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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 140

 

Geld zu holen wäre, ist der Bund zuständig.

 

Das heißt, ich würde mir für den Finanzausgleich wünschen, dass die Bedarfsorientierte Mindestsicherung aufgabenorientiert ist, dass man im Großen und Ganzen die österreichweiten Ausgaben der Bedarfsorientierten Mindestsicherung aus dem Jahr 2013 zusammennimmt. Das kann man dann gerne von der Gesamtsumme, die den Ländern und Gemeinden zur Verfügung steht, wegnehmen, das ist überhaupt kein Problem, aber dann werden in Zukunft sozusagen diese Ausgaben direkt vom Bund refundiert.

 

Ich würde mir auch wünschen, dass wir im Bereich der Grundversorgung, der Flüchtlingsunterbringung einen ähnlichen Weg gehen würden. Wir haben das ja in Österreich unterschiedlich geregelt, in manchen Bereichen sind mehr die Länder zuständig, in manchen die Gemeinden, bundesländerweise zum Teil unterschiedlich. Manche Gemeinden haben das Gefühl, wenn sie im Bereich der Flüchtlingsunterbringung tätig werden, sie müssen ihr Geld hergeben. Dass es in Wirklichkeit über andere Ebenen refinanziert wird, ist etwas ganz was anderes.

 

Psychologisch wäre es einfacher, der Bund refundiert die Flüchtlingsunterbringung und auch das Asylwesen zur Gänze. Das würde es deutlich einfacher machen, in den Gemeinden zu argumentieren: Ja, wir sind bereit, neben dem humanistischen Aspekt auch aus wirtschaftlichen Gründen Flüchtlinge aufzunehmen. Denn sie bringen tatsächlich Geld zu uns, sie stärken die lokale Wirtschaft, sie stärken die lokale Kaufkraft.

 

Ich halte den humanistischen Aspekt nach wie vor für einen wichtigen – nur damit Sie mich nicht falsch verstehen –, aber es würde eine Logik umkehren, die dazu führen würde, dass man in Österreich anstatt, so wie es die Freiheitlichen wollen, alles was irgendwie nach Flüchtling ausschaut, so weit wie möglich wegzuschieben, endlich einmal auf Augenhöhe entgegentritt und den Menschen tatsächlich nicht nur in Wien, sondern auch in vielen anderen Bereichen, wo bislang noch kein einziger Flüchtling in Österreich untergebracht ist – in zwei Drittel aller Bezirke, das darf man nicht vergessen –, in Augenhöhe entgegenzutreten und zu sagen, ja, schauen wir, wir es möglich machen können, dass Traumata aufgearbeitet werden können, dass man Flüchtlingen, die ja nicht ohne Grund ihre Heimat verlassen haben, eine Aufnahme sicherstellt und gewährleistet, die menschenwürdig ist.

 

Ich glaube, durch eine 15a-Vereinbarung oder eine Veränderung im Finanzausgleich wäre dieses Umdenken möglich. Und ich würde mir wünschen, dass das auch die ÖVP unterstützt, und nicht, so wie es sich gegenwärtig oft abzeichnet, ein seltsames Spiel Niederösterreich gegen Wien abgestuft, den Bevölkerungsschlüssel noch weiter einzuschränken, obwohl er eh schon reduziert ist, sondern dass das sozusagen auf Länderebene und dann im Verhältnis Bund-Länder Niederschlag findet.

 

Ich habe heute schon vorher ausgeführt, dass in Wirklichkeit die Ertragsanteile der Stadt Wien nicht in dem Maße gewachsen sind, wie VPI und Bevölkerungszuwachs eigentlich generieren hätten sollen. Aus diesem Grunde ist es meines Erachtens mehr als notwendig.

 

Ich erlaube mir auch noch eine Anmerkung zum Rechnungshof. Ja, der Rechnungshof macht selbstverständlich manchmal auch sinnvolle Vorschläge – nicht, dass Sie mich falsch verstehen. (GR Mag Wolfgang Jung; Manchmal?!) – Nein, nicht jeder Vorschlag des Rechnungshofes ist sinnvoll, denn Sie wissen es ganz genau, der jetzige Rechnungshofdirektor war Ihr Klubdirektor im Nationalrat und macht manchmal ganz bewusst ideologisch motivierte Vorschläge, die nichts damit zu tun haben, dass er etwas aufarbeitet, sondern wo der Rechnungshofdirektor glaubt, er muss Politik machen.

 

Ein Beispiel dazu sage ich Ihnen: Wenn er in dem von Ihnen zitierten Finanzbericht über die Stadt Wien zum Beispiel davon spricht, dass es in den Jahren 2008 bis 2012 ein durchschnittliches Wachstum der Ertragsanteile von 2,2 Prozent gibt, dann unterstellt das doch ein lineares Wachstum. Wir alle wissen, dass das nicht so war, das war kein lineares Wachstum, sondern es war genau eine Kurve, die sogar nach unten gegangen ist, wo alleine aus dieser Situation – Vergleich realer Zahlen und dem, was der Rechnungshof unterstellt – 1,6 Milliarden EUR fehlen. Das ist Politikmachen.

 

Deshalb macht der Rechnungshof hin und wieder sinnvolle Vorschläge, aber der Rechnungshof macht auch Politik. Der Rechnungshof mischt sich in politische Entscheidungen ein, die ihn zum Teil einfach nichts angehen. Und es schadet auch der Glaubwürdigkeit des Rechnungshofes, wenn er Politik macht und glaubt, er wäre sakrosankt.

 

Ich kann mich erinnern, dass der Rechnungshof bei ein paar Sachen weggeschaut hat. Der Rechnungshof hat weggeschaut, als Kärnten durch die FPÖ kaputt gemacht wurde. Da hat der Rechnungshof weggeschaut. Da war auch der Herr Moser, oder? Und wo hat der Rechnungshof noch weggeschaut? (Zwischenruf von GR Ing Udo Guggenbichler, MSc.) Der Rechnungshof hat weggeschaut beim Forschungszentrum Seibersdorf. Warum hat der Rechnungshof beim Forschungszentrum Seibersdorf weggeschaut? Wissen Sie es? – Fragen Sie den Kollegen hinter Ihnen, warum der Rechnungshof beim Forschungszentrum Seibersdorf weggeschaut hat. Weil alles blau eingefärbt wurde, und da hat der Herr Moser dann keinen Sinn gesehen, drinnen zu prüfen. So ist es doch. Überall dort, wo Sie regiert haben, haben Sie verbrannte Erde hinterlassen. (Zwischenruf von GR Ing Udo Guggenbichler, MSc.) – In Kärnten, okay, ja, Kärntner, gut, passt. Und das Forschungszentrum Seibersdorf haben Sie fast kaputt gemacht. (GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Ich weiß es nicht!) – Das weiß ein jeder hier im Haus.

 

Nichtsdestotrotz, kommen wir zurück, vielleicht noch ein letzter Punkt zu den Frankenkrediten. Ich glaube, man muss nicht in der jetzigen Situation auf jede Meldung der BAWAG sofort und notfallartig reagieren. Ich gebe Ihnen in einem Punkt recht – ich sehe es jetzt noch nicht erreicht –, ich glaube, dass wir uns langsam aber sicher tatsächlich einer Verschuldenssituation nähern. Ich würde sie für Wien in der Größenordnung bei ungefähr 7, 7,5 Milliarden EUR Schulden einschätzen – dar

 

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