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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 86

 

EUR. Das heißt, ein Viertel verdient im Monat netto weniger als einen Tausender. Wohnungspolitik ist also in der Tat komplex. 30 Prozent der unselbstständig Beschäftigten in Österreich sind nicht durchgängig beschäftigt und pendeln zwischen Arbeit und Arbeitslosigkeit hin und her.

 

Wir haben also eine deutlich prekäre Situation. Und da muss in der Tat auch die Wiener Wohnungspolitik darüber nachdenken, welcher Durchschnitt an Eigenmittel für Genossenschaftswohnungen verlangt wird, wenn beispielsweise jene 25 Prozent – oder 15 Prozent oder 30 Prozent – über ein wirklich deutlich unterdurchschnittliches Einkommen verfügen und der Genossenschaftswohnbau nicht im ausreichenden Maß jene Wohnungsmieten hergibt, die sich Leute mit 800, 900 EUR leisten können.

 

Dann kommt noch eine Entwicklung – man kann sie gesellschaftlich falsch finden, nur wollen und können wir nicht in das Leben von Menschen regulierend eingreifen –, der Anteil der Ein-Personen-Haushalte steigt deutlich. Das ist ein Phänomen in allen Städten. In Wien sind wir bereits bei 46 Prozent der Haushalte, 46 Prozent sind Ein-Personen-Haushalte und 70 Prozent sind Ein- oder Zwei-Personen-Haushalte. Das kann man ewig diskutieren. Ich habe gelesen, die Leute sollen zusammenziehen – sie tun es aber nicht. Das hat mit Alterung, das hat mit ganz vielen, tiefen gesellschaftlichen Gründen zu tun, auf die wir reagieren müssen.

 

Vor diesem Hintergrund ist in der Tat die Herausforderung, wie man insbesondere im unteren Einkommenssegment etwas ohne hohe Eintrittshürden produzieren kann. Und da meinen wir, dass es eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist. Das ist jetzt nicht unser grünes Erbe, das ist in der Tat ein großes Erbe der Sozialdemokratie, ein ganz großes Erbe, wo aus der ganzen Welt die Leute nach Wien kommen, um sich den Wohnbau anzuschauen, um sich anzuschauen, was in anderen Städten ist. Und da gibt es nicht viele Städte, die das ähnlich haben, daraus könnte man fast etwas lernen.

 

Wie weit es – ich sage jetzt kokett – bürgerlich ist, Gemeindewohnungen nicht zu wollen und geförderte Genossenschaftswohnungen schon, darüber, Kollege Juraczka, muss ich über das Wochenende nachdenken. Ich glaube sehr wohl, dass es in einer breiten Rolle sehr viel Sinn macht, dass auch die öffentliche Hand, die Stadt Wien Wohnungen besitzt, betreibt. Das sieht man ja bei der Miethöhe, denn es macht ja einen Riesenunterschied, und das ist eine systemische Frage, ob eine Wohnung ein Anlageobjekt ist, das eine Rendite abwerfen muss. Das soll es geben, es soll freifinanzierte Wohnungen, Eigentumswohnungen, Vorsorgewohnungen, aber auch Genossenschaftswohnungen und hoffentlich auch bald Gemeindewohnungen geben. Der Mix macht es aus. Kein Mensch verlangt, dass 100 Prozent des Wohnungsbaus Gemeindewohnungen sein sollen, da geht es um die Mischung, auf die wir auch in Wien … (StR Mag Manfred Juraczka: Wir haben bereits einen sehr hohen Anteil!) – Ja, das ist eine spannende Frage, da ist in der Tat etwas passiert in den letzten Jahren und vielleicht kann das dann eine Kollegin auch ein bisschen mit Zahlen ausführen.

 

Wie ist denn die Entwicklung der letzten Jahre? – Noch vor zehn Jahren war das Verhältnis geförderter Genossenschaftswohnungen – es gibt auch geförderte Nicht-Genossenschaften, aber ich lege das der Einfachheit halber zusammen – im Verhältnis zur freifinanzierten Wohnungen irgendwo bei acht zu eins oder neun zu eins. Und wie ist das heute? – Der Anteil der geförderten Wohnungen ist zurückgegangen und der Anteil der freifinanzierten ist gestiegen. Da gibt es jetzt diese neuen Modelle der Calls, bei denen man sagt, wir können dank der günstigen Zinsen – und das ist ja eine Chance für den Wohnbau – auch ohne Förderung mietengedeckelte Wohnungen anbieten. Aber Tatsache ist, dass sich das im Neubaubereich eindeutig zu Lasten der Genossenschaftswohnungen verschoben hat. Und da halte ich es, angesichts der Preissituation, für mehr als angesagt zu sagen, ein gewisses Segment soll wiederum nach zehn, elf Jahren der Gemeindebau sein.

 

In diesem Zusammenhang würde mich vielleicht die Präzisierung der Zahl interessieren, Herr Stadtrat, wir haben das im Ausschuss auch diskutiert. Was die Ziele betrifft, gehen die Meinungen jetzt auseinander. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, war das Ziel, dass Sie sagen, ein Fünftel der Jahresproduktion soll im Bereich der Gemeindewohnungen sein. (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ein Zehntel!) – Ein Zehntel jedes Jahr. Da kommen wir ungefähr auf die „more or less“ … (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ein Drittel Smart-Wohnungen!) – Ein Drittel Smart-Wohnungen von … (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ein Drittel Smart-Wohnungen von den geförderten Wohnungen!) – Ich greife das bewusst auf, weil in der Öffentlichkeit unterschiedliche Zahlen kursieren. Ein Zehntel der gesamten Wohnungsproduktion soll Gemeindewohnungen sein. Jetzt ist einmal dieses eine Projekt beim ehemaligen AUA-Gelände in der Pipeline. Wenn man ein Zehntel will, wird bald das nächste und übernächste folgen müssen.

 

Aber diesen Mix soll man herstellen. Und wo ich wirklich eine Linie mit der Sozialdemokratie und dem Herrn Wohnbaustadtrat habe, ist, dass wir angesichts der Vergleiche dieser drei Mietenhöhen – das normale Freifinanzierte, das Genossenschaftliche und der Gemeindebau – einen Stufenabbau haben. Die Freifinanzierten sind systemisch – und es kann ja auch nicht anders sein – die Teuersten, und insofern sollen wir einen adäquaten Anteil der Gemeindewohnungen schaffen und den Genossenschaftsanteil erhöhen.

 

Was können wir tun und was ist – und da wiederhole ich es noch einmal – eine der größten Herausforderungen für den gesamten Wohnbaubereich? – Das sind die Engpässe auf dem Grundstückssektor. Da kann vor allem mit Baurecht sehr viel passieren. Mit der jetzigen Zinslandschaft hat sich wirtschaftlich das Modell OWS sehr bewährt, wo sich herausgestellt hat, dass durch Baurecht und Auszahlung zu Beginn ein ebenso hoher Erlös für die Stadt entstanden ist, als wenn man es verkauft hätte, mit dem Vorteil, dass unsere Enkel in 90 Jahren entscheiden können, was sie dann erneut mit

 

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