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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 140

 

„Faymann soll endlich aufhören mit dem Schönreden.“ Und ich sage Ihnen, Frau StR Brauner, hören Sie auf, die Probleme Wiens schönzureden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich komm jetzt sozusagen vom Allgemeinen ins Spezielle, zum Thema Frankenkredite der Stadt Wien, das ist ja auch schon in der vorherigen Debatte des Öfteren gekommen. Wir wissen, ein Drittel der Wiener Kredite sind in Schweizer Franken und im Jänner hat es diese Riesenprobleme für viele Frankenschuldner gegeben, als die Schweizer Bundesbank die von ihr selbst auferlegte Bindung Euro zu Schweizer Franken bei 1,20 wegen zu hoher Kosten für die Schweizer Bundesbank gekappt hat. Seitdem ist der Kurs zwischen Euro und Schweizer Franken wieder im Floaten, also im ständigen Auf und Ab, wobei er ja noch immer ein wenig von den Schweizern, wie man weiß, gestützt wird. Heute lag er übrigens wieder bei zwischen 1,03 und 1,04, heute ist natürlich mit den Bankproblemen in Griechenland ein Tag mit besonders hoher Volatilität. Sie können, wenn Sie sich so einen Ein-Tages-Chart anschauen – Intraday nennt man das –, beobachten, wie gerade die Schulden der Stadt Wien in Schweizer Franken ein bisschen hinauf- und hinuntergehen. Es sind rund 300 Millionen mehr alleine auf Grund des Schweizer-Franken-Risikos. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: 260!)

 

Was wir aber schon lange hier diskutiert haben, Frau Stadträtin, und da kann man Sie nicht aus der Pflicht nehmen, ist, dass wir Ihnen immer gesagt haben, man braucht eine Strategie zur Rückführung. Das Ereignis der Auflösung der Bindung des Schweizer Franken an den Euro war im Jänner, das ist jetzt fast sechs Monate her, meine Damen und Herren. Was ist seitdem passiert? – Wir haben auch im Ausschuss des Öfteren darüber geredet, wir haben einen Antrag eingebracht, dass wir das sukzessive innerhalb der nächsten Legislaturperiode, in fünf Jahren konvertieren, also rückführen. Von Ihnen kam bisher immer nur: Hinausschieben, ja, es werden Experten gesucht; dann sind die Experten gefunden, aber man kann sie noch nicht nehmen.

 

Tatsache ist, meine Damen und Herren, sechs Monate später haben wir heute noch immer keine Strategie, wie wir mit dem Schweizer Franken umgehen. Und ich habe immer von dieser Stelle aus gesagt: Vergleichen Sie die Stadt Wien – da bin ich wieder bei der Konzernbilanz – mit einem großen Konzern und der Finanzvorstand eines solchen Konzerns würde nach sechs Monaten seinem Aufsichtsrat – der wir hier sind – sagen: Ich weiß immer noch nicht, wie wir mit diesem Riesenloch und diesem Problem umgehen. – Meine Damen und Herren, das ist für mich wirklich unerträglich! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Kollege Strobl – den ich sonst sehr schätze –, aber dass du auch in Pressediensten immer wieder sagst, wir haben nicht mehr Schulden, dieses Problem mit dem Schweizer Franken sei ja sozusagen nur hinausgeschoben und nur auf dem Papier, das ist so, als wenn ein Schuldner, ein Häuslbauer sagen würde, wenn die Bank bereit ist, ihm, weil es ihm schlecht geht, für ein Jahr den Zinsendienst zu stunden: Na herrlich, ich habe jetzt keine Schulden mehr, weil ich muss sie später zurückzahlen.

 

Das ist wirtschaftspolitisch Nonsens, bitte kommen wir wenigstens ein bisschen zur Ehrlichkeit zurück und versuchen wir, das realistisch zu betrachten. Wir werden das zurückzahlen müssen, das haben wir immer gesagt.

 

Ich komme nun zu einem anderen Artikel, bei dem unlängst in „Der Standard“ darauf Bezug genommen wurde, dass eine Kreditlinie der Stadt Wien bei der BAWAG kurz nach Auflösung dieser Euro-Franken-Bindung gekappt wurde. Da ging es um einige Hundert Millionen. Wir haben auch einmal eine Diskussion gehabt, Frau Stadträtin, daran kann ich mich noch gut erinnern, als ich im Ausschuss nachgefragt habe, ob diese Schweizer-Franken-Kredite eine Auswirkung auf die Bonität der Stadt Wien haben. Da kappt dann offensichtlich Ende Jänner oder im Februar die BAWAG eine hunderte Millionen schwere Kreditlinie – offensichtlich verfügt „Der Standard“ über bessere Informationen, denn die führen in dem Artikel auch genau aus, warum das ist –, das Risikomanagement sagt, hm, da muss man schon auch die Konzerne der Stadt Wien dazuzählen, das ist – wie es in der Fachsprache auch heißt – ein sehr großes Exposure und deshalb muss man das Risiko aus Banksicht völlig begründet zurücknehmen.

 

So, meine Damen und Herren, die Bank sagt, sie muss Risiko zurücknehmen, weil die Stadt Wien plus ihre Konzernbeteiligungen ein großes Exposure in Schweizer Franken hat, und die Frau Stadträtin und auch der Herr Finanzdirektor sagen uns damals im Ausschuss, das Schweizer-Franken- Risiko hat keine Auswirkung auf die Bonität der Stadt Wien!

 

Na hallo, da ist aber jetzt schon ein kleiner Widerspruch, meine Damen und Herren, das hat sehr wohl Auswirkungen. Dieses Beispiel zeigt sehr wohl, lieber Kollege Strobl, wir müssen es zurückzahlen – und zwar wird es auch nicht mehr bis zum Sankt Nimmerleinstag gehen, weil die ersten Banken bereits nervös werden, das zeigt das BAWAG-Beispiel ganz, ganz deutlich.

 

Es ist aber nicht nur die böse Opposition, die hier an den Konsolidierungsmaßnahmen Kritik übt, meine Damen und Herren. Welche Stelle in Österreich gäbe es, die profunder Kritik üben könnte oder Verbesserungsvorschläge macht, als der Rechnungshof. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Manchmal!) – Na ja, der Rechnungshof ist eine neutrale Stelle.

 

Konsolidierungsmaßnahmen der Bundeshauptstadt Wien, Rechnungshofbericht, Seite 39: „Eine Konsolidierungsstrategie mit konkreten haushaltspolitischen Zielsetzungen und quantitativen Vorgaben zur Reduktion der Schuldenquote lag dennoch nicht vor. Eine tragfähige Mittelfristplanung konnte ebenfalls nicht vorgelegt werden.“

 

Toller Konzern, nicht einmal eine mittelfristige Finanzplanung ist vorhanden. Dann sagt der Rechnungshof weiter: „Die Stadt Wien hatte keine vollständigen Informationen über die finanziellen Verflechtungen zwischen ihrem Haushalt und den Beteiligungen. Dem Rechnungshof wurden nur unvollständige Beträge übermittelt. Darüber hinaus war für den Rechnungshof nicht feststellbar, ob es sich bei den jeweiligen Zahlungen um

 

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