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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 86

 

haben, sich niederzulassen, zu arbeiten und zu leben, wo sie wollen, und ihre Perspektiven zu suchen.

 

Es sind nur die Allerwenigsten, die flüchten würden. Und es würde fast niemand aus dem Elend flüchten müssen, wenn wir endlich die Ausbeutung beenden würden! Das müsste eigentlich die erste Maßnahme reicher Länder wie Österreich beziehungsweise der Europäischen Union oder einer progressiven Politik sein, diese Ausbeutung zu stoppen und Flucht hierher unnotwendig zu machen.

 

Was wir allerdings tun, ist noch immer das Gegenteil davon! Ich finde es beschämend, dass ein Land wie Österreich und die österreichische Bundesregierung bei dieser neoliberalen Abschottungspolitik mit macht und sich zwar Vertreter dieser Regierung am Montagabend hinstellen, Schweigeminuten einlegen, Betroffenheit zeigen und wegen der tausenden Toten im Mittelmeer mittrauern, dass aber bereits am nächsten Tag entsprechende Gesetze mitbeschlossen, die Mauern Europas weiter hochgezogen, die Festung Europa weiter verstärkt und die Flüchtlinge weiter von den Grenzen zurückgewiesen werden. Das ist beschämend!

 

Ich denke mir, dass gerade Wien als eine Weltstadt diesbezüglich einen anderen Weg gehen muss, und daher freue ich mich, dass wir heute gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen Beschluss- und Resolutionsantrag vorlegen werden, der die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer zum Anlass nimmt, einmal grundsätzlich darüber nachzudenken, was denn eine menschenfreundliche, weltoffene Flüchtlings- und Migrationspolitik wäre. Denn das, dem der Bund zustimmt und was auf EU-Ebene beschlossen wird, ist das Gegenteil vom dem, was hilft.

 

Die Europäische Union hat als Reaktion auf die Toten im Mittelmeer einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, aber jeder einzelne dieser zehn Punkte, die erarbeitet wurden, ist eigentlich zu kritisieren. Man hatte wirklich die Chuzpe, diese unglaubliche Tragödie der vielen Tausenden Toten im Mittelmeer zum Anlass zu nehmen, um noch eine Verschärfung der Flüchtlingspolitik vorzunehmen. – Ich gehe jetzt jeden einzelnen dieser zehn Punkte durch, damit wir sehen, welche Chuzpe das ist und wie beschämend das ist.

 

Der erste Punkt betrifft mehr Seenothilfe, für die Grenzüberwachungsprojekte „Triton“ und „Poseidon“ soll es mehr Geld geben. Zudem – so heißt es – könnte das Gebiet, auf dem diese Schiffe unterwegs sind, vergrößert werden.

 

Was sind diese Grenzüberwachungsprojekte „Triton“ und „Poseidon“? – Das sind Projekte der Mörderagentur Frontex. Frontex ist eine Kriegserklärung gegen die Armut. Frontex schickt Kriegsschiffe gegen die Armen aus. Die Schiffe von Frontex drängen Menschen ins Mittelmeer zurück, um die Grenzen zu schützen und die Menschen daran zu hindern, nach Europa zu kommen. Die Mördertruppen von Frontex versenken die Menschen im Meer und lassen sie sterben, lassen sie jämmerlich verrecken. (Beifall bei den GRÜNEN. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Und es ist eine unglaubliche Chuzpe, es als Rettung zu bezeichnen, wenn die paar Schiffe dieser Agentur ein paar von den Menschen, die sie abgeschreckt haben, dann auffangen! Das ist so, wie wenn ich einen Bankräuber, der in eine Bank geht, um die Kassierin zu ermorden, dafür bezahle, dass er dann die Kosten für die Verbände für Verwundungen übernimmt, oder so, wie wenn ich einen Bankräuber dafür bezahle, dass er die Tür, die er in der Bank eingeschlagen hat, wieder repariert. Das ist so, wie wenn ich jemanden dafür bezahle, dass er die Opfer, die er verursacht hat, dann selbst verarztet. (Zwischenruf von GR Armin Blind.)

 

Nein! Ich traue der Frontex nicht zu, diese dringend notwendigen Rettungsprogramme vorzunehmen. Dafür braucht es vielmehr eine Wiederaufnahme des doch relativ erfolgreichen Rettungsprogrammes „Mare Nostrum“. Dieses hat man eingestellt. Es hat sehr wenig gekostet, ein paar Millionen. Es wäre notwendig, dieses Programm „Mare Nostrum“ wieder aufzunehmen, um eine tatsächliche Rettung von Flüchtlingen aus Seenot zu betreiben.

 

Zweiter Punkt – die Vernichtung von Schlepperbooten: Es heißt, man will Schlepperboote beschlagnahmen und vernichten. – Ich frage mich: Was für einen Sinn soll das machen? Was soll es bringen, wenn ausgerechnet die Boote, die ohnehin zu schlecht ausgestattet sind, vernichtet werden sollen, damit dann Flüchtlinge auf noch kleinere, noch schlechter ausgestattete Boote, auf kleine Nussschalen, umsteigen müssen, auf denen sie ganz sicher dem Tod geweiht sind?!

 

Warum versucht man nicht stattdessen, entsprechende Seerettungsprogramme durchzuführen oder überhaupt den Transport von Flüchtlingen auf legale und sichere Beine zu stellen?

 

Dritter Punkt: Zusammenarbeit mit EU-Ermittlern bei der Verfolgung von sogenannten Schleppern. – Wissen Sie, was Schlepper sind? – Ein Freund von mir ist so ein Schlepper: Elias Bierdel von der Flüchtlingshilfsaktion Borderline, der mit dem Schiff Cap Anamur vor einigen Jahren einige Menschen aus Seenot gerettet hat. Er ist auf eigene Faust mit ein paar Kollegen und Kolleginnen hinausgefahren, und sie haben Menschen, die am Ertrinken waren, aus dem Mittelmeer gefischt und deren Leben gerettet. Und für diese Rettung von Menschenleben stand er als Schlepper jahrelang vor Gericht.

 

Das ist es, was wir als Schlepper bezeichnen: Menschen, die in Wahrheit Flüchtlingshilfe betreiben, die Menschen aus Seenot retten! Und diese Personen stehen dann als Schlepper vor Gericht! Die Europäische Union will genau diese Menschen dann auch noch verfolgen, anstatt diese Aufgabe selbst in die Hand zu nehmen und den Menschen zu helfen.

 

Auch der nächste Punkt ist an Chuzpe nicht zu überbieten, nämlich die Bearbeitung von Asylanträgen. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen soll nach dem Willen der Kommission Teams in Italien und Griechenland bereitstellen, um Asylanträge schnell zu bearbeiten. Warum ermöglicht man nicht stattdessen wieder die legale Asylantragstellung in den Heimatländern? Das kann in Form von Botschaftsasyl oder mit anderen Mit

 

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