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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 90

 

notwendig sind wie der Gesundheitsbereich. Nehmen Sie daher das Ergebnis von internen Urabstimmungen entsprechend zur Kenntnis und sehen Sie darin nicht das Beharren auf irgendwelchen Privilegien, sondern einen Hilferuf einer ganz wichtigen Berufsgruppe!

 

Das Ganze hat einen Vorlauf. Das ist wie bei einem Eisberg. Man sieht nur die Spitze des Eisberges. Die Masse des Berges ist unter der Oberfläche. Wir können die Äußerungen nur so deuten, dass es hier offenkundig massive Missstände gibt. Wenn Sie immer wieder, auch gerade in der Rechnungsabschlussdebatte, bejubeln, wie toll die wachsende Stadt ist, die Abstimmung mit den Füßen, die Wien gewinnt, dann muss man sagen, eine wachsende Stadt braucht auch ein ausgebautes Gesundheitssystem!

 

Ein paar Hunderttausend Menschen mehr werden öfter zum Arzt gehen, werden öfter die Spitäler frequentieren. Es kommen neue Krankheiten ins Land. Es werden alte Krankheiten reaktiviert. Am Ende kommen durch den Klimawandel auch entsprechende Tropenkrankheiten. Das heißt, die Herausforderungen an das Gesundheitssystem werden nicht weniger, sie werden mehr. Die Alterung der Gesellschaft führt auch dazu, dass die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen nicht ab-, sondern eher zunehmen wird. Da muss man dann schon hinterfragen, ob das Schließen von Spitälern, das Zusammenlegen von Abteilungen, das Dichtmachen eigentlich eine adäquate Antwort ist.

 

Wir haben es hier schon bei vielen Gesundheitsdebatten diskutiert. Es sind hier viele Spieler da. Es ist der stationäre Bereich. Es ist der niedergelassene Bereich. Es wird eigentlich überall eher eingespart, als zusätzliche Erweiterungen geschaffen werden. Im Endeffekt sind von der politischen Seite her die Gebietskrankenkasse, die Krankenkassen, die Stadt Wien, der KAV in sozialdemokratischer Hand. Mittlerweile wird auch die Ärztekammer in Wien von einem sozialdemokratischen Präsidenten geführt. Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten ist sowieso auch in sozialdemokratischer Hand. Also, eigentlich haben Sie alle Mittel in der Hand, letztendlich die Gesundheitsversorgung in Wien auf dem hohen Niveau, das wir alle gewohnt sind, aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Man sollte dieses Bestreben nicht nur auf das Krankenhaus Nord fokussieren. Das Krankenhaus Nord ist sicher ein wichtiger Teil der zukünftigen Gesundheitsversorgung. Man kann darüber debattieren, ob der Standort ohne eine leistungsfähige öffentliche Anbindung glücklich gewählt ist. Man könnte sich schon die Frage stellen, ob ein Schwerpunktkrankenhaus nicht ein umfassenderes Leistungsangebot haben sollte, ob es wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, wenn man sagt, Krankenhaus Nord und Donauspital bilden gemeinsam eine Einheit. Ob das wirklich adäquat ist, weiß ich nicht. Aber ganz rundlaufen tut es im Krankenhaus Nord auch nicht, sowohl was die Kosten anlangt als auch, was die Fertigstellungstermine anlangt. Es ist halt wieder ein Megaprojekt, das nicht ganz rund läuft.

 

In anderen Bereichen sind die Probleme ebenfalls nicht zu übersehen. Man muss sich dann auch im Endeffekt die Frage stellen, wie die Kostenstruktur im Management des Krankenanstaltenverbundes ausschaut. Hat man dort nicht wieder Direktorenposten geschaffen? Hat man dort nicht auch eine zweite Ebene mit sehr gut dotierten Verträgen geschaffen? Könnte man viele Dinge nicht auch im Rahmen des Wiener Magistrats weiterführen? Ich weiß es nicht. Es kommt mir so vor, als ob hier letztendlich sehr viel Geld in den Wasserkopf geleitet wird und dieses Geld dann letztendlich von den Einheiten abgezogen wird, die eigentlich die Versorgung leisten. Ich hoffe, dass es gut gehen wird, aber ich glaube auch, im Endeffekt wird man nicht umhinkommen, das Gesundheitssystem entsprechend der Vorgaben finanziell besser zu dotieren. Allerdings sollten die Effizienzpotenziale im Bereich der Verwaltungsebene, im Bereich der Direktoren, und so weiter entsprechend gehoben werden.

 

Ein zweiter Bereich, der mir sehr am Herzen liegt, ist der Bereich Soziales. Da möchte ich die Mindestsicherung ansprechen. Die Zahlen sind in jeder Hinsicht erschreckend. Wir eilen von einem Rekord zum nächsten. 50 Millionen EUR extra, um den Ansturm in die Mindestsicherung abzufangen. Ich habe gehört - wir werden das, glaube ich, im Landtag noch ausführlich diskutieren können -, dass die Kriterien bei der Mindestsicherung, vor allem bei jüngeren Beziehern, gesetzeskonform vollzogen werden. Es hat immer geheißen, als die Mindestsicherung eingeführt worden ist, dass man hier selbstverständlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss, dass das eben keine Hängematte sein soll, sondern dass das Ziel sein muss, die Menschen möglichst rasch wieder in Beschäftigung zu führen. Und dann kann man erstaunt feststellen, dass das offenkundig bei jüngeren Mindestsicherungsbeziehern bis dato nicht gemacht worden ist. Wer, wenn nicht jüngere Menschen, soll rasch in den Arbeitsmarkt integriert werden? Ich glaube, da gibt es offenkundig eine ganz große Baustelle. Ich hoffe, dass das bald auch im Sinne der Erfinder der Mindestsicherung, die immer gesagt haben, es geht hier nicht um eine Daueralimentierung, sie wollen keine Hartz-IV-Karrieren, wie es in Deutschland schon zu beobachten ist, in Österreich und gerade in Wien nicht stattfinden wird. Die Kosten und die Zahlen sprechen das ihrige. Ich weiß nicht, warum man darauf so stolz sein muss, dass wir zehn Mal mehr Mindestsicherungsbezieher als Niederösterreich haben. Eigentlich möchte ich niederösterreichische Verhältnisse. Ich weiß nicht, ob es wirklich ein Zustand ist, der uns zufrieden macht, einfach zu sagen, in der anonymen Großstadt kann man sich leichter die Leistungen holen und deswegen gibt es dort mehr. Im Endeffekt sollte das das unterste soziale Netz sein, das nur jene kurzfristig in Anspruch nehmen, die gerade dieses Bedürfnis haben, aber eine Dauereinrichtung, ein Dauerbezug sollte in diesem Bereich nicht stattfinden.

 

In diesem Zusammenhang muss man sich natürlich auch die Frage stellen, wie es mit jenen ist, die aufstocken, die dann sozusagen niedrige Löhne durch die Mindestsicherung aufstocken, ob man hier nicht letztendlich negative Anreize schafft, sozusagen die Minijobber,

 

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