Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 90
Die Studenten können sich das absolut merken, Herr Kollege Jung. Natürlich, das ist nicht das Problem. (GR Mag Wolfgang Jung: Und die Touristen fahren auch nicht zur Wirtschaftsuniversität!) - Da irren Sie sich! Die neue Wirtschaftsuniversität ist durchaus ein architektonisch interessantes, hochinteressantes Areal. Dass Sie sich dorthin nicht verirren, das glaube ich Ihnen gern. (GR Mag Wolfgang Jung: Ich war dort schon!) Aber künstlerisch interessierte, architektonisch interessierte Touristen „verirren sich“ - in Ihrer Wortwahl - tatsächlich dorthin. Ich hätte überhaupt gedacht, dass die ganze U2 - vom Karlsplatz über die Universität Wien über die Wirtschaftsuniversität und irgendwann einmal in die Seestadt - die Universitätslinie schlechthin wäre. Aber: Ist zu umständlich, kostet zu viel, und so weiter. Bei den Wiener Linien habe ich weitgehend auf Granit gebissen.
Aber bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen - ich kann es mir nicht verkneifen, Ihnen das zu sagen -, dass die Wiener Linien überhaupt, finde ich, eine gewisse Abneigung gegen Bundesinstitutionen haben. Wenn Sie bei der Rathaus-Station aussteigen, wird „Rathauspark“ angesagt - stimmt ja auch -, aber „Burgtheater“ wird nicht angesagt. Bei den zwei Straßenbahnstationen, die unmittelbar vor dem Parlament sind, wird „Stadiongasse“ angesagt. - Das betrifft nicht das Hanappi-Stadion, sondern Graf Stadion, einen Außenminister aus dem frühen 19. Jahrhundert. - Und das Beste, finde ich, ist: Wie heißt die U-Bahn-Station, deren Ausgang dem Parlament am nächsten ist, beim Palais Epstein? – „Volkstheater“! - Ich glaube nicht, dass es eine zweite Hauptstadt auf der Welt gibt, wo die U-Bahn-Station, die dem Parlament am nächsten ist, Volkstheater heißt. (Heiterkeit. – GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Also mehr Blödsinn gibt's dort!) Aber gut, das macht Wien ja vielleicht irgendwie auch sympathisch.
Aufmerksam machen möchte ich Sie noch auf die letzte von uns in Auftrag gegebene Studie, auch von der Akademie der Wissenschaften, die ein bisschen abschreckend heißt: „Local Buzz in der Wiener Forschung“. Der Titel ist von der Akademie, akademisch gewählt sozusagen. Worum es dabei geht, ist Folgendes: Die Forschung internationalisiert sich zunehmend. Die Frage ist: Spielt lokale Kommunikation überhaupt noch eine Rolle in einer sich zunehmend internationalisierenden Wissenschafts- und Forschungswelt? Und diese lokale Kommunikation hat in der Literatur den Titel „local Buzz“ bekommen. Und die Frage in dieser Studie ist unter anderem - es sind viele andere Dinge auch -: Gibt es in Wien einen local Buzz in Clustern, in Wissenschaftsclustern, der sich sozusagen stadtgeographisch empirisch nachweisen lässt? Wobei ein Cluster nicht einfach eine Ansammlung von Forschungsinstituten ist - denn dann wäre der ganze 9. Bezirk ein Cluster -, sondern ein Cluster zeichnet sich dadurch aus, dass private und öffentliche Forschungseinrichtungen, also zum Beispiel Universitäten und Forschungsabteilungen privater Firmen, miteinander kooperieren. Und in Wien gibt es eindeutig zwei große solche Cluster - wenig überraschend in den Life Sciences, allerdings an vier Standorten: rund um die Medizinische Universität, in der Muthgasse, in St Marx und ein kleinerer rund um die Veterinärmedizin. Diese Aufteilung auf vier Standorte schafft natürlich gewisse Probleme dann, wenn es um kostspielige Laboreinrichtungen geht.
Unmittelbar relevant für die Stadtplanung ist der zweite Cluster, nämlich: Rund um die Technische Universität konzentrieren sich eine erstaunliche Menge von Instituten und privaten Firmen im Bereich der Computer Sciences, der Informatik, also im sogenannten IKT-Bereich - und zwar nur dort, also im 4., 5., 6. Bezirk rund um die Technische Universität. Die nachfolgende Schlussfolgerung ist: Wir müssen Räume suchen - vorübergehend leerstehende, auch dauerhaft leerstehende, neu gebaute Räume – und das von der Stadt aus unterstützen, damit dieser Cluster unterstützt wird. Das ist sozusagen die gute Nachricht: Es ist möglich, diesen Cluster zu unterstützen. - Ich habe schon Christoph Chorherr darauf aufmerksam gemacht, dass das eine Issue für die Stadtplanung ist.
Die weniger gute Nachricht ist: Es ist sinnlos, in diesem Bereich zu versuchen, über Förderungen die Leute dazu zu bringen, nach Aspern in die Seestadt zu gehen. Es ist einfach zu weit! Das hat sich in den Interviews auch herausgestellt: Was die Leute wollen, ist nicht einmal eine halbe Stunde – 20 Minuten sind schon zu viel -, die wollen Gehnähe. Und deswegen sind sie im 4., 5., 6. Bezirk. Eine ganze Reihe dieser Leute hat nebenbei Lehraufträge an der TU, wo sie wissen, wenn ich ein Problem habe, gehe ich dort und dort hin und frage, kannst du mir dabei helfen, und so weiter.
Das ist sozusagen eines der wichtigen Ergebnisse dieser „Local Buzz“-Studie. Vielleicht machen wir dann noch eine Kurzfassung, damit Sie nicht die 100 Seiten als Ganzes lesen müssen.
Ich einem gebe ich Herrn Ebinger sogar recht - jetzt ist er gerade nicht im Saal; doch, da sind Sie! -: Es wäre schon gut, wenn diese zwei großen Berichte, diese insgesamt 700 Seiten, der Kulturbericht und aus meiner Sicht dann der Wissenschaftsbericht, ein paar Tage vorher da wären. Es wäre ja kein Problem, sie eine Woche vorher vorzulegen. Dann kann man richtig reinschauen - denn das sind gute und interessante Berichte mit einer Fülle von Informationen.
Abschließend möchte ich Klaus Werner-Lobo noch einmal entschuldigen. Er ist heute krank. Ich kann gar nicht so tun, als würde ich den Kulturbericht mitvertreten können. Ich kann nur sagen, ich bin regelmäßig im MuseumsQuartier. Das ist eine tolle Geschichte. Am Sonntag habe ich dort eine Ausstellung besucht, die, wie ich hoffe, vielleicht auch den einen oder die andere von Ihnen interessiert, nämlich über Hundekarikaturen. Und das Zweite - nein, das kann ich eigentlich nicht beitragen, denn ich war im falschen Theater, nämlich im Burgtheater, und das ist natürlich Bund und nicht Stadt. Aber wenn Sie die Gelegenheit haben: Diese Sophokles-Aufführung „Antigone“ ist phantastisch, hinreißend! – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke sehr. - Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Meyer. – Bitte.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular