen zu erschöpfen.

 

Ein weiteres Problemfeld ist meines Erachtens die Frage der unfairen Verteilung in der Europäischen Union, die Frage der Steuerpolitik, die Frage der Einkommen. Ist es noch möglich, nationalstaatlich gegen diese Dinge aufzutreten? Ist es noch möglich, als Republik Österreich zu sagen, Konzerne müssen wieder ordentlich Steuern zahlen?

 

Darüber muss man diskutieren, und wenn man es genauer hinterfragt, kommt man drauf, dass das schwer möglich ist. Ich bin nicht so sehr ein Freund der theoreti

 

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