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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 90

 

licherweise weniger oder haben prekäre Verhältnisse. Da kann man nicht immer nachrechnen, ob jemand verdient und wie viel, und ihm dann sozusagen die gegenwärtige Einkommenssituation auf die Miete anrechnen.

 

Das ist die Situation, die wir im 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts – meiner Ansicht nach: leider – haben. Mir wäre es lieber, es wäre kontinuierlich so weitergegangen wie in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts. Aber das hat sich anders entwickelt, und zwar nicht auf Grund unseres Handelns in Österreich, sondern auf Grund anderer Faktoren. Und daher wäre es kein gutes Modell, wenn man die Mieten immer an die jeweiligen Einkommensverhältnisse anpassen müsste.

 

Die Einkommensverhältnisse sollen natürlich eine wesentliche Rolle spielen, aber durch ein progressives Steuersystem: Man soll mehr Steuer zahlen, wenn man mehr verdient, aber nicht mehr Miete oder vielleicht überall mehr! – Das Steuersystem ist, wie gesagt, die Lösung. Ich glaube, das ist der bessere Weg! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Nun habe ich das kommentiert, was Kollege Walter gesagt hat, und zu Kollegen Chorherr habe ich jetzt auch schon einiges gesagt. – Wie gesagt: Die soziale Durchmischung ist ein sehr hohes Gut. Das sollte man im Prinzip aufrechterhalten und die Grenzen nicht allzu sehr senken, denn dann würde es weniger soziale Durchmischung und weniger Akzeptanz für den sozialen Wohnbau geben, und wir würden unsere diesbezüglichen Ziele insgesamt nicht in einem entsprechenden Maß erreichen. – Ich glaube, du bist auch der Auffassung, dass es, wenn das Gegenteil der Fall wäre und die Grenzen zu tief angesetzt wären, sicherlich wesentlich mehr Nachteile als Vorteile gäbe.

 

Sehr wichtig ist auch, dass bei den Bodenpreisen, die wirklich nicht erfreulich sind, das System Platz greift, dass wir 2,3 Millionen Quadratmeter über den Wohnfonds haben und da schon irgendwie jonglieren können.

 

Ich war einmal auf einer Tagung in Alpbach, und dort haben Vertreter anderer Städte und deren Wohnpolitik geklagt, dass man schon irgendwie arm dran ist, wenn man als Kommune keinen Grund und Boden im Eigentum hat, wie wir eben 2,3 Millionen Quadratmeter beim Wohnfonds haben. – Dann hat man es sicherlich sehr schwer, und deshalb ist es uns sehr wichtig, dass wir diesen Wohnfonds und dieses öffentliche Eigentum haben. Und wir verwalten dieses mit einem Immobilienmanagement intelligent und natürlich auch effizient und führen Boden über Bauträgerwettbewerbe auch wieder dem Markt zu. Auch das haben wir, glaube ich, durchaus positiv gestaltet, und das wollen wir auch in die Zukunft fortschreiben.

 

Nun noch zu Prof Eisenstein, der sagt, dass Wien nicht wachsen soll. Da erhebt sich die Frage … (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Ja, mehr oder weniger vom Blickwinkel der Vorteile. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist selektives Hören!)

 

Erstens kann man das nur begrenzt beeinflussen. Wien würde nicht wachsen, wenn Wien eine unattraktive Stadt wäre, wenn niemand zu uns kommt, wenn es hier – wobei ich jetzt niemanden quasi schlechtreden will – so wäre wie vielleicht anderswo. So lange wir aber so attraktiv sind oder noch attraktiver werden als jetzt, bedeutet das natürlich, dass Zuwanderer aus den Bundesländern und der Europäischen Union zu uns kommen.

 

Zusätzlich – und das ist wirklich sehr positiv, da werden Sie mir hoffentlich zustimmen! – haben wir jetzt seit vier oder fünf Jahren das erste Mal seit Jahrzehnten in Wien auch eine positive Geburtenrate. Das ist ein dritter Faktor, der dieses Wachstum befördert.

 

Die Zuwanderung aus Drittstaaten ist total zurückgegangen. Diese spielt keine große Rolle mehr. Bemerkbar machen sich nur die drei anderen Faktoren, nämlich das positive Bevölkerungswachstum in Wien, die Zuwanderung aus den Bundesländern und die Zuwanderung aus der Europäischen Union. Das sind mehr oder weniger feststehende Faktoren, und solange wir attraktiv sind, überschreitet das bei Weitem die Zuwanderung aus Drittstaaten.

 

Das heißt, man hat jetzt sozusagen nicht so viele Instrumente, um das zu steuern, außer wir würden die Attraktivität zwanghaft und gegen jede Vernunft hinunterschrauben. Aber das ist wirklich das Letzte, was wir wollen!

 

Infolge dessen gehen wir von der Realität aus, dass wir weiter wachsen, dass wir in absehbarer Zeit, voraussichtlich am Ende der 20er Jahre dieses Jahrhunderts, 2 Millionen Einwohner haben werden. Und dementsprechend müssen wir die Politik gestalten. Wir können sie nicht nach einem Wunsch gestalten wie etwa, dass es vielleicht gescheiter wäre, wenn Wien nicht wächst, sondern unsere Politik muss sich an den Gegebenheiten orientieren.

 

Das bedeutet natürlich auch, dass wir – um bei unserem Ressort zu bleiben – weiterhin entsprechende Wohnungsangebote zur Verfügung stellen und uns voll anstrengen müssen. Wir müssen einerseits vor allem in den Stadterneuerungsgebieten neue Wohnungen schaffen, was auch geschieht, ich denke jetzt nur an die Seestadt Aspern und viele andere Stadterneuerungsgebiete. Aber auch beim früheren Westbahnhof ist außerordentlich viel geschehen. Andererseits müssen wir in den Stadtteilen, wo man keine zusätzlichen Wohnungen bauen kann, verdichten. So haben wir etwa Dachbodenausbauten gefördert. In diesen Gebieten kann man die Verdichtung durchaus noch vorantreiben

 

Gerade zum Beispiel bei mir in Hernals und in den westlichen Bezirken kann man auf Grund der objektiven Gegebenheiten – draußen ist der Wienerwald, und drinnen ist es relativ dicht verbaut – nicht weiß Gott wie viele neue Wohnblöcke hinklotzen. Dort kann man jedoch im Wesentlichen verdichten und sanieren, und das wollen wir im Interesse dieser Bezirke natürlich auch vorantreiben. Dort, wo es geographisch möglich ist - und es gibt auch einige sehr schöne Bezirke als Beispiele -, müssen wir aber jedenfalls neue Wohnungen bauen, sodass wir auch als wachsende Stadt weiterhin zumindest gleich attraktiv bleiben, wenn nicht noch attraktiver werden, als wir es ohnehin sind.

 

Ich könnte noch viele andere Punkte aufführen, aber

 

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